Vorfall in Sankt Augustin Kandidatin wider Willen

SANKT AUGUSTIN · Die Sankt Augustinerin Martina Kubutsch steht unwissentlich auf der Liste der rechtsgerichteten "Volksabstimmung".

 Martina Kubutsch vor ihrem Wohnhaus: In der Nachbarschaft rekrutierte Helmut Fleck offenbar noch weitere Kandidaten für seine Kleinpartei.

Martina Kubutsch vor ihrem Wohnhaus: In der Nachbarschaft rekrutierte Helmut Fleck offenbar noch weitere Kandidaten für seine Kleinpartei.

Foto: Micheal Lehnberg

Als Martina Kubutsch am Freitagmorgen im Sankt Augustiner Rathaus ihren Wahlzettel in die Hand gedrückt bekommt, traut die 49-jährige Mendenerin ihren Augen nicht. In der Liste der Kandidaten, die in ihrem Wahlbezirk 040 Menden für den Stadtrat antreten, steht an sechster Stelle ein Name, den sie sehr gut kennt: ihr eigener.

Martina Kubutsch kandidiert für die rechtsgerichtete Kleinpartei "Ab jetzt ... Demokratie durch Volksabstimmung - Politik für Menschen" (Volksabstimmung) - laut ihrer Aussage, ohne davon zu wissen oder es zu wollen.

"Ich hatte keine Ahnung, dass ich auf dieser Liste stehe", sagte Kubutsch gestern dem GA. "Ich bin doch nicht rechtsradikal und will mit so etwas auch nicht in Verbindung gebracht werden." Die Frührentnerin, die in einem Hochhaus an der Johannesstraße wohnt, berichtete, dass vor einigen Wochen, als sie bei ihrem Nachbarn zum Kaffeetrinken war, "ein freundlicher älterer Herr" geklingelt habe.

"Der war fast zwei Stunden da und hat mit uns über alles Mögliche gesprochen, unter anderem auch über Ausländer", sagte sie. Ihr sei es irgendwann zu viel geworden: "Ich hatte schon Kopfschmerzen und habe gesagt, dass ich mal nach Hause muss." Vorher aber habe der Mann beide aufgefordert: "Sie müssten dann noch hier unterschreiben, für die Volksabstimmung." Was sie genau unterschrieben habe, wisse sie nicht.

Der freundliche Herr war, so berichtet es die Mendenerin, Helmut Fleck, das Gesicht der "Volksabstimmung", die im Kreis in Siegburg und Sankt Augustin sowie für den Kreistag antritt. Für sie kandidiert unter anderem eine Taxifahrerin aus Much als Landrätin, sehr viele der "Volksabstimmung"-Kandidaten aus Sankt Augustin wohnen in direkter Nachbarschaft zueinander.

So steht auch Martina Kubutschs Nachbar, bei dem Fleck offenbar geklingelt hatte, auf der Liste für den Bezirk 020 Menden/Meindorf, ein weiterer Nachbar tritt im Wahlbezirk 050 Menden an. Ganze 13 weitere Kandidaten der "Volksabstimmung" wohnen im selben Hochhaus am Ulmenweg.

Darunter sind unter anderem ein in Kabul geborener Industriemechaniker und eine Einzelhandelskauffrau, die aus Kasachstan stammt - zumindest auf den ersten Blick nicht die typischen Kandidaten für eine Partei, die vom NRW-Verfassungsschutz jahrelang als rechtsextrem eingestuft wurde. Helmut Fleck war gestern für eine Stellungnahme zu seinen Wahlkampfpraktiken nicht erreichbar.

Im Sankt Augustiner Rathaus ist laut Stadtsprecherin Eva Stocksiefen bisher ein Anruf eines Bürgers eingegangen, der ebenfalls unwissentlich und unwillentlich für die Kleinpartei kandidiere. "Zurückgenommen werden kann das jetzt natürlich nicht mehr", sagte Stocksiefen. "Alle Vorschläge, die eingereicht wurden, sind auf ihre Gültigkeit geprüft und mit dem Einwohnermeldeamt abgeglichen worden."

Seit dem Wahlausschuss am 8. April stehen die Wählerlisten fest. "Wenn einer der Kandidaten gewählt werden sollte, hat er aber natürlich das Recht, diese Wahl abzulehnen", fügte Stocksiefen hinzu.

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