Siegtalradweg Kompromiss für Siegtalradweg

RHEIN-SIEG-KREIS · Im Siegtalradweg klafft zwischen Dreisel und Schladern eine Lücke, die der Kreis mit einer Brücke schließen will. Naturschützer sehen die Gänsesäger-Population davon gestört. Nun hat Moderator Thomass Neiss einen Vorschlag gemacht, mit dem Kreis und Naturschützer einverstanden sind.

Für den Konflikt um den Weiterbau des Siegtalradwegs in Windeck bahnt sich eine Lösung an. Der eigens beauftragte Moderator Thomas Neiss, ehemaliger Abteilungsleiter für Forsten und Naturschutz im NRW-Umweltministerium, hat dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Naturschutzbeirat der Unteren Naturschutzbehörde seinen Kompromissvorschlag unterbreitet. Er berücksichtigt Interessen beider Seiten und soll in eine Planung münden. Demnach darf der Kreis seine geplante, 1,7 Millionen Euro teure Radbrücke an der Sieg bauen, aber sie soll für den Artenschutz über die Wintermonate gesperrt bleiben. Seit vergangenem Jahr waren die Fronten zwischen dem Kreis und den Naturschützern verhärtet. Der Beirat hatte sein Veto eingelegt.

„Die Kenntnis des Ortes ist die Seele des Dienstes“, hat der preußische Reformer Freiherr vom Stein einmal gesagt. Moderator Neiss, 71, nahm sich das zu Herzen: Er setzte sich „erstmals nach 20 Jahren“, wie er sagte, aufs Fahrrad und befuhr den Siegtalradweg, um sich persönlich ein Bild zu machen. Zwischen Dreisel und Schladern an der oberen Sieg klafft noch eine Lücke, die der Kreis seit Jahren schließen will – ein Projekt, das noch auf die Regionale 2010 zurückgeht. Dazu plante der Kreis den Bau einer Radbrücke über die Sieg, vor allem, um Radlern einen Umweg mit steilem Anstieg zu ersparen.

„Familienfreundlichkeit“ lautet die Devise im Kreishaus. „Nach Aktenlage hätte ich diese Steigung nicht so dramatisch eingeschätzt“, sagte Neiss. Als er unterwegs selbst ganz schön ins Ächzen kam, sah er, dass das Vorhaben des Kreises „sinnvoll und nachvollziehbar“ sei. Auf der anderen Seite habe aber auch der Naturschutz gewichtige Interessen. „Die geplante Brücke kreuzt die Sieg in dem einzigen größeren Abschnitt der Sieg im Rhein-Sieg-Kreis mit hoher Bedeutung für den Vogelschutz. Dies gilt insbesondere für die Überwinterung der Gänsesäger-Population“, heißt es im Bericht von Neiss.

Sperrung für den Gänsesänger

Deshalb schlägt er jetzt als Kompromiss vor, die Trasse wie vom Kreis vorgesehen mitsamt der Brücke zu bauen. Allerdings soll sie von November bis Februar gesperrt sein, wenn sich auf diesem Siegabschnitt der seltene Gänsesäger als Wintergast niederlässt. Wer in dieser Zeit über den Siegtalradweg radelt, wird bereits ab Dattenfeld umgeleitet. Dort setzt eine zweite Variante für den Lückenschluss des Radwegs an, der ganzjährig befahrbar ist und ein gutes Stück von der Sieg entfernt verläuft.

Damit greift Neiss einen Vorschlag des Naturschutzbeirats auf. Diese Route führt über Altwindeck entlang der Bahnlinie nach Schladern. „Dort gibt es keine Steigung, und die Kosten für die Ertüchtigung würden sich in Grenzen halten“, sagte Siegfried Cunz, Vorsitzender des Naturschutzbeirats. Diese Wegeführung habe durchaus ihren Reiz, da sie Sehenswürdigkeiten wie das Museumsdorf Altwindeck einbeziehe; und auch zur Windecker Burgruine sei es nicht weit. Für die andere, neue Trasse mit dem Brückenbau forderte Cunz, dass der Kreis die Eingriffe in die Natur möglichst gering hält und das sensible Gebiet aktiv schützt – zum Beispiel vor Grillpartys. Da seien Kontrollen angezeigt, so Cunz.

Nach Ausbau des Weges rechnet der Kreis mit 50.000 Radfahrern

Er kann mit dem Neiss-Vorschlag ebenso leben wie der stellvertretende Wirtschaftsförderer des Kreises, Mehmet Sarikaya. „Der Weiterbau des Siegtalradwegs ist für die touristische Entwicklung an der oberen Sieg von Bedeutung“, erklärte er. Die landschaftlich reizvolle, aber strukturarme Gemeinde Windeck ist auf Touristen und Erholungssuchende angewiesen. An einem Messpunkt des Kreises für Radverkehr in Schladern werden jährlich 30.000 Radler gemessen. Nach Ausbau des Wegs rechnet Sarikaya mit 50.000 Radfahrern.

Mit dem Vorschlag des Moderators ist die Planung aber längst nicht in trockenen Tüchern. Neiss regte die Gründung einer Arbeitsgruppe an, in der der Kreis und der Naturschutzbeirat das Projekt gemeinsam Schritt für Schritt voranbringen. Am Ende soll eine vertragliche Vereinbarung stehen. Der Naturschutzbeirat muss diesem Verfahren aber erst noch in seiner nächsten Sitzung am 21. Dezember zustimmen. Wann der Ausbau über die Bühne gehen kann, ist damit noch völlig offen: „Gut Ding will Weile haben“, sagte Neiss.

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