Holocaust-Überlebende am Anno-Gymnasium Jeden Tag auf den Tod gewartet

Siegburg · Nur noch wenige Zeitzeugen können über den Schrecken des Holocaust berichten. Zwei der Überlebenden sind Ignacy Arthur Krasnokucki und Jacek Zieliniewicz. Unter dem Motto "Fragt uns, wir sind die letzten" waren sie am Montag am Anno-Gymnasium bei einem Zeitzeugengespräch zu Gast.

 Aufmerksam hören die Schüler des Anno-Gymnasiums Jacek Zieliniewicz (links) und Ignacy Arthur Krasnokucki zu.

Aufmerksam hören die Schüler des Anno-Gymnasiums Jacek Zieliniewicz (links) und Ignacy Arthur Krasnokucki zu.

Foto: Holger Arndt

Die Schule hatte in Zusammenarbeit mit dem Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln und dem Maximilian-Kolbe-Werk dazu eingeladen. Lebhaft schilderten sie den Schülern der Jahrgangsstufe 11 ihre erschütternden Erfahrungen in den Konzentrationslagern.

Ignacy Arthur Krasnokucki, 1925 als jüngster von drei Brüdern in Lodz in Polen geboren, hat ein Ghetto und drei Lager überlebt. Wenige Tage nach der Eroberung Polens wird die jüdische Familie ins Ghetto Lodz umgesiedelt. Dort muss rund ein Drittel der Bevölkerung auf etwa einem Zehntel der Stadtfläche leben. Seine beiden Brüder fliehen nach Russland, der Vater wird im Januar 1940 verhaftet und kehrt nie wieder zurück. "Meine Mutter und ich hielten uns gegenseitig am Leben", sagte Krasnokucki gestern.

Beeindruckend und lebhaft erzählte der 90-Jährige vom Leben in den Lagern, von Unterdrückung und Hunger und dem immer allgegenwärtigen Tod. "Jeden Tag sahen wir Leichen und Menschen aus Haut und Knochen, die nur noch auf ihren Tod warteten", sagte er.

Krasnokucki: "Das war mein großes Glück"

Krasnokucki arbeitete als Elektriker und war deshalb "von Wert" für die Nazis. "Das war mein großes Glück, dass ich die Zeit überlebt habe", berichtete der 90-Jährige. Nach einer Razzia im März 1944 wird er in ein Arbeitslager nach Czestochowa gebracht. Er überlebt dort ebenso wie in Buchenwald. Nachdem das Lager 1945 aufgelöst wird, gelingt ihm auf einem Todesmarsch die Flucht, indem er sich in einem Abwasserrohr versteckt.

"Es gibt keine guten oder schlechten Nationen. Es gibt nur böse und schlechte Menschen", sagte gestern Jacek Zieliniewicz. Er wird 1926 in Janowiec Wielkopolski geboren, einer kleinen Stadt in der Nähe von Posen. Mit 17 Jahren wird er nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort ist er Hilfsarbeiter in einem Elektriker- und Maurerkommando.

Nach zwölf Monaten wird er in ein kleines Konzentrationslager in Dautmergen bei Rottweil in Baden-Württemberg verlegt. "Dort war es noch schlimmer als in Auschwitz", berichtete der 89-jährige. Er lebte nur mit einem Ziel: "Ich muss überleben. Dafür braucht man Freunde und viel Glück, und das hatte ich." Die katastrophalen Zustände führen jedoch dazu, dass Zieliniewicz schließlich nur noch 38 Kilogramm wiegt. "Ich war nur noch ein Skelett mit Haut, Schmutz und Läusen". Die französischen Truppen befreien ihn im April 1945.

Zieliniewicz: "Krieg ist das Schlimmste, das es gibt"

Die beiden Männer können sich glücklich schätzen, zu den wenigen Überlebenden des Holocaust zu gehören. Nach dem Krieg arbeitet Krasnokucki in der Buntmetallindustrie und in Projektierungsbüros. Nebenbei studiert er und wird Doktor der Chemie. Zieliniewicz studiert in Posen Lebensmitteltechnologie, wird Ingenieur und arbeitet 50 Jahre lang in der Fleischwirtschaft. Die Zeitzeugen gehen an polnische und deutsche Schulen, um ein Zeichen "gegen Fremdenhass" zu setzen. "Krieg ist das Schlimmste, das es gibt", sagte Zieliniewicz. "Ihr seid nicht verantwortlich für die Vergangenheit, sondern für die Zukunft. Ihr müsst alles machen, damit es nie wieder Krieg gibt. Frieden, Freiheit, Freundschaft - so muss es sein!"

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