Jugendamt im Rhein-Sieg-Kreis Fälle werden immer schwieriger

RHEIN-SIEG-KREIS · Der Rhein-Sieg-Kreis steckt mit seinem Jugendamt weiterhin in einem Dilemma. Zwar stagnieren die Fallzahlen, doch steigen die Kosten. Diese müssen von acht Gemeinden getragen werden, für die das Kreisjugendamt noch zuständig ist. Und die ächzen unter den Belastungen, die für ihre Haushalte ernste Probleme bedeuten.

Bei seinen Bemühungen, vom Land Unterstützung zu bekommen, musste der Kreis nun einen Dämpfer hinnehmen. Das Innenministerium lehnte seinen Antrag auf finanziellen Ausgleich ab.

Nachdem alle Städte des Kreises aus Kostengründen eigene Jugendämter gegründet haben, ist das Kreisjugendamt noch für Eitorf, Windeck, Much, Ruppichteroth, Neunkirchen-Seelscheid, Alfter, Swisttal und Wachtberg zuständig. Für diese acht Jugendamtsgemeinden hat der Kreis 2013 41 Millionen Euro veranschlagt und die Umlage auf 31,06 Prozentpunkte erhöht. Kosten verursachen vor allem die sogenannten familienersetzenden Hilfen.

Darunter fallen die Unterbringung von Kindern in Heimen, Pflegefamilien und Wohneinrichtungen. In dieser Hinsicht belegen Windeck und Eitorf Spitzenplätze. In den strukturschwachen Gemeinden an der oberen Sieg haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt sozial belastete Familien aus Ballungszentren niedergelassen - mit Problemen, mit denen sich das Kreisjugendamt befassen muss.

Die Fallzahlen des Kreisjugendamtes waren bei den familienersetzenden Hilfen 2012 in der Summe leicht rückläufig. In den acht Gemeinden wurden 625 Fälle registriert, gegenüber 639 im Vorjahr; in keiner Kommune gab es signifikante Veränderungen. Warum die Kosten dennoch gestiegen sind, erklärte Kreisdezernent Thomas Wagner vor dem Jugendhilfeausschuss: "Die Fälle sind komplexer geworden und bedürfen intensiver Hilfe." Die Verweildauer der Kinder und Jugendlichen in Einrichtungen wie Heimen war 2012 gegenüber dem Vorjahr länger. Allein die familienersetzenden Hilfen schlugen 2010 mit elf Millionen Euro zu Buche, 2011 mit 15,5 Millionen Euro und 2012 mit 16,3 Millionen Euro.

Diese Kostenentwicklung bringt selbst gesunde Gemeinden wie Wachtberg in die Gefahr eines Haushaltssicherungskonzepts. "In den acht Jugendamtsgemeinden führt allein die hohe Jugendamtsumlage dazu, dass viele andere Aufgaben nicht ausgeführt werden, so dass von einer tatsächlichen Selbstverwaltung kaum noch die Rede sein kann", schrieb Landrat Frithjof Kühn im Februar an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Er beantragte einen finanziellen Ausgleich über das Gemeindefinanzierungsgesetz. Kühn berief sich auf eine "außergewöhnliche Belastungssituation". Diese wird aber vom Land nicht anerkannt, wie nun aus dem Schreiben des Innenministeriums hervorgeht. Es zeigt zwar "Verständnis für die Problematik", sieht aber für die vom Kreis beantragte Bedarfszuweisung keine Grundlage.

Thomas Wagner kritisiert die Absage aus Düsseldorf als "lapidar". "Leider ist das Land auf die besondere Lage des Kreisjugendamtes, die mit keinem anderen Kreisjugendamt in NRW vergleichbar ist, nicht eingegangen", erklärte er auf Anfrage. Als landesweit einzigartig bezeichnet Wagner die "große Diskrepanz in der Sozialstruktur und der Wirtschaftskraft", die zwischen den acht Jugendamtsgemeinden besteht. So müssten sechs Kommunen zwei strukturschwache Gemeinden mit hohem Jugendhilfebedarf mitfinanzieren, so Wagner.

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