Siegburg als Einkaufsstadt Händlerumfrage: Ohne Eigeninitiative geht es nicht

SIEGBURG · Geht man dieser Tage durch die Siegburger Innenstadt, dann fällt eines auf: Es wird an jeder Ecke gebaut und gewerkelt, eingezogen und eröffnet. Auf der Kaiserstraße beispielsweise richten sich neue Mode- und Schmuckläden ein.

 Die Kaiserstraße in Siegburg: Sie ist eine der Einkaufsmeilen der Stadt.

Die Kaiserstraße in Siegburg: Sie ist eine der Einkaufsmeilen der Stadt.

Foto: Holger Arndt (Archivfoto)

Die Neubauten wachsen täglich, wie etwa das "Convexus" auf der Bahnhofstraße und das "Reichensteinquartier" am oberen Markt, wo H & M einzieht. Alles positive Entwicklungen - und doch sucht die Siegburger Politik händerringend nach Wegen, die Innenstadt attraktiv zu halten und gegenüber der Konkurrenz zu behaupten. Das wurde am Dienstag im Wirtschaftsförderungsausschuss deutlich.

Handlungsdruck ergibt sich vor allem durch den neuen Huma in Sankt Augustin, dessen erster Bauabschnitt Ende Oktober eröffnet, der zweite dann 2017. "Es ist von elementarer Bedeutung, wie wir uns aufstellen", sagte der Ausschussvorsitzende Jürgen Peter (FDP). So sei eine überregionale Imagekampagne in Arbeit, aber das allein reiche nicht aus. Er appellierte an die Geschäftsleute und Immobilienhändler, eigene Initiativen zu starten und dazu auch eigene Mittel in die Hand zu nehmen. Verkehrsverein und Geschäftsleute haben bereits im Februar ein Zehn-Punkte-Papier vorgestellt (siehe Artikel unten).

Zu diesem Konzept gehört etwa die Forderung nach Kernöffnungszeiten, die für Kunden leicht merkbar sind. Bislang scheint dieses Thema aber nicht durchsetzbar zu sein. "Das ist ein großes Problem", so Peter. "Im Falle des neuen Huma treten wir gegen ein Konzept an, bei dem über Kernöffnungszeiten oder Marketingbudgets gar nicht erst diskutiert werden muss."

Was die Händler eigentlich wollen - dazu hat die Stadt jetzt eine Bestandsaufnahme gemacht. Kjell Nickmann, Masterstudent der Uni Bonn, hat in Abstimmung mit Wirtschaftsförderin Silke Göldner eine Händerumfrage ausgearbeitet und durchgeführt. Er verteilte 290 Fragebögen und bekam 124 zurück, was einer Quote von 43 Prozent entspricht. "80 Prozent der Befragten finden den Einzelhandelsbesatz in Siegburg gut oder sehr gut", berichtete Nickmann.

Dass 20 Prozent anderer Meinung seien, fand er allerdings "relativ erschreckend". Außerdem hat die Befragung ergeben, dass 80 Prozent der Kunden Stammkunden sind. 41 Prozent der Kunden kommen laut Umfrage aus Siegburg, Sankt Augustin und Troisdorf, gefolgt von Hennef, Lohmar und Neunkirchen-Seelscheid (zusammen 25 Prozent) sowie Bonn und Königswinter (zusammen 16 Prozent). Der Großteil der Kunden ist weiblich.

Weitere Trends und Ergebnisse: Die Händler wollen vier verkaufsoffene Sonntage, weniger Handyläden und mehr inhabergeführten Fachhandel, eine Stunde freies Parken für Kunden, aber auch eine verbesserte Kommunikation. Letztere beschränkt sich meistens auf Smalltalk unter den Händlern - auch das ein Ergebnis der Befragung. Echte Netzwerke, in denen Gewerbetreibende gemeinsame Sache machen, sind dagegen eher die Ausnahme. "Genau das sollte man fördern, weil es einen Mehrwert für alle bringt", erklärte Nickmann.

Silke Göldner setzt darauf, dass ein Prozess in Gang kommt. Diesen könne sie aber nicht alleine bewerkstelligen. "Ich wünsche mir Arbeitsgruppen, in denen Politiker, Händler und Kunden zusammen über den Standort diskutieren und voneinander lernen", erklärte sie. Zudem plant sie Weiterbildungsprogramme für Händler, etwa in Bezug auf Kundenfreundlichkeit oder Onlinehandel.

Dass die Siegburger Geschäftswelt mehr Eigeninitiativen startet, ist aber nur ein Teil der "Abwehrstrategie" - so Bürgermeister Franz Huhn - gegen den Huma-Neubau. Weiterhin läuft das von Siegburg und Troisdorf angestoßene Klageverfahren gegen die Größe der Textilverkaufsflächen im Huma-Neubau. Wie Huhn mitteilte, steht Anfang Dezember ein erster Gerichtstermin an. "Unsere Juristen stehen bereit", so der Bürgermeister.

Zehn Punkte für Siegburg

Unter dem Motto "Siegburg - Die Einkaufs- und Erlebnisstadt" haben der Verkehrsverein und Vertreter der Händler im Februar Papier vorgestellt - ungeschminkt, teilweise auch provokant. Darin wird herausgestellt, wie sehr die Nachbarkommunen beim Einzelhandel aufgerüstet haben oder noch aufrüsten. "Siegburg ist kein Selbstläufer", heißt es in dem Papier. Die Qualität müsse erhöht werden, es fehle ein ausgewogener Branchenmix, der Mangel in den Bereichen Herrenoberbekleidung und Herrenschuhen sei "gravierend". Das Papier nennt mögliche Sofortmaßnahmen, fordert aber auch Unterstützung von Stadt und Politik. Zu den zehn Punkten zur Aufwertung der Innenstadt gehören unter anderem die Neudefinition der Fußgängerzone (mit Öffnung für den Verkehr), Kernöffnungszeiten, ein kundenfreundliches Parkkonzept, eine Imagekampagne und die Entwicklung der Kaiserstraße zwischen Kaufhof und Johannesstraße.

Kaum Chancen auf Fördergeld

Siegburg hat kaum Chancen, die Entwicklung der Innenstadt über Städtebauförderprogramme des Bundes zu unterstützen. Als Grundlage müsste ein Integriertes Handlungskonzept her, in dem es aber nicht nur um den Einzelhandel gehen darf. Auch Soziales, Wohnungsbau oder Freiraumgestaltung müssten in solch einem Konzept auftauchen. Das berichtete die Verwaltung im Wirtschaftsförderungsausschuss, nachdem sie sich mit dem Thema auseinandergesetzt hatte. Hinzu kommt, dass die Fördermittel in erster Linie für Kommunen gedacht sind, die handfeste Probleme haben - durch Wegzug, Arbeitslosigkeit oder "abgerutschte" Viertel. Siegburg hat eine vergleichsweise gesunde Struktur. "Wenn eine Einkaufsstadt wie Siegburg mal sieben oder acht Leerstände hat, dann wird das noch nicht als Schwäche identifiziert", so Bürgermeister Franz Huhn. "Hätten wir eine dicke Brache in der Stadt, sähe das vielleicht anders aus."

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