Rita Süssmuth in Siegburg „Flüchtlinge brauchen Bildung und Arbeit“

Siegburg · Die ehemalige Bundestagspräsidentin spricht mit Siegburger Asylsuchenden im Institut für berufliche Zukunft über ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

 Vortrag im Institut für berufliche Zukunft: Aufmerksam hören die Flüchtlinge in Siegburg Rita Süssmuth zu.

Vortrag im Institut für berufliche Zukunft: Aufmerksam hören die Flüchtlinge in Siegburg Rita Süssmuth zu.

Foto: Holger Arndt

Mohammad ist aus dem Irak geflohen. Seit 18 Monaten ist er nun in Deutschland. Sein Aufenthaltsrecht ist auch sechs Monate, nachdem der den Antrag auf Asyl gestellt hat, nicht geklärt. Er will arbeiten, weiß aber nicht, wie es mit ihm weitergeht. Sein Problem konnte er am Montag der ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth schildern. Die Politikerin hielt im Institut für berufliche Zukunft in Siegburg einen Vortrag zum Thema Flucht und Bildungschancen.

Dort begegnete Süssmuth Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak oder dem Iran, die alle einen Deutschkurs absolvieren. Nach ihrem Kurs sind die Flüchtlinge auf dem Level B1, also studierfähig. Vielen von ihnen geht es wie Mohammad: Sie wissen nicht, was nun kommt.

„Die ankommenden Flüchtlinge stehen unter immensem Druck. Einerseits sind sie aufgrund von Traumata nicht sofort körperlich und geistig belastbar. Andererseits wollen sie arbeiten, um ihre Angehörigen zu unterstützen“, so Süssmuth. In Deutschland dürfen sie jedoch nicht sofort arbeiten. Sie stehen vor einem Dilemma: Entweder warten sie den legalen Weg ab oder beginnen mit Schwarzarbeit.

Süssmuth möchte das ändern: „Wir brauchen eine andere Kombination zwischen Bildung und Arbeit.“ Es sei richtig, dass die Flüchtlinge zuerst Deutsch lernen würden. Dennoch sollte es ihnen möglich sein, schon neben der Sprachkurse arbeiten gehen zu können. Die Politikerin schlägt eine zweite Änderung im deutschen Bildungssystem vor: „Wir dürfen nicht mehr nur über Zertifikate bewerten, was jemand leisten kann.“ Helfen würde es den Flüchtlingen, wenn der Arbeitsmarkt die praktische Arbeit bewerten würde, so Süssmuth. Auch Mohammad will endlich beweisen, was er kann und eine Ausbildung machen.

Süssmuth findet eine erste Lösung für den Iraker. Die Agentur für Arbeit des Rhein-Sieg-Kreises bietet den Flüchtlingen Ein-Jahres-Praktika in verschiedenen Betrieben an. Diese werden von der Agentur gefördert und sollen die Asylbewerber auf eine Ausbildung vorbereiten. Dieses Programm könnte der Iraker auch ohne geklärtes Aufenthaltsrecht in Anspruch nehmen.

Schon dafür habe sich das Gespräch gelohnt, so Rita Süssmuth. „Wir müssen endlich Vertrauen zueinander gewinnen und Probleme gemeinsam anpacken.“ Deutschland solle sich nicht mehr teilen in „die Deutschen“ und „die Flüchtlinge“, so die Politikerin.

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