Dierk Engelken im Pumpwerk in Siegburg Kunstvolle Wechselspiele als Passepartouts für das Wesentliche

Siegburg · Der Kunstverein Rhein-Sieg zeigt unter dem Titel „Naturale Skulpturen und andere Äußerungen“ in Siegburg Arbeiten des Bonner Künstlers Dierk Engelken. Über drei Etagen hat der im Pumpwerk eine seine Werke verbindende Skulptur erschaffen.

Mit seiner Skulptur fordert Dierk Engelken den Berachter auf, mitzuarbeiten.

Mit seiner Skulptur fordert Dierk Engelken den Berachter auf, mitzuarbeiten.

Foto: Nadine Quadt

Wie ein Segel im Wind wirken die weißen Stoffbahnen, die bis in die Tiefen des Pumpwerks fließen und die Arbeiten, die im Ausstellungshaus des Kunstvereins für den Rhein-Sieg-Kreis zu sehen sind, miteinander verbinden. Dierk Engelken hat seine raumgreifenden Textilobjekte aus Schleiernessel schon an vielen Orten verspannt und so die Dinge gerahmt, die ihm am Herzen liegen. Auch in Siegburg bilden sie einen „Passepartout für die Natur“, wie der Bonner Künstler erklärt. „Naturale Skulpturen und andere Äußerungen“ stehen im Fokus seiner Werkschau, die bis Freitag, 17. Februar, im Pumpwerk zu sehen ist.

Die Ausstellung gleicht in ihrer Konzeption selbst einem Kunstwerk. „Wie reagiere ich auf dieses Gebäude“, beschreibt Engelken die Frage, die ihn im Vorfeld umgetrieben hat. Das Pumpwerk sei ein altes Industriegebäude mit viel Charme, aber auch mit brutal-rohem Beton, alten Rohren, rechtwinkliger Grundform und verschiedenen flachen Ebenen. Der 81-Jährige entschied sich für den Kontrast, setzte den Ecken und Kanten weiche Formen entgegen und schuf mit seinen luftig-filigranen und drei Ebenen überwindenden Verspannungen zugleich einen Rahmen für seine Werke.

„Die Arbeiten zeigen das breite Spektrum und die Vielfalt der darstellenden Kunst in seinem Werk“, hebt der Kunstvereinsvorsitzende Reinhard Lättgen hervor. Ob präzise Tuschezeichnung, großformatiges Gemälde oder raumfüllende, plastische Arbeiten, Engelken habe eine unverwechselbare, individuelle, bildnerische Sprache. Und habe sich in frühen Schaffensperioden mit Themen befasst, die heute aktuell sind, wie etwa dem Klimawandel. Engelken, der nach seinem Studium in Bonn, Köln und Düsseldorf Meisterschüler an der Kunstakademie Düsseldorf war, war viele Jahre Dozent an der Uni Bonn, einer der Mitbegründer des Bundesverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler oder der Künstlersozialkasse, kulturpolitisch aktiv und Initiator und Kurator vieler Ausstellungen. „Und dennoch im Kern ein Bildender Künstler“, so Lättgen.

„Ich bin einfach ein Mensch, der im Leben steht, ein soziales Wesen und damit Teil einer Gemeinschaft“, sagt Dierk Engelken über sich selbst. Als solcher reagiere er auf das, was um ihn herum passiere, meist mit Ironie, die mitunter in Sarkasmus umschlage. So etwa in seinem „Der Krieg fängt in den Köpfen an“ betitelten Gemälde aus dem Jahr 2014, das Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg mit Gasmaske bekleidet und champagner-trinkend in einer Wohnstube zeigt, während im unteren Bildrand ein Junge versucht, die Trümmer im Gaza-Krieg beiseite zu kehren.

Kritischer Blick auf seine Heimatstadt Bonn

In vielen seiner Arbeiten setzt sich Engelken kritisch mit seiner Heimatstadt Bonn auseinander. Kritisiert in einer Tuschezeichnung etwa die „Maßlosigkeit des Stadthauses“. In einer seiner „Bewusstseinscollagen“ nimmt er sich am Beispiel der Kurfürsten-Schwimmhalle die Bäderkonzeption vor. Und schon in den 1970er Jahren überspannte er unter dem Titel „Natur in Aspik“ das Forum im damaligen Bonn-Center.

Fotografien zeigen weitere seiner Windplastiken in ganz unterschiedlichen Kontexten, mal thematisieren sie Arbeitslosigkeit, mal die Sorge um die Natur. Im Wechselspiel aus Höhlung und Wölbung sieht Engelken die Urform der Skulptur. Die nutzt sie als Passepartout für die Natur, aber auch für Menschen, die er einlädt, seine Skulpturen auch als Raum zu erleben und zu begreifen. Ganz konkret wird das in einer Skulptur, die er aus Glasfiebermatten geschaffen hat. Als Halbschale seiner selbst. „Es ist eine Einladung, in meine Haut zu schlüpfen“, sagt Engelken. Den fehlenden Raum könne sich jeder dazu denken. Denn auch das will er mit seinen Arbeiten: auffordern, um die Ecke zu denken.

Die Ausstellung „Naturale Skulpturen und andere Äußerungen: Dierk Engelken“ läuft noch bis Freitag, 17. Februar, im Pumpwerk, Bonner Straße 65. Dort zeigt der Kunstverein am Samstag, 21. Januar, ab 16 Uhr erstmals das filmische Künstlerporträt „Figure and Space“. Anschließend gibt es ein Künstlergespräch mit Engelken. Mehr auf www.wordpress.kunstverein-rheinsieg.de.

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