Kunstprojekt in der JVA Siegburg Künstlerischer Blick in die Freiheit

Siegburg · Verschlossene Türen, vergitterte Fenster, allgegenwärtige Überwachung: Das Leben im Gefängnis hat mit Freiheit nicht viel zu tun: Inhaftierte der JVA Siegburg gestalten in einem Workshop Banner zum Thema „Frei-Räume“ gemeinsam mit der Alanus Hochschule Alfter.

 Vernissage in der Gefängnis-Kirche: Die kunstvollen Banner hängen von der Decke herunter.

Vernissage in der Gefängnis-Kirche: Die kunstvollen Banner hängen von der Decke herunter.

Foto: Holger Arndt

Verschlossene Türen, vergitterte Fenster, allgegenwärtige Überwachung: Das Leben im Gefängnis hat mit Freiheit nicht viel zu tun. Ihre individuelle Sicht auf das Thema Freiheit realisierten 15 Inhaftierte der Justizvollzugsanstalt (JVA) Siegburg gemeinsam mit Studierenden der Malerei-Klassen der Jan Matejko Kunstakademie Krakau und der Alanus Hochschule Alfter in einem fünftägigen Kunstworkshop. Entstanden sind bei diesem Projekt zum Thema „Frei-Räume“ zehn Banner, die in der Gemeinschaftsausstellung in der Kirche der JVA zu sehen sind. Am Montag wurde die Ausstellung mit einer Vernissage eröffnet. Erstmals arbeiteten die Künstler bei diesem Projekt mit Häftlingen zusammen.

Bereits 2014 gestalteten die Künstler gemeinsam 40 großformatige Banner zum Thema „Horizonte der Freiheit“ im Krakauer Gefängnis Montelupich. Die Kunstwerke sind neben den zehn neuen Bannern ebenfalls in der Kirche und an den Gefängnisaußenmauern der JVA zu sehen. „Wir als Künstler nehmen uns die Freiheit und arbeiten mit jedem Menschen zusammen und achten nicht darauf, was er verbrochen hat“, berichtete Alanus-Kunstprofessorin Ulrika Eller-Rüter, die mit Kunstprofessor Zbigniew Bajek von der Jan Matejko Kunstakademie in Krakau seit einigen Jahren den Kontakt pflegt. „Freiheit ist immer und überall ein aktuelles Thema, das eigentlich überall gleichbedeutend wahrgenommen wird“, sagte Bajek.

Kunst als Zwischenraumder Begegnung

Durch die Kunst sei ein Zwischenraum der Begegnung entstanden, in dem die Inhaftierten die Wirkung von Kunst und Kultur erfahren und ihre Kreativität erproben können. Besonders inspirierend sei für Eller-Rüter die Arbeitsatmosphäre gewesen: „Die Inhaftierten haben sich von den Künstlern sehr anregen lassen. Sie waren hochmotiviert und haben ihre künstlerischen 'Frei-Räume' in vollen Zügen ausgekostet und genossen. Im Denken können sie frei sein, in die Welt ausschweifen, das können Mauern nicht beschränken.“

Ihre persönliche Sichtweise von „Frei-Räumen“ realisierten die Inhaftierten auf verschiedene Weise in der Schwarzweiß-Technik. Die Banner zeigen architektonische Elemente, aber auch Selbstporträts. „Viele waren sehr mutig und zeigen sich selbst auf den Bildern. Sie stellen sich damit selbst und wollen aus dem Werk heraussprechen“, erklärte Eller-Rüter. Sich wiederholende Elemente sind Fenster, Tore und der Blick in die Freiheit. Auch Augen, die nach draußen schauen oder als strenge Überwachung interpretiert werden können, sind auf den Bannern zu sehen. Die Werke wurden fotografiert, digitalisiert, digital bearbeitet und auf großformatige Banner gedruckt.

Das Projekt wurde vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt. „Es geht insbesondere darum, die Stärken der Inhaftierten aufzuspüren und ein ganz besonderes Erfolgserlebnis zu schaffen“, sagte Justizminister Thomas Kutschaty, der zur Vernissage gekommen war. Ebenso werde damit ein Beitrag zur Wiedereingliederung inhaftierter Menschen geschaffen.

Die in der JVA ausgestellten Werke gehören zu einer Serie von 210 Bannern. Die neuen Banner sind nun Teil einer Wanderausstellung, die in verschiedenen Gefängnissen ausgestellt werden.

Die Ausstellung in der Justizvollzugsanstalt Siegburg kann noch bis Freitag, 14. Oktober, nach vorheriger Anmeldung per E-Mail an malerei@alanus.edu oder unter 0 22 22/93 21 11 47 zu bestimmten Terminen besichtigt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort