Urteil in Bonn 59-Jähriger aus Siegburg muss wegen Missbrauchs seiner Tochter in Haft

Siegburg/Bonn · Ein 59-jähriger Mann aus Siegburg hat seine Tochter mehr als 100 Mal missbraucht. Er gestand die Taten teilweise. Das Landgericht Bonn verurteilte ihn jetzt zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten.

Das Landgericht Bonn hat einen Mann aus Siegburg – hier während eines Prozesstags im April im Gerichtssaal – wegen Kindesmissbrauchs verurteilt.

Foto: Peter Kölschbach

Das Bonner Landgericht hat am Donnerstag einen 59-jährigen Mann aus Siegburg wegen Kindesmissbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem muss er dem Opfer 20.000 Euro als Entschädigung zahlen. Der Mann hatte seine Tochter über mindestens vier Jahre regelmäßig sexuell missbraucht. 102 Fälle im Zeitraum zwischen dem 11. August 2008 und dem 9. Juli 2012 sahen die Richter als erwiesen an. „Wir glauben in allen Punkten der Geschädigten“, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung.

Die genaue Zahl der Übergriffe könnte noch größer gewesen sein, ließ sich aber nach der mittlerweile verstrichenen Zeit nicht mehr sicher ermitteln. In der Anklage war noch von 220 Taten die Rede. Der Zeitraum ließ sich deshalb so genau eingrenzen, weil das Opfer sich erinnerte, dass die Übergriffe mit seiner Einschulung begonnen und mit dem Wechsel zur Realschule wieder aufgehört hatten. 91 Taten folgten nach Überzeugung des Gerichts immer demselben Schema, das sich um ein samstägliches „Baderitual“ von Vater und Tochter drehte. Da der teilweise geständige Verurteilte und das Opfer übereinstimmend davon ausgingen, dass sich das morgendliche Ritual in circa zweiwöchigem Rhythmus abgespielt hatte, kam man nach Abzug einiger übergriffsfreier Urlaubswochen schließlich auf die angegebene Zahl.

Angeklagter zeigte sich bei der Polizei selbst an

Erst im Jahr 2019 wandte sich das offenbar dauerhaft traumatisierte Mädchen mit dem Wunsch um Hilfe an seine Mutter. „Mein Vater hat mich angefasst“, soll sie ihr gesagt haben. Die Frau glaubt ihrer Tochter, stellt ihren Mann sofort zur Rede, zieht aber zum Entsetzen der Tochter keinerlei Konsequenzen. Ungläubig berichtete der Vorsitzende Richter von einer „absurden Szene“, bei der Vater, Mutter und Tochter bei einem gemeinsamen Frühstück besprochen hätten, wie man in Zukunft weiter zusammenleben könne.

Das wollte die Tochter aber auf keinen Fall und zog zunächst allein aus. Beim Gang zur Polizei kam der Vater seiner Tochter dann aber zuvor und zeigte sich selbst an. Für eine Übergangszeit bezog er dann ebenfalls eine eigene Wohnung, ist aber inzwischen zu seiner Frau zurückgekehrt. Das missbrauchte Mädchen musste sich nach den Vorfällen mehrere Monate in einer psychiatrischen Einrichtung behandeln lassen. Das Urteil verfolgte die junge Frau als Zuschauerin mit regungsloser Mine. Ihre Mandantin sei sehr enttäuscht, dass ihre Mutter nicht ebenfalls gekommen war, sagte die Anwältin des Opfers, Dagmar Schorn, nach der Urteilsverkündung. „Das hätte ein erster Schritt zu einer Versöhnung sein können“, habe ihr das Mädchen gesagt.