Verwaltungschef der Kurdenhauptstadt Erbil berichtet über Lage "Humanitäre Hilfe ist dringend nötig"

SIEGBURG · Zuversichtlich mit Blick auf die Zukunft zeigte sich Nihat Latif Kodscha, der jetzt zu einem Besuch der Kurdischen Gemeinschaft Rhein-Sieg/Bonn nach Siegburg gekommen war.

 Von der Not der Flüchtlinge und vom Kampf gegen den IS in Kurdistan berichtete Nihat Latif Kodscha (Mitte) der Kurdischen Gemeinschaft mit ihrem Vorsitzenden Musa Ataman (links).

Von der Not der Flüchtlinge und vom Kampf gegen den IS in Kurdistan berichtete Nihat Latif Kodscha (Mitte) der Kurdischen Gemeinschaft mit ihrem Vorsitzenden Musa Ataman (links).

Foto: Paul Kieras

Der Verwaltungschef der kurdischen Hauptstadt Erbil wohnt mit seiner Familie in Bonn und "pendelt" seit 2004 regelmäßig zwischen den beiden Wohnsitzen. Er gab einen Lagebericht über den Kampf der Kurden gegen die Terrorgruppe IS im Irak. Im Sommer habe das "Gemisch" aus internationalen Terroristen, deren Hintermänner Anhänger der Baath-Partei und des ehemaligen irakischen Militärs seien, noch 20 Kilometer vor Erbil gestanden, mittlerweile sei es gelungen, die IS-Truppen bis auf 70 Kilometer vor die Stadtgrenzen zurückzudrängen. Auch die Stadt Kobane habe man mit Unterstützung amerikanischer Luftangriffe zu 70 Prozent befreit.

Er stellte klar, dass es die Aufgabe der Kurden sei, "Kurdistan zu verteidigen, und nicht, den Irak zu befreien. Wir sind nicht Superman", sagte er. Allerdings benötigten die Peschmerga modernere Waffen, denn sie verfügten lediglich über 25 Jahre alte Kalaschnikows. Der IS dagegen habe zwei Waffenlager der irakischen Armee im Wert von 20 Milliarden Dollar geplündert. Außerdem erhalte er finanzielle Unterstützung aus Saudi-Arabien und Katar. Das größte Problem zurzeit sei die Versorgung der Flüchtlinge. Allein in Dohuk hätten rund eine Million Menschen Zuflucht gesucht, in Friedenszeiten lebten dort circa 450.000 Einwohner.

"Humanitäre Hilfe ist dringend nötig", so Kodscha, zumal die Regierung in Bagdad die Zahlungen an Kurdistan auf Eis gelegt habe. Flüchtlinge lebten zum Teil in offenen Rohbauten, ihnen fehle es an allem. "Bevölkerung und Geschäftsleute geben Kredite", beschrieb Kodscha die Situation. Stabilität für den Irak sieht er nur bei einer Einigung zwischen Schiiten und Sunniten über einen Föderalstaat mit Bagdad als Hauptstadt. Sonst zerfalle das Land, zeigte er sich überzeugt.

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