Mit Auto, Rad und Bahn durch den Berufsverkehr GA testet: Mit welchem Verkehrsmittel geht es am schnellsten?

Rhein-Sieg-Kreis · Am Donnerstag tagen die Planungs- und Verkehrsausschüsse der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises. Drei GA-Redakteure testen die beliebtesten Verkehrsmittel im Berufsverkehr: das Auto, das Rad und die Bahn.

Mobilität – eines der großen Themen in der Region. Das Straßen- und das Schienennetz ist am Limit, Stau und Verspätungen gehören zum Alltag. Bonn ist das Pendlerziel schlechthin: Gut 100.000 Menschen fahren täglich zum Arbeiten in die Bundesstadt. Wie kommt man am schnellsten von A nach B? Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Verkehrsmittel?

Anlässlich der gemeinsamen Sitzung der Planungs- und Verkehrsausschüsse der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises, die am Donnerstag in Siegburg tagen, macht der GA einen Mobilitätscheck. Drei Autoren sind im Berufsverkehr von Siegburg nach Bad Godesberg gefahren, mit der Bahn, mit dem Elektrofahrrad und mit dem Auto. Start: Montag, 16. April, 7.30 Uhr, am Kreishaus. Ziel: ein Bürohaus in Bad Godesberg, Kennedyallee 5.

Der Auto-Test

Hannah Schmitt: Je näher die festgelegte Abfahrtszeit rückt, desto länger wird die Fahrtzeit – so zeigt es die aktuelle Verkehrslage auf der Karte im Internet an. Ab kurz vor 7 Uhr kommen alle paar Minuten mehr Stauabschnitte auf den Straßen rund um Siegburg und Bonn hinzu. In 18 Minuten sollen die 17,6 Kilometer bei üblicher Verkehrslage zu bewältigen sein, im Berufsverkehr ist das definitiv nicht zu schaffen. Das bewahrheitet sich dann auch auf der Strecke.

In Siegburg sind die Straßen rund um den Kreisel nahe dem ICE-Bahnhof um 7.30 Uhr bereits dicht, die Autos schleichen Stoßstange an Stoßstange Richtung Siegbrücke. Besser wird es auch auf der A 560 in Richtung Bonn nicht. Schon ab der Auffahrt wartet der erste Stau. Auto um Auto schiebt sich auf die Autobahn, Bremslichter leuchten auf. Um die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Strecke und den Blitzer auf der A 59 brauche ich mir an diesem Morgen definitiv keine Gedanken zu machen. An die 100 Stundenkilometer komme ich im Auto bei Weitem nicht heran; bis zum Dreieck Bonn-Nordost geht es nur schleppend voran.

Das liegt nicht nur an den Massen, die in Richtung Bundesstadt wollen. Auf der A 59 ist auch noch ein Wagen liegengeblieben, die rechte Spur ist deshalb vor dem Autobahndreieck auf einem Stück nicht befahrbar. Nach diesem Knotenpunkt löst sich der stockende Verkehr aber schnell wieder auf. Und so geht es entspannt bis zum Autobahnkreuz Bonn-Ost und weiter über die A 562 in die Rheinaue. Selbst auf der Konrad-Adenauer-Brücke ist gegen 8 Uhr kaum etwas los. Und so habe ich nach 32 Minuten Fahrtzeit das Ziel erreicht. Gar nicht schlecht für einen Montagmorgen – allerdings ohne Parkplatzsuche. Die nimmt ohne festen Stellplatz noch einige Minuten in Anspruch. Denn entlang der Kennedyallee gibt es zwar rechts und links viele Parkbuchten, der Großteil ist zu der Zeit aber schon belegt. Ohne Fußweg bis zum Ziel geht es also nicht.

Der Fahrrad-Test

Thomas Heinemann: Vor der Fahrt habe ich drei Routen ermittelt. Die 12,5 Kilometer lange „Bergetappe“ über den Ennert, die 15,3 Kilometer lange Strecke entlang der B 56 durch Pützchen und am Rhein entlang zur Südbrücke sowie die 14,7 Kilometer lange Route entlang der Linie 66 zur Kennedybrücke. Ich wähle letztere. Durch einen kurzen Stau an der Unterführung am Kreishaus geht es zur Siegbrücke. Eine junge, sportliche Frau und ein Mittfünfziger schließen zu mir auf. Wir werden uns wiedersehen – an ausnahmslos jeder und stets roten Ampel bis Sankt Augustin-Ort. „Das ist hier ganz normal“, sagt der Mann.

In Mülldorf startet die Tortur für Mensch und Material: Die handtuchbreiten Radwege sind Buckelpisten, die Wurzelwellen bei Tempo 30 brutal. Auf der gesamten Strecke bleibt es der mit Abstand schlechteste Abschnitt. Ab Sankt Augustin-Ort folge ich dem Radweg an der Bahntrasse. Schulkinder in Hangelar kennen die morgendlichen Fahrradkolonnen, man arrangiert sich auf dem schmalen Weg, der hinter Hangelar breiter wird. Über Vilich-Müldorf geht es zur Adelheidisstraße – eine echte Fahrradstraße, wovon die Fahrerin eines roten Minis nichts hält und mich fast von der Straße drängt. Bis zur Kennedybrücke fährt es sich angenehmer als erwartet, erst auf dem Radweg, dann auf dem Streifen am Straßenrand. Der hochgeschaltete Elektromotor schiebt mich mühelos gegen Wind und Steigung über die Brücke. 300 Meter kürzer wäre der Weg entlang des Beueler Ufers zur Südbrücke.

Ich fahre den Umweg gern: Der Radweg auf der Kennedybrücke ist breit, zudem liegt das Ufer im wohltuenden Licht der Morgensonne. Vorbei an den ehemaligen Bonner Regierungsgebäuden ist die Rheinaue schnell erreicht. Nach einer letzten Steigung biege ich in die Kennedyallee ein und erreiche das Ziel nach 47 Minuten – dank E-Bike und Rhein-Flair ganz entspannt. Und, so die Pulsuhr, um 848 Kilokalorien erleichtert.

Der Bahn-Test

Dominik Pieper: Glück gehabt. In der Stadtbahn 66, die um 7.34 Uhr in Siegburg losfährt, ergattere ich den letzten Sitzplatz. Schon nach dem Halt in Mülldorf drängeln sich die Fahrgäste im Gang des Stadtbahnwagens, Baujahr 1993. Damit gehört er zu den jüngeren Modellen dieses Typs, der seit 1974 im Einsatz ist. Dennoch wirkt alles um mich herum abgewetzt und klapprig. Eine Tür klemmt. Hinter mir rappelt ein Fahrkartenentwerter, als ob er den Takt für Marschmusik vorgeben wollte. Die von den Bonner Stadtwerken begonnene Modernisierung der Flotte zieht sich hin. Nicht gerade Werbung für den ÖPNV.

Oft kritisiert werden die Fahrpreise. Von Siegburg ins Bonner Stadtgebiet zahlt man für ein Einzelticket 5,10 Euro (Tarifstufe 3). Das ist teuer, wenn man nur nach Beuel will. Der selbe Tarif gilt aber auch bis Bad Godesberg. Da ich mein Ticket via Smartphone über die Stadtwerke-App „SWB Easy Go“ löse, zahle ich in der Regel nur 4,94 Euro. Diesmal sogar nur 3,37 Euro. Das ist in Ordnung. Draußen ziehen Hangelar und Beuel vorbei. Ich überquere den Rhein, tauche ein in den U-Bahn-Tunnel. Am Hauptbahnhof steigen die meisten Fahrgäste aus. Auf dem Smartphone kann ich dank GPS sehen, dass ich einen sicheren Vorsprung vor meinem radelnden Kollegen Thomas Heinemann habe.

Doch bald zieht er an mir vorbei. Zwar erreicht die Linie 66 pünktlich (!) um 8.05 Uhr die Haltestelle Heussallee, wo ich laut App umsteigen muss. Doch hat die aus Köln kommende, rappelvolle Linie 16 nach Bad Godesberg fünf Minuten Verspätung. So werden aus sechs Minuten Umsteigezeit elf. Entsprechend spät trudele ich an der Haltestelle Hochkreuz ein. Mit den restlichen Metern zu Fuß komme ich auf 55 Minuten. Damit bin ich Schlusslicht bei unserem Test. Immerhin, im Gegensatz zu meinen Kollegen konnte ich unterwegs die Zeitung lesen.

Das Umsteigen erwies sich als Zeitkiller. Warum muss die Linie 66 mäßig gefüllt nach Bad Honnef tuckern? Warum gibt es nicht mehr Direktverbindungen von Siegburg nach Godesberg? Es wird höchste Zeit, dass die Linie 67 häufiger fährt. Bislang sind es gerade einmal zwei Fahrten pro Tag – auch das keine Werbung für den ÖPNV.

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