Wie klingt das Fest? Eine Umfrage unter Musikern zur Musik an Weihnachten

Rhein-Sieg-Kreis · Weihnachten, das Fest der Liebe und Besinnung auf die eigentlichen Werte, ist da. Die letzten Geschenke sind besorgt, die Wohnung ist auf den Besuch von Freunden und Verwandten gerichtet. Das Wort Weihnachtsstress - eigentlich ein Unwort - ist in aller Munde.

 Die Lohmarer Musikschulleiterin Marlies Müller-Reuter begleitet das Weihnachtskonzert ihrer Familie am Klavier.

Die Lohmarer Musikschulleiterin Marlies Müller-Reuter begleitet das Weihnachtskonzert ihrer Familie am Klavier.

Foto: Holger Arndt

Doch wie das Fest auf der einen Seite Ruhe und Frieden verspricht, so ist der Weg dorthin für viele gerade durch das Gegenteil gekennzeichnet. Zum Beispiel bei den Servicekräften in Geschäften und Kaufhäusern. Sie mussten in den vergangenen Wochen Hunderte von Geschenken liebevoll aufs Fest ausrichten, verpacken, dekorieren und gestalten. Nur zu verständlich, dass so mancher Verpackerin bei den eigenen Geschenken die Fantasie ausgeht.

Und wie sieht es aus bei den Musikern, Musiklehrern und Komponisten? Musik ist das ganze Jahr über ihre Berufung. Auftrittsstress, Lampenfieber, Bühnenpräsenz - und immer wieder die gleichen Stücke von mitunter ungeübten Schülerhänden sind ihr Alltag. Gehört Musik da noch wirklich zum Fest? Oder bedeutet Ruhe und Frieden hier tatsächlich Stille? Und wie sieht es mit dem Weihnachtsgefühl aus? Der GA sprach mit vier Musikern und Musikpädagogen aus dem Rhein-Sieg-Kreis über ihre Musik zum Fest und über das, was für sie das Weihnachtsgefühl ausmacht.

Christian Ubber, Leiter der Engelbert-Humperdinck-Musikwerkstatt in Siegburg, hat seinen "Raum der Stille" im eigenen Auto gefunden. "Musik höre ich auf allen Fahrten", sagt der Pianist. "Und wenn es nur von Kaldauen bis in die City ist - der CD-Player läuft immer." Besonders geeignet sind ihm dabei die gut viertelstündigen Concerti grossi von Locatelli, Torelli und Corelli. "Die Barockkonzerte bringen selbst im Stau ein wenig Weihnachtsgefühl."

Als großer Verehrer von Herbert von Karajan empfiehlt Ubber dessen Aufnahme der Konzerte mit den Berliner Philharmonikern. Die besteche durch ihren Orchesterklang und die hohe Qualität des Streicherspiels. Zu Hause indes unterliegt der dreifache Vater an Heiligabend nur zu gerne dem Dirigat seiner Frau und Kinder. Für die gehören das Weihnachtsbaum-Schmücken, Krippe-Aufbauen und die Weihnachts-CDs von "Ritter Rost", "Petterson und Findus" und dem "Drachen Kokusnuss" untrennbar zum Weihnachtsfest.

Musik an Heiligabend - für Peter Schulte, den Leiter der Sankt Augustiner Musikschule, gehört sie unbedingt dazu. Allerdings ist es nicht die Musik aus der Konserve, die ihn dann berührt, sondern vielmehr die selbst gemachte. Als Gitarrist liebt Schulte die klassischen, traditionellen Weihnachtssätze, wie "Maria durch ein Dornwald ging", bei denen die ganze Familie mitsingt. "Die Einkehr der Ruhe wird in diesen Sätzen für uns alle spürbar, und dann genießen wir die Familie, erinnern uns zurück und schauen nach vorne", sagt Schulte, der das Weihnachtsgefühl nach der Hektik vieler Konzerte in dieser Musik besonders stark erspürt. Auch wenn die Kinder inzwischen bereits 15 und zwölf Jahre alt sind, gehöre dann Rolf Zuckowskys "Weihnachtsbäckerei" immer wieder mit zum Ritual. "Dieses Stück ist bei uns der Auftakt zur Bescherung."

Als die Kinder noch klein waren, wurde auch bei der Lohmarer Musikschulleiterin Marlies Müller-Reuter vor der Bescherung gesungen. Jetzt kommen die Kinder samt Enkelkindern am ersten Weihnachtstag zu den Großeltern und halten die Tradition wach. Die Oma sitzt dann am Klavier oder begleitet mit der Gitarre die traditionellen Lieder. Und im CD-Player ist Bachs "Weihnachtsoratorium" mit dem Tölzer Knabenchor ein Muss. Das Weihnachtsgefühl stellt sich bei der engagierten Musikschulleiterin spätestens in der festlichen Christmesse an Heiligabend ein. Die Neunkirchenerin steht dann mit ihrem Kirchenchor Sankt Margaretha selbst auf der Bühne. In diesem Jahr wird Mozarts D-Dur Messe gesungen. "Ohne die festliche Christmesse kann ich mir Weihnachten nicht vorstellen."

Direkt beteiligt am musikalischen Geschehen aller Weihnachtstage ist Wolfgang Harth, Organist in Stadt Blankenberg und Bödingen. "Wolfgang ist Organist - so sieht bei uns Weihnachten aus", sagt seine Frau Wilma, die als Sängerin und Ideengeberin vieler Musikprojekte mit Jugendlichen in Hennef und dem gesamten Kreisgebiet das ganze Jahr über mit ihrem Mann musikalisch aktiv ist. Anfang Januar starten die Vorbereitungen für das Hennefer Musical-Projekt "Faces of Musical". "An Weihnachten genießen wir beide besonders den Advent, also nicht allein das Weihnachtsfest, sondern viel mehr den Weg dorthin", sagt die Sängerin, die sich an Heiligabend auf die Zeit nach den musikalischen Einsätzen ihres Mannes freut. "Natürlich lieben wir Musik. An Heiligabend muss sie aber nicht unbedingt erklingen", sagt Wilma Harth. "Dann genießen wir die Stille, erzählen bis in die Nacht hinein und lieben es, nur zu zweit einmal unseren Gedanken freien Lauf zu lassen."

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