Siegburger Köpfe Ferdinand Kaufmann aus Siegburg engagiert sich in der Bücherei

Siegburg · Die Stadtbibliothek und sein Lesesessel sind seine Lieblingsorte in Siegburg: Ferdinand Kaufmann liebt Bücher. Da ist es kein Wunder, dass er sich in der Bücherei der Kreisstadt engagiert.

 Eine lebenslange Liebe: Ferdinand Kaufmann ist ganz in seinem Element, wenn es um Bücher geht.

Eine lebenslange Liebe: Ferdinand Kaufmann ist ganz in seinem Element, wenn es um Bücher geht.

Foto: Paul Kieras

Ferdinand Kaufmann schaut aus dem Fenster und denkt nach. So lange überlegt er sonst nicht, aber diese Frage beschäftigt ihn. Sein angestrengter Blick verrät, dass seine nächste Antwort gut durchdacht ist. Er setzt langsam und ruhig, aber mit voller Überzeugung an und wählt jedes Wort mit Bedacht: „Ein Gedanke hat mich mein ganzes Leben lang beschäftigt: Welche Wirkung haben die Inhalte von Büchern auf mein eigenes Leben?“ Mit diesen Worten erklärt der 79-Jährige seine Liebe zur Literatur. Schon immer hat ihn diese Liebe verfolgt. Und oft ist er überrascht davon, wie sehr ihn Bücher beeinflussen.

Die Stadtbibliothek und sein Lesesessel sind seine Lieblingsorte in Siegburg. „Der Weg in die Bibliothek ist vorgezeichnet, wenn man Bücher liebt“, findet Kaufmann. Er sucht den Ort seit 45 Jahren, seit er in Siegburg lebt, jede Woche mindestens drei Mal auf und engagiert sich dort ehrenamtlich. Er ist ganz in seinem Element, wenn es um Bücher und die deutsche Sprache geht. Besonders stolz ist er auf seine zwei Kinder, die sein Faible für das geschriebene Wort geerbt haben. „Und selbst die drei Enkelkinder zeigen eine Neigung zu Sprache und Literatur“, ist ihm aufgefallen.

Siegburg ist Teil seiner Heimat

Ferdinand Kaufmann bezeichnet Siegburg mittlerweile als Teil seiner Heimat. Er wuchs im Sauerland auf und zog nach Abschluss der Volksschule nach Köln, um Sozialarbeit zu studieren. Während eines Praktikums in einem Kinderheim in Berlin kam es zu einer der wichtigsten Begegnungen seines Lebens. „Ich traf im Garten des Kinderheims auf den Direktor der salesianischen Schule. Das war der Erleuchtungsmoment in meinem Leben. Er sagte mir, ich solle mein Abitur nachholen.“ Und das tat Kaufmann dann auch. Mit der Reifeprüfung in der Tasche begann er ein Jurastudium in Köln und promovierte.

„Das war die beste Entscheidung meines Lebens. Meine Berufstätigkeit hat mich sehr erfüllt. Ich bereue keinen einzigen Tag“, sagt der 79-Jährige heute voller Stolz.

Eigentlich wollte er Journalist werden, doch sein ehemaliger Deutschlehrer hielt ihn davon ab. Es war die unruhige Zeit um 1968, als eine große Boulevardzeitung zum Feindbild der jungen Generation wurde – ein Umstand, der das Bild des Journalismus beeinflusste. Und damit auch Kaufmanns Berufswunsch.

Mit seiner Arbeit im Kreisjugendamt des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg begann er im Januar 1975 und erfüllte sich damit einen Traum: „Ich wollte schon immer mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Aber natürlich auch mein Jurastudium ausnutzen. Diese beiden Aspekte kamen in meinem Beruf zusammen und ich blieb bis zu meiner Pensionierung dort.“ Vom Umzug nach Siegburg war die Familie nicht begeistert, doch ein Sonntagsausflug zum Michaelsberg reichte, um sie von der Stadt zu überzeugen.

In der Stadt engagiert

Seitdem engagiert sich der kontaktfreudige Kaufmann auf unterschiedliche Weise in seiner Stadt. Ob im Kirchenvorstand, als Küster oder in der Stadtbibliothek – ehrenamtliches Engagement ist für ihn eine Bereicherung. „Wenn man Menschen etwas schenkt, dann bekommt man es immer zurück. Die Freude der anderen baut einen selber auf. Das ist die größte Motivation“, erklärt Kaufmann.

Vor drei Jahren begann die Stadtbibliothek mit dem Projekt „Mobiler Bücherdienst“, um Menschen zu helfen, die keine Möglichkeit haben, die Bibliothek aufzusuchen. Das sprach Ferdinand Kaufmann an. Er versucht, die Interessen seiner Kunden herauszufinden, und bringt ihnen dann passende Bücher. Eine schwer kranke Frau begleitete er fast bis zu ihrem Tod.

Dass er die Frau in ihren letzten Jahren noch glücklich machen konnte, freut ihn sehr. Seine Besuche seien für sie immer ein Höhepunkt gewesen. „Es ist mehr als nur eine Übergabe von Büchern. Man baut menschliche Beziehungen auf, trinkt einen Kaffee zusammen und diskutiert über die Bücher. Mit dem Ehemann der Frau stehe ich jetzt noch in Kontakt.“

Literaturgesprächskreis

Eine der Hauptbeschäftigungen des Bücherliebhabers ist mittlerweile sein Literaturgesprächskreis. Einmal im Monat trifft er sich beim „Treffpunkt am Markt“ mit sieben oder acht Personen, um über Werke von Lew Nikolajewitsch Tolstoi, Bertolt Brecht oder Siegfried Lenz zu sprechen. „Ich war schon Mitglied in vielen Literaturkreisen, dort aber oft unzufrieden. Also habe ich meinen eigenen gegründet“, erzählt der 79-Jährige, der sich durch regelmäßiges Schwimmen, Fahrradfahren und Wandern fit hält.

Dass Bücher das Leben von Ferdinand Kaufmann erfüllen, ist offensichtlich. Vielleicht hat er sich die Figur des Doktor Rieux aus seinem Lieblingsroman „Die Pest“ von Albert Camus zum Vorbild genommen, denn dessen Mittel zur Bekämpfung der Krankheit sind Nächstenliebe und der Einsatz für andere Menschen.

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