Schienenersatzverkehr auf der Siegtalstrecke Geduldsprobe für Bahnfahrer

RHEIN-SIEG-KREIS · Stickig und eng ist es im Bus des Schienenersatzverkehrs, der an diesem Abend um 18 Uhr in Hennef abfährt. Der Bus, der den RE 9 zwischen Hennef und Au ersetzt, ist bereits mehr als voll, dennoch versuchen noch einige, sich hineinzudrängen und verhindern so die Abfahrt. Währenddessen fahren mehrere Busse der Linie A, die die S-Bahn zwischen Hennef und Herchen ersetzen sollen, vollkommen leer ab - ein Zeugnis für die schlechte Organisation des Schienenersatzverkehrs, ist die Meinung einiger befragter Fahrgäst.

So pendelt Wolfgang Mann-Rothfuchs täglich von Au nach Troisdorf zu seiner Arbeit und erlebte unter anderem mit, dass die Busse in Hennef nicht auf den mit Verspätung ankommenden Zug warteten und stattdessen leer abfuhren. "Die anderen Fahrgäste und ich waren stinksauer, weil wir eine ganze Stunde auf den nächsten Bus warten mussten. Dieser war schließlich durch die Doppelbesetzung völlig überfüllt." An einem anderen Tag auf dem Weg zur Arbeit wartete Mann-Rothfuchs vergeblich auf seinen Bus, der einfach nicht kam. "Das kann so nicht weitergehen", findet er. "Ich hatte dadurch Verdienstausfall."

Dass es so nicht weitergehen kann, finden auch die Mitarbeiter des Nahverkehr Rheinland (NVR): "Auch uns haben solche Beschwerden erreicht. Darum sind wir im Gespräch mit der Bahn und sorgen dafür, dass der Schienenersatzverkehr nachgebessert wird", teilte Pressesprecherin Ute Reuschenberg auf GA-Anfrage mit. Die Deutsche Bahn sei letztlich die verantwortliche Instanz, der NVR setze sich als Kontrollinstanz aber dafür ein, dass der Verkehr für die Fahrgäste funktioniere. "Meine Kollegin ist letzte Woche selbst rausgefahren und hat sich ein Bild davon gemacht, was noch verbessert werden muss."

Eine Nachbesserung erscheint dringend notwendig, da Erlebnisse wie die von Mann-Rothfuchs offensichtlich kein Einzelfall sind. Das zeigt sich auch an der aggressiven Stimmung einiger Fahrgäste: "Hier passt keiner mehr rein! Türen zu und abfahren", ruft eine verärgerte Stimme aus dem hinteren Teil des Busses. Nach einem langen Arbeitstag möchten um 18 Uhr alle schnell nach Hause. Und "schnell" ist im Zusammenhang mit dem Schienenersatzverkehr ein eher unpassender Begriff. Während es mit dem RE 9 rund fünf Minuten dauert, von Hennef nach Eitorf zu kommen, braucht der Bus für diese Strecke 15 bis 20 Minuten. Muss man noch weiter, zieht sich die Fahrt in die Länge wie Kaugummi. "Ich brauche momentan circa eine Stunde länger zur Arbeit", erzählt André Schiffer aus Windeck. Das bedeutet: Anstatt 55 Minuten benötigt er nun eine Stunde und 50 Minuten für eine Strecke. Im Gegensatz zu manch anderem Fahrgast kann er die Situation aber noch mit einem Augenzwinkern betrachten: "Wenigstens bekomme ich morgens immer einen Sitzplatz, wenn ich in Schladern in den Bus steige."

Ein Sitzplatz kann auf dieser Strecke wahrlich Gold wert sein. Entlang der Sieg nimmt die Straße viele Kurven, was die Fahrt für Fahrgäste mit Stehplatz zusätzlich erschwert. Allerdings sind bei weitem nicht alle Busse so voll wie dieser. "Es fahren fast immer mehrere Busse gleichzeitig, wodurch sie meistens gar nicht so voll sind", berichtet der Windecker Dennis Schmitz. Diese Aussage lässt vermuten, dass erste Nachbesserungen des NVR bereits Wirkung zeigen.

An den defekten oder nicht vorhandenen Klimaanlagen in vielen Bussen wird dies allerdings kaum etwas ändern. Bei den Rekordtemperaturen vor zwei Wochen brachten sie zahlreiche Fahrgäste an die Toleranzgrenze. "Klar ist es bei dem Wetter eine Qual, in einem unklimatisierten Bus zu sitzen", findet Schmitz. "Aber im Zug funktioniert die Klimaanlage ja auch nicht immer." Die kommenden Wochen werden die Fahrgäste zwischen Hennef und Au noch auf manche Geduldsprobe stellen. Es bleibt zu hoffen, dass die Nachbesserungen in der Organisation bald Wirkung zeigen.

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