"Grünkohl und Curry" in Siegburg Hasnain Kazim liest aus seinem neuen Buch

SIEGBURG · Der Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer beschäftigt sich darin mit der Frage, wo man hingehört und wo die Heimat eines Menschen ist. Ob das vom Geburtsort oder der Abstammung abhängt?

 Zu Gast in Siegburg: Der Journalist Hasnain Kazim erzählte im Siegburger Stadtmuseum die Geschichte seiner Integration.

Zu Gast in Siegburg: Der Journalist Hasnain Kazim erzählte im Siegburger Stadtmuseum die Geschichte seiner Integration.

Foto: Paul Kieras

Passend zum Titel der Veranstaltungsreihe "Begegnungen mit Deutschland - angekommen?" las Hasnain Kazim am Mittwochabend im Stadtmuseum aus seinem Buch "Grünkohl und Curry". Der Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer beschäftigt sich darin mit der Frage, wo man hingehört und wo die Heimat eines Menschen ist. Ob das vom Geburtsort oder der Abstammung abhängt? Er selbst glaubt und schreibt im Epilog seiner Geschichte: "Der Pass ist völlig egal. Zuhause ist, wo das Herz gerade ist. Mein Herz schlägt in zwei Welten, in drei Heimaten."

Auf dem Dachboden seiner Eltern fand Kazim eine Kiste mit Papieren, die ein Tor zu seiner Vergangenheit öffneten. Dokumente, die belegten, dass seine Familie in den 1980er-Jahren mehrmals kurz vor der Ausweisung aus Deutschland stand. Kazim ging dieser Familiengeschichte nach und schrieb in seinem Buch nieder, wie die Eltern nach Deutschland kamen und warum sie ausgerechnet in dem kleinen Dorf Hollern-Twielenfleth im Alten Land bei Hamburg heimisch wurden. Geboren wurde er 1974 im niedersächsischen Oldenburg.

Er erzählt von den Schikanen der Ausländerbehörden, aber auch der Hilfsbereitschaft der Dorfbewohner, die der muslimischen Familie den Rücken stärkten. Obwohl sie längst integriert war, erhielt die Familie erst 1980, 16 Jahre nach Hasnains Geburt, die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Anschluss an die Lesung stellte sich der Schriftsteller und Türkei- Korrespondent des "Spiegels" den Besuchern des Abends für Fragen und für eine Diskussion zur Verfügung.

Er berichtete dabei, dass er auch heute noch Anfeindungen, die bis zu Morddrohungen reichen, ausgesetzt sei. Vor allem, wenn er aktuelle Ereignisse kommentiere, wie jüngst die rassistische Randale im sächsischen Heidenau, breche jedes Mal ein "Shitstorm" über ihn herein. Oft ginge es den Verfassern von Hetz- und Schmähschreiben aber gar nicht um die von ihm verfassten Inhalte, sondern allein um sein fremdländisches Aussehen und seinen Namen. Als er von Kollegen gehört habe, dass auch sie solche Hassmails erhielten, hätten sie sich zu "Hate-Poetry"-Abenden entschlossen. Dabei tragen sie einem Publikum die Inhalte der Mails vor, "um den Menschen zu zeigen, dass es so etwas in Deutschland gibt". Man lache zwar gemeinsam darüber, aber es sei im Grunde natürlich eine ernste Angelegenheit, so Kazim.

Für eine erfolgreiche Integration müssen seiner Ansicht nach alle mehr gegenseitiges Interesse zeigen. Nicht nur Einwanderer beziehungsweise Flüchtlinge, die in diesen Tagen hier ankommen, sondern jeder Bürger. Ans Auditorium stellte er dazu die Frage, ob es zum Beispiel wisse, was "ja" und "nein" oder "ich liebe dich" auf Türkisch heißt. Weder mit vorwurfsvollem Unterton noch provokant. Einfach nur zur Anregung, einmal über das eigene Interesse nachzudenken.

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