Sorge um den Bestand der Siegburger Krankenhauskapelle Kirchliche Standorte auf dem Prüfstand

SIEGBURG · Steht die Krankenhauskapelle womöglich vor dem Aus? Eine Initiative kämpft bereits für den Erhalt, während die Siegburger Pfarrgemeinde ein Gebäudekonzept plant.

 Die Siegburger Krankenhauskapelle ist sanierungsbedürftig. Gottesdienstbesucher fürchten um ihren Fortbestand.

Die Siegburger Krankenhauskapelle ist sanierungsbedürftig. Gottesdienstbesucher fürchten um ihren Fortbestand.

Foto: Dominik Pieper

Samstag, 17 Uhr. In der Herz-Jesu-Kapelle am Siegburger Helios-Krankenhaus feiert Krankenhausseelsorger Ottfried Wallau die Messe. Die Stuhlreihen sind voll, sogar die Orgelempore ist mit Besuchern besetzt. Zwischen den beiden Kirchen Sankt Servatius und Sankt Anno ist die Kapelle fest etabliert, dieser Tage wird sie 50 Jahre alt. Trotzdem geht bei Besuchern die Angst um, dass das Gotteshaus geschlossen werden könnte. Eine Initiative sammelt Unterschriften.

Pfarrer Thomas Jablonka sagte dagegen am Dienstag dem GA, dass keine Schließung beabsichtigt sei. Dennoch werde die Gemeinde grundsätzlich über ihre Standorte diskutieren müssen: Was kann sie sich auf Dauer noch leisten, was muss optimiert werden?

Der nüchterne Kapellenbau, eingeweiht am 6. Mai 1966 vom Dechanten Johannes Becker, ist mit seinem Sichtbeton, den Klinkern und der Holzvertäfelung ein Kind seiner Zeit – und inzwischen sanierungsbedürftig. Das Gotteshaus ist in Besitz der Pfarrei Sankt Servatius.

Der Kirchenvorstand gab 2015 bei einem Architekturbüro ein Gutachten zum baulichen Zustand der Kapelle in Auftrag. Demnach soll die Sanierung rund 450.000 Euro kosten. Das beflügelt die Diskussion um ein mögliches Ende der Kapelle, auch vor dem Hintergrund, dass vor Jahren eine Klinik-Erweiterung an dieser Stelle im Gespräch war.

„Dem Vernehmen nach wird derzeit im Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Sankt Servatius sowie im Anschluss in Köln über die Frage der Weiterexistenz der Krankenhauskapelle in Siegburg beraten“, heißt es im Appell zum Erhalt der Krankenhauskapelle, der dem GA vorliegt. Er ist an den Kirchenvorstand und das Erzbistum adressiert.

Nach GA-Informationen kommt die Initiative aus dem Kreis von Gottesdienstbesuchern und Helfern. Es seien bislang rund 150 Unterschriften zusammengekommen, so Pfarrer Wallau auf Anfrage. „Es ist erstaunlich, wie sehr sich die Siegburger zu dieser Kapelle hingezogen fühlen.“

Die Argumente liegen aus Sicht der Fürsprecher auf der Hand: Die Kapelle ist für Krankenhauspatienten wie auch für Bewohner der umliegenden Seniorenheime auf kurzem Wege erreichbar, sie ist barrierefrei, und sie bietet derzeit als einzige Kirche in Siegburg tagsüber die Möglichkeit zum Innehalten.

„Man sieht dort hin und wieder auch Ärzte, die die Stille suchen“, sagt Adolf Kneutgen. Der Siegburger hat die Einweihung selbst miterlebt, sein Vater stiftete seinerzeit eine Madonnenfigur. Heute sieht der 77-Jährige regelmäßig nach dem Rechten. „Die Kapelle ist jedes Wochenende rappelvoll, wir sind eine verschworene Gemeinschaft.“ Neben der Samstagsmesse gibt es noch einen katholischen Gottesdienst mittwochs und einen evangelischen freitags.

Auch Karl-Heinz Kefferpütz möchte die Herz-Jesu-Kapelle nicht missen. Er unterstützt ehrenamtlich die Krankenhausseelsorge. „Es wäre sehr schade, wenn die Kapelle Patienten, ihren Angehörigen und Gottesdienstbesuchern nicht mehr zur Verfügung stehen würde.“

Oft erlebe er schwierige Situationen – beispielsweise wenn ein Mensch im Krankenhaus stirbt. Für viele Angehörige sei die Kapelle erste Anlaufstelle. Dieser Ort bleibe auch später noch für die Hinterbliebenen sehr wichtig, ergänzt Pfarrer Wallau. Gehe man nach Papst Franziskus, dann könne man den Standort nur erhalten: „Wenn Kirche an den Rand der menschlichen Existenz gehen soll, wo die Nöte groß sind, wo gelitten wird, dann ist sie hier genau richtig“, so der Krankenhausseelsorger.

Kreisdechant Jablonka, der neue Ortspfarrer, sagte gestern, dass ihm die Debatte um die Kapelle zu weit gehe. „Ich verstehe die Emotionalität. Aber es ist bislang überhaupt nichts passiert, sieht man davon ab, dass es das Gutachten des Architekturbüros gibt.“

Zugleich stimmt er die Siegburger Katholiken jedoch auf Veränderungen ein: Zu viel habe sich in Kirche und Gesellschaft verändert, als dass man einfach so weitermachen könne. „Wir müssen Kirchenorte auf den Prüfstand stellen“, sagt Jablonka. Dazu gehören nicht nur Gotteshäuser, sondern auch Pfarrheime und Kindertagesstätten. „Die Frage ist, was wir uns in Zukunft leisten können und was wir weiter bedienen möchten.“

Dazu will der Pfarrer einen Diskussionsprozess starten. Vorgesehen ist eine zehnköpfige Projektgruppe mit Vertretern des Kirchenvorstands, des Pfarrgemeinderats und des Erzbistums. Das Gremium soll binnen eines Jahres Vorschläge für ein Gebäudekonzept erarbeiten und auch für Ideen von außen offen sein.

Die Kapellen-Freunde wollen indes ein Zeichen setzen: Sie möchten das 50-jährige Bestehen am Samstag, 21. Mai, mit einem festlichen Gottesdienst begehen.

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