Vollversammlung der SPD-Mitglieder Im Rhein-Sieg-Kreis wird über die große Koalition diskutiert

RHEIN-SIEG-KREIS · An der SPD-Basis im Rhein-Sieg-Kreis wird zurzeit intensiv über den Vertrag der großen Koalition beraten. Bis zum 12. Dezember ist jeder Sozialdemokrat - im Kreis sind es 3200 - aufgerufen, sein Votum dazu abzugeben. Für Freitagabend lädt der Kreisverband zu einer Mitgliedervollversammlung nach Spich ein - "zur Information und Diskussion", wie der Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Sebastian Hartmann sagt.

Er macht keinen Hehl daraus, dass er dem Vertrag zustimmt. Auch aus den Ortsvereinen gibt es positive Signale, wie eine GA-Umfrage zeigt.

"Gemessen am Wahlergebnis von 26,7 Prozent haben wir in den Verhandlungen viel erreicht", sagt Hartmann mit Blick auf Mindestlohn, Abschaffung der Optionspflicht im Staatsbürgerrecht und Investitionen in die Bildung. "Die Projekte sind klarer umrissen als bei der Koalition 2005." Der SPD-Kreisvorstand hat eine interne Probeabstimmung gemacht: Demnach waren neun Mitglieder für den Vertrag, eines enthielt sich.

Die SPD Siegburg berät das Thema bei einer Versammlung am Montag. "Ich sehe eine Tendenz zur Zustimmung, aber auch eine vehemente Gegnerschaft", so der Fraktionsvorsitzende Frank Sauerzweig. Er selbst sehe in dem Vertrag "eine große Chance, sozialdemokratische Positionen voranzubringen".

Dass viele Sozialdemokraten den Vertrag als zwiespältig empfinden, wird in Hennef deutlich. "Große Koalitionen stehen nicht unbedingt für politische Visionen", so der Vorsitzende Björn Golombek. Was ihn stört: Der flächendeckende Mindestlohn kommt erst 2017, das Betreuungsgeld steht weiter im Vertrag. Seine Stellvertreterin Edelgard Deisenroth-Specht hätte es besser gefunden, wenn "Angela Merkel eine Minderheitsregierung gebildet hätte". Sie hat Sorge, dass die Koalition der SPD Nachteile bringt.

Denis Waldästl, Vorsitzender der SPD Sankt Augustin, empfiehlt seinen Parteifreunden, dem Koalitionsvertrag zuzustimmen. "Da stehen Sachen drin, die für die Region nicht unbedeutend sind", denkt Waldästl etwa daran, dass die Güterwaggons in den nächsten Jahren leiser werden sollen. "Wir als Sankt Augustiner können mit dem Vertragsentwurf gut leben. Viele sehen ihn sehr positiv." Das bestätigt auch der SPD-Landtagsabgeordnete Achim Tüttenberg für seinen Ortsverein Troisdorf, der mit 480 Mitgliedern der größte im Kreis ist: "Ich bin optimistisch, dass es breite Zustimmung gibt."

Folke große Deters, SPD-Chef in Rheinbach, empfiehlt seinen Parteifreunden, dem Vertrag zuzustimmen. Denn es stehe "einiges drin" an sozialdemokratischer Politik. Ziel sei es, nun ein Maximum davon auch umzusetzen. Für Zustimmung wirbt auch der Vorsitzende in Swisttal, Tobias Leuning. Jedes der 100 Mitglieder sei aber natürlich frei in seiner Entscheidung. Erdmute Rebhan, die Vorsitzende der Meckenheimer SPD, stellt fest, dass ihr Ortsverein "gespalten" sei.

Dennoch geht sie davon aus, dass sich eine Mehrheit der 157 Mitglieder für den Vertrag entscheidet. Auch sie hat dafür gestimmt: "Denn ohne diese Koalition könnten wir sozialdemokratisches Gedankengut nur ansatzweise verwirklichen", so Rebhan. "Ich denke, dass mit der Einführung des Mindestlohns, der abschlagsfreien Rente nach 45 Versicherungsjahren ab dem 63. Lebensjahr, der Verringerung der Leiharbeit und der doppelten Staatsbürgerschaft wichtige Kernforderungen erfüllt wurden."

Für eine Zustimmung zum Vertrag wirbt der SPD-Vorsitzende von Alfter, Helmut Teßmer, bei seinen 130 Mitgliedern. Bei der Regionalkonferenz in Leverkusen hätten Hannelore Kraft und Karl Lauterbach überzeugende Argumente geliefert. Mehrheitlich für den Vertrag ist nach Einschätzung ihrer Vorsitzenden Ute Kleinekathöfer die Bornheimer SPD. Sie habe zwar nicht mit allen 190 Mitgliedern gesprochen, doch den Eindruck habe sie nach vielen Gesprächen. Sie selbst stimme für den Vertrag, denn "gemessen am Wahlergebnis steht erstaunlich viel von unserem Programm drin".

Auch Bad Honnefs SPD-Chef Guido Leiwig geht davon aus, dass die Mehrheit des Ortsvereines zustimmen wird. Als Voraussetzung hätten die Mitglieder bei ihrer jüngsten Versammlung definiert, dass die Koalitionsvereinbarung eine klare "sozialdemokratische Handschrift" tragen müsse. Das sieht Leiwig umgesetzt, und er geht davon aus, dass dies auch die mehr als 200 Mitglieder so sehen.

"Die SPD Königswinter hat bei drei Versammlungen über die Koalitionsverhandlungen diskutiert, unter anderem mit Schattenminister Klaus Wiesehügel, Kandidatin Bettina Bähr-Losse und Sebastian Hartmann", so der Vorsitzende Björn Seelbach. Die Stimmung vor Abschluss der Verhandlungen sei geteilt gewesen; mittlerweile überwiegen aber wohl die Befürworter.

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