Mitglieder des RWE-Aufsichtsrats "Geld nicht abzuführen, wäre ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag"

BONN · Wer im Internet die RWE-Seite ansteuert und sich zum Aufsichtsrat durchklickt, der wundert sich womöglich doch ein wenig. Denn unter den 20 Mitgliedern dieses Gremiums firmiert Frithjof Kühn immer noch als Landrat des Rhein-Sieg-Kreises. Das ist er ja seit zwei Wochen nun nicht mehr.

 Rauch und Wasserdampf steigt vom RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaussem bei Bergheim in die Höhe.

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Foto: dpa

Während er klären lassen will, ob ihm die Vergütung aus seinem Aufsichtsrats-Mandat persönlich zusteht, haben andere die Entscheidung längst getroffen - oder sie ist für sie getroffen worden.

Dagmar Mühlenfeld ist Oberbürgermeisterin von Mülheim an der Ruhr. So wie der frühere Rhein-Sieg-Landrat, der seit vier Jahren Mitglied des Aufsichtsrates ist, hat sie laut RWE-Vergütungsbericht im vorigen Jahr 111.000 Euro erhalten. Nach ihrer Aufstellung sind es sogar 125.934 Euro. Über RWE hinaus sitzt Mühlenfeld in Aufsichtsräten, Ausschüssen sowie Beiräten und erhält dafür Beträge zwischen 400 und 4300 Euro. "Bis auf 6000 Euro, die sie versteuert, führt sie alle Vergütungen an die Stadt Mülheim ab", sagt ihr Sprecher Volker Wiebels. "Das hat sie immer so gemacht, das ist transparent und da gibt es keinen Neuregelungsbedarf."

Wie Kühn und Mühlenfeld sitzt auch der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau im RWE-Aufsichtsrat. Die Vergütung dafür - im vorigen Jahr 126.000 Euro - führt er nach Angaben seines Sprechers Michael Meinders komplett an die Stadt Dortmund ab. Kühn, Mühlenfeld und Sierau gehören im Aufsichtsrat zu den zehn Vertretern der Anteilseigner.

Daneben gibt es zehn Arbeitnehmervertreter in dem Gremium. Sofern diese Mitglieder einer Gewerkschaft sind, ist das Prozedere um die Vergütung bei ihnen ebenfalls klar geregelt, wie Verdi-Sprecher Christoph Schmitz am Beispiel des stellvertretenden RWE-Aufsichtsratschefs Frank Bsirske erläutert. Dem Verdi-Chef standen im vorigen Jahr 177.000 Euro aus seiner Aufsichtsratstätigkeit zu. Darunter ist ein sogenannter Grundbetrag von 5250 Euro.

Davon darf Bsirske 90 Prozent behalten, zehn Prozent gibt er ab. Was darüber hinausgeht - davon muss der Gewerkschaftsboss 90 Prozent abgeben, zehn Prozent darf er behalten. Insgesamt sind es 21 900 Euro, die in seine Tasche wandern. "Damit wird die eigentliche Arbeit im Aufsichtsrat vergütet", sagt Schmitz. Es gehe ja darum, sich in die Themen einzuarbeiten, die Sitzungen vorzubereiten oder auch regelmäßige Kontakte mit anderen Aufsichtsräten zu halten. 155.100 Euro führt Bsirske ab. Davon gehen 80 Prozent an die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung, 20 Prozent an die Verdi-Organisation Gewerkschaftspolitische Bildung.

Die 90/10-Regelung gilt nach Angaben von Schmitz für alle Mandate von hauptamtlich tätigen Gewerkschaftsvertretern. "Würden sie das Geld nicht abführen, wäre das ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag." Würde auf Kühn die Gewerkschaftsregel übertragen, so hieße das: Der ausgeschiedene Landrat dürfte 13 900 Euro behalten und müsste 97 100 abführen, rechnet Schmitz vor.

In ihre Ämter kommen die Aufsichtsräte auf mehreren Wegen. Die Vertreter der Anteilseigner würden von der Hauptversammlung "nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes" gewählt, ist in der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat zu lesen. Der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrates befasse sich vorab "eingehend" mit der Auswahl möglicher Kandidaten und lege "ein Anforderungsprofil zugrunde".

Die Arbeitnehmervertreter setzen sich nach RWE-Angaben aus Repräsentanten der Arbeiter und Angestellten sowie der Gewerkschaften zusammen. Gewählt würden diese durch Delegierte innerhalb des Unternehmens oder durch Gewerkschaftsvertreter.

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