Urteil des Landgerichts Bonn Rollstuhlfahrer wurde über Wochen misshandelt

Bonn/Siegburg · Zwei Männer sind vor dem Bonner Landgericht wegen gemeinschaftlichen Raubes zu einer vierjährigen Haftstrafe und einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Gericht sieht sadistische Tendenzen bei Haupttäter.

 Im Fall eines Rollstuhfahrers, der über Wochen gequält wurde, hat das Bonner Landgericht ein Urteil gesprochen.

Im Fall eines Rollstuhfahrers, der über Wochen gequält wurde, hat das Bonner Landgericht ein Urteil gesprochen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Vor dem Bonner Landgericht sind am Freitag ein 29-jähriger Mann aus Siegburg und ein 45-Jähriger aus Swisttal wegen gemeinschaftlichen Raubes verurteilt worden. Der 29-jährige Haupttäter wurde darüber hinaus auch der vorsätzlichen Körperverletzung in vier und des Computerbetrugs in 36 Fällen für schuldig befunden. Er muss für vier Jahre hinter Gitter. Außerdem muss er mehr als 22.000 Euro an Taterträgen zurückzahlen. Der 45-Jährige wurde zu einer Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren verurteilt.

Während des Verfahrens hatten sich die Reihen auf der Anklagebank deutlich gelichtet: Zu Prozessauftakt im Oktober hatten dort noch fünf Personen gesessen, und die Anklage lautete zusätzlich zu den nun verurteilten Straftatbeständen auch auf Freiheitsberaubung. Dem Quintett wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, einen Nachbarn über mehrere Wochen gefangen gehalten zu haben. Die Verfahren gegen zwei angeklagte Frauen waren aber eingestellt worden, nachdem sich herauskristallisiert hatte, dass sich der Vorwurf der Freiheitsberaubung nicht aufrecht erhalten ließ. Ein weiterer Angeklagter wurde freigesprochen.

„Er hatte ein Handy, er hätte gehen können“, fasste die Vorsitzende Richterin die Situation zusammen, in der sich das Opfer über fast einen Monat befunden hatte: Der 54-jährige Rollstuhlfahrer aus Siegburg war am 8. Februar 2021 von einem Krankenhausaufenthalt zurückgekehrt. Nach der Behandlung an seinem Bein klingelte er bei einem Paar in der Nachbarschaft, dem er während des Klinikaufenthalts seinen Wohnungsschlüssel anvertraut hatte. In seine eigene Wohnung kam er allerdings so schnell nicht wieder zurück, denn sein Schlüssel wurde dem Rollstuhlfahrer vorenthalten. Aufgrund seiner speziellen psychischen Situation sah das Opfer für sich offenbar keine Möglichkeit, nach Hause zu kommen.

Auch ohne konkret seiner Freiheit beraubt worden zu sein, durchlief der Mann in den kommenden Wochen ein psychisches und körperliches Martyrium: Bei dem nun als Haupttäter verurteilten Bruder der Nachbarin, der die Wohnung gemeinsam mit dem Paar bewohnte, handelt es sich nämlich offenbar um einen sadistisch veranlagten Betrüger. Der unter anderem wegen Kindesmissbrauchs vorbestrafte 29-Jährige trat sein Opfer immer wieder gegen die ohnehin verletzten Beine. Außerdem rasierte er dem Wehrlosen den Kopf und bemalte den kahlen Schädel dann mit sexuell anzüglichen beziehungsweise rechtsradikalen Bildern.

Konto geplündert

Zudem plünderte der Mann, der über hervorragende Computer- und Programmierkenntnisse verfügt, das Konto seines Gefangenen: Allein rund 22.000 Euro gingen an ein Versandhaus. Der zweite Verurteilte ist mit den Wohnungsinhabern befreundet und hatte während eines Besuchs den Rollstuhlfahrer von hinten festgehalten, während der 29-Jährige diesem eine Gürteltasche mit 800 Euro Bargeld vom Körper geschnitten hatte.

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