Unfall auf der L 312 Freispruch trotz "fauler Sache"

Siegburg · Mit einem Freispruch durch Richter Ulrich Wilbrand endete ein Verfahren vor dem Siegburger Amtsgericht gegen einen 41-jährigen Mann aus Much, der wegen Fahrerflucht angeklagt war. Er soll in der Nacht vom 1. zum 2. Juli 2014 nicht nur einen Verkehrsunfall auf der L 312 in Höhe Bövingen in Fahrtrichtung Much verursacht zu haben, sondern sich auch unerlaubt vom Unfallort entfernt haben.

Bei dem Unfall war an einer Leitplanke ein Schaden von rund 3200 Euro entstanden, dazu kamen noch Kosten von rund 500 Euro für die Feuerwehr, die das Unfallfahrzeug geborgen hatte. Wer auch immer den Transporter des Angeklagten gefahren hat, ließ sich indes im Laufe des Verfahrens nicht ermitteln.

Der Angeklagte, ein gelernter Zimmerer, ließ sich zu den Vorgängen in der Unfallnacht jedenfalls nicht ein. Der Mann leide ausweislich eines Attestes eines Allgemeinmediziners an "retrograder Amnesie", verlautbarte der Verteidiger des Mannes. Sein Mandant habe eine Prellwunde am Hinterkopf gehabt, was der Arzt auch festgestellt hatte. "Das heißt zu Deutsch, Sie wissen gar nichts", wandte Richter Wilbrand ein und zitierte aus dem Attest, in dem unter anderem von starken beruflichen und privaten Problemen die Rede und auch eine Überweisung in die Psychiatrie verordnet ist. Dahin hatte sich der Angeklagte aber nicht begeben. Ob der mangelnden Erinnerung konnte der Angeklagte auch nicht sagen, wer das Fahrzeug gesteuert hat. Denn das Fahrzeug würden auch andere aus der kleinen Firma des Zimmerers nutzen.

Bei der Fahrt, so Wilbrand weiter, habe dann das Fahrzeug "auf der Leitplanke eingefädelt" und sich dann in einen Acker überschlagen. Dort sah ein Zeuge am nächsten Morgen das schrottreife Auto liegen, prüfte, ob noch Personen darin waren, und verständigte die Polizei. Die habe dann aber, so bedauerte Wilbrand, nicht sofort den Halter vernommen, sondern den "freundlich eingeladen, mal vorbei zu kommen". Auch die Vernehmung eines Zeugen, bei dem der Angeklagte am späten Abend des 1. Juli noch zu Gast war, ergab nichts Wesentliches. Außer, dass der Angeklagte dort geduscht und sich umgezogen habe und die beiden sich über ihre Probleme ausgetauscht haben.

Richter Wilbrand stellte dann fest, dass ein Allgemeinmediziner gar keine "retrograde Amnesie" feststellen könne, das könne nur die Psychiatrie. "Sie lesen Kaffeesatz", wandte der Verteidiger ein. Wilbrand konterte, das Straßenverkehrsamt werde schon noch die Fahrtauglichkeit des Mannes überprüfen. Die Staatsanwaltschaft plädierte letztendlich, den bereits ergangenen Strafbefehl in der Höhe der Tagessätze zu verringern. Wilbrand urteilte dann aber schließlich mit Freispruch. Aber: "Jeder spürt, dass an der Sache etwas faul ist."

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