Studiobühne Siegburg inszeniert Im Wald Hänsel und Gretel auf der Flucht vor dem Klimawandel

Siegburg · Die idyllische Lage des Siegburger Waldkindergartens dient als Kulisse für eine außergewöhnliche Inszenierung von Humperdincks Hänsel und Gretel. Die Studiobühne schickt die Zuschauer mitten ins Geschehen – und bittet darum, feste Schuhe zu tragen.

 Die Eltern von Hänsel und Gretel: Marie Illies und Samuel Küßner. Marie Illies spielt auch die Rolle der Hexe. Im Hintergrund Hänsel und Gretel: Lea Marie Meier (links) und Alexandra Ebert.

Die Eltern von Hänsel und Gretel: Marie Illies und Samuel Küßner. Marie Illies spielt auch die Rolle der Hexe. Im Hintergrund Hänsel und Gretel: Lea Marie Meier (links) und Alexandra Ebert.

Foto: Susanne Haase-Mühlbauer

Auch wenn die Hexe bei der Probe nicht dabei war, wurde schon mal etwas zu ihrem Outfit verraten: Sie trägt Leopardenleggins und weiße Lackstiefel. Das unterscheidet sie von vielen ihrer Kolleginnen aus den Kinderzimmer-Märchenbüchern. Auch sonst scheint die Böse im Gewand der verlebten Lebedame nicht den klassischen Bildern des Grimm´schen Märchens entsprungen. Sie betreibt das Gasthaus „Zum hinkenden Spatzen“ mitten im dunklen Wald. Und das wirbt mit allerlei seltsamen „Leckereien für vegane Essgewohnheiten“. Auf der Speisekarte gehören dann Spezialitäten, „wie Zungenragout, Menschenleber und Zartes vom Kind“ zu den eindeutig nicht-tierischen Produkten.

René Böttcher, Leiter der Studiobühne Siegburg und Regisseurin Cynthia Oblas luden gestern zum Pressegespräch in den Kaldauer Wald ein. Dort konnte man dann einen kleinen Vorgeschmack auf eine ungewöhnliche Neuinszenierung des Märchens „Hänsel und Gretel“ zur Musik Engelbert Humperdincks erleben. Die wird von Samstag, 4. September, bis Samstag, 11. September, mit zehn Aufführungen am Kaldauer Stadtrand für jeweils 40 Zuschauer zu erleben sein.

Traumhafte Naturkulisse

Bereits vor zwei Jahren, bei der Neugründung der Waldgruppe des Kaldauer Kindergartens „i-Tüpfelchen“ an der Baumschulallee, regten die Humperdinck-Freunde Siegburg an, den Welterfolg des Siegburger Komponisten in dieser, so Böttcher, „traumhaften Naturkulisse“ neu zu inszenieren. Böttcher ließ sich inspirieren und spann die Idee der Humperdinck-Freunde weiter. „Hänsel und Gretel nur so wie man es kennt, wäre uns nicht herausfordernd genug“, sagt Böttcher, der das Märchen in die Neuzeit holte. Der Klimawandel und der schwindende Wald, das seien Themen, die auch ganz konkret vor Ort erlebbar werden. „Was macht eine Hexe im Wald, der bald nicht mehr da ist?“

Und Regisseurin Oblas wollte auch das Thema der weggeschickten Kinder aus einer neuen Perspektive sehen und ins Jetzt holen. „Der Vater ist Holzfäller und kann die Familie bald nicht mehr ernähren. Aus Liebe schicken sie die Kinder fort. Sie haben die Hoffnung, dass es woanders ein besseres Leben gibt.“ Oblas vergleicht die Situation der Mutter von Hänsel und Gretel mit der einer Mutter, die ihre Kinder in einem Gummiboot über das Meer schickt.

Die Corona-Pandemie forderte dann vor allem von Kulturschaffenden ein Neudenken und Umplanen und so wurde die Vorstellung von einer Open-Air-Inszenierung unter freiem Himmel ungeahnt zu einer wertvollen Alternative, die sich auch mit Abstand im Wald umsetzen lasse. Böttcher konzipierte den Theaterbesuch unter freiem Himmel als „walking theatre“, bei dem das Publikum sich mitten im Wald frei bewegt und der Vorstellung der Akteure folgt.

Humperdincks Musik gibt´s live

Über Mikrophone sprechen die Schauspieler ihre Texte, die mit eingespielten Geräuschen zudem einen dreidimensionalen Hörspiel-Charakter erhalten. Das Knistern des Feuers, das Klappern der Teller, der explodierende Ofen – als Sound-Effekte kann man das alles hautnah miterleben, wenn man den Akteuren durch den Wald folgt und einen Kopfhörer als Headset trägt.

Humperdincks Musik schließlich wird es dazu live geben. „Ein Männlein steht im Walde“ und den „Abendsegen“ haben die Akteure ebenfalls in einer Neufassung einstudiert. Und Hans Peter Herkenhöhner, Leiter der Siegburger Musikschule, hat ein Bläserquintett aus Studierenden der Kölner Musikhochschule verpflichten können, die mit einem „Hänsel und Gretel“-Arrangement der bekannten Humperdinck-Sätze von Helen Mills ebenfalls auf der Siegburger „Wald-Bühne“ zu erleben sind.

Die Premiere des „walking theatre“ der Studiobühne Siegburg und des Kölner Bläserquintetts mit Hänsel und Gretel ist am Samstag, 4.September um 13 Uhr. Zwei weitere Aufführungen dann jeweils um 16 und um 20 Uhr.

Nähere Informationen zu den Terminen, Preisen (Normalpreis 15 Euro) und Buchung unter www.theaterseite.de

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