Diskussion um das Turboabi Gymnasien liebäugeln mit G9

Rhein-Sieg-Kreis · Das Turbo-Abi nach nur acht Schuljahren ist auch im Rhein-Sieg-Kreis umstritten. Das Antonius-Kolleg in Neunkirchen-Seelscheid bietet den Abschluss schon jetzt nach acht und nach neun Jahren. Auch andere Gymnasien wünschen sich mehr Flexibilität.

Es gibt auch im Rhein-Sieg-Kreis Gymnasien, die sich das Abitur nach neun Jahren (G9) zurückwünschen. Die Schulleiter des Gymnasiums Siegburg Alleestraße (GSA) und des Rhein-Sieg-Gymnasiums (RSG) in Sankt Augustin sind sich einig, dass die Schüler mehr Zeit bis zum Schulabschluss brauchen. „G8 ist machbar, aber mit vielen Schwierigkeiten“, so RSG-Schulleiterin Birgit Fels. Das Antonius-Kolleg in Neunkirchen ist bislang das einzige Gymnasium in der näheren Umgebung, das das Abitur nach neun Jahren neben dem Abschluss nach acht Jahren anbieten darf. Die Erfahrungen dort sind positiv.

Schulfrieden in NRW

Seit dem Schulfrieden in NRW 2011 schien die rot-grüne Landesregierung nicht mehr an dem Thema rühren zu wollen: Das sogenannte Turboabi (G8) hatte sich demnach als Modell für die Gymnasien etabliert, während der Abschluss nach neun Jahren (G9) den Gesamtschulen vorbehalten sein sollte. Vor den Landtagswahlen im nächsten Jahr ist die Diskussion über G8 und G9 bei den NRW-Parteien neu entflammt. Eine Schule, die seit Jahren wieder zurück zu G9 will, aber nicht darf, ist das Siegburger Gymnasium Alleestraße. Gerade für die Profile dieser Schule funktioniere das G8-Modell nicht, so Schulleiterin Margret Sagorski. „Die Schüler, die in der Profilklasse Musik sind oder das deutsch-französische Abitur machen, brauchen einfach mehr Zeit.“

Rückkehr zu G9

Bereits 2012 wollte die Schule, unterstützt von der Stadt Siegburg, eine Rückkehr zu G9. Der Antrag wurde abgelehnt. Sagorski spricht sich noch immer dafür aus, die Sekundarstufe I mit dem zehnten Schuljahr zu beenden. Das kommt dem Vorschlag der NRW-SPD zur Schulpolitik gleich. Demnach soll die Sekundarstufe I wieder sechs Jahre umfassen und mit Klasse zehn abschließen. „Dann hätten die Schüler wenigstens einen Realschulabschluss“, sagt Sagorski. Bislang umfasst die Sekundarstufe I fünf Jahre. Das führt in den Klassen fünf bis neun zu einer Verdichtung der Lehrpläne.

Mehr Beratungsfälle

Birgit Fels sieht die Probleme von G8 eher bei ihren Oberstufenschülern. „Die sind gerade mal 14 oder 15 Jahre alt und werden mit Anforderungen der Oberstufe konfrontiert. Dazu kommen die Fragen über die Zukunft“, sagt Fels. Dies alles führe zu einer psychologischen Überforderung bei manchen Schülern. „Wir haben seit G8 mehr Beratungsfälle in der Oberstufe.“ Die Schüler seien zudem nach dem Abschluss für Vieles zu jung, so Fels. Wenn es bei G 8 bleiben sollte, müsse allgemein ein besserer Anschluss an die Berufswelt ermöglicht werden. Fels befürwortet ein Schulsystem, bei dem G8 und G9 parallel laufen.

Modellversuch in Neunkirchen-Seelscheid

Ein solches Modell gibt es seit 2010 im Antonius-Kolleg in Neunkirchen-Seelscheid. Die NRW-Regierung eröffnete den Gymnasien seinerzeit einmalig die Möglichkeit, sich zum Schuljahr 2010/2011 an einem Versuch zur Wiedereinführung von G9 zu beteiligen. Zu G9-Zeiten bestand im Antonius-Kolleg für begabte Schüler die Möglichkeit, in Verkürzungsklassen nach acht Jahren Abitur zu machen. „Wegen dieser Erfahrungen haben wir uns sofort am Modellversuch beteiligt“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Barbara Altmann. Die Schule teilt seitdem ihre Schüler – je nach Leistung – G8- oder G9-Klassen zu. „Der Großteil der Eltern will sein Kind in G9-Klassen haben“, sagt Barbara Altmann.

Auch sie sieht Probleme im G8-System: „Das Bildungssystem verzettelt sich in Konkurrenz und Wettbewerb und vergisst, was der Mensch braucht.“ Außerdem fehle den Schülern mit dem wegfallenden Jahr ein großer Reifeschritt.

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