Extremer Gestank in der Region Landwirte bringen Gülle aus

RHEIN-SIEG-KREIS · In diesen Tagen bringen die Landwirte Gülle auf Ackerflächen und Grünland aus – wie immer zu Jahresbeginn. Und wie immer stinkt das den Anwohnern. Sie beschweren sich.

 Der ALWB Rhein-Sieg-Kreis reduziert durch neue Maschinen die Geruchsbelästigung beim Ausbringen von Gülle.

Der ALWB Rhein-Sieg-Kreis reduziert durch neue Maschinen die Geruchsbelästigung beim Ausbringen von Gülle.

Foto: Paul Kieras

Die Ausbringung tierischer Ausscheidungen ist mit dem beißenden Geruch von Ammoniak und Methan verbunden. Dieses Mal besonders stark. Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW, kennt den Grund: Die Güllefahrzeuge sind spät dran und daher vermehrt im Einsatz.

„Die Düngeverordnung schreibt vor, wann Gülle ausgebracht werden darf“, sagt Rüb. Vom 1. November bis zum 31. Januar gelte eine Sperrfrist. Dann ruhe die Vegetation und Pflanzen könnten keine Nährstoffe aufnehmen. Auch, wenn die Böden durchnässt und mit Wasser gesättigt sind, gelte das Ausfahrverbot.

Da es in Januar und Februar stark geregnet hat, konnten die Landwirte nicht mit dem Ausfahren von Gülle beginnen. Inzwischen seien die Böden trocken, so Rüb. Nun dränge die Zeit, die Pflanzen brauchen Nährstoffe. Das sei „der Preis für eine strenge Vorschrift“, erklärt Rüb. Dennoch werde nur „konzentriert und bedarfsgerecht“ gefahren.

Das bestätigt Michael Schmidt vom „Arbeitskreis Landwirtschaft, Wasser und Boden im Rhein-Sieg-Kreis“ (ALWB), eine Kooperation von Landwirten und Gewässerschützern. Die Sorge, die Bauern brächten unkontrolliert tonnenweise Gülle aus, sei unberechtigt. Tatsächlich würden nur etwa zwei Liter pro Quadratmeter benötigt.

Laut Schmidt ist der organische Dünger Gülle ein wichtiger Bestandteil der betrieblichen Kreislaufwirtschaft und weitaus umweltfreundlicher als Mineraldünger (Kunstdünger). Der sei zwar geruchslos, dafür werde er teuer, unter hohem Energieeinsatz, enormer Umweltbelastung und zum Teil aus nur begrenzt vorhandenen Rohstoffen wie Phosphor synthetisch hergestellt.

Dass Gülle den Kunstdünger einmal ganz verdrängt, glaubt Schmidt nicht. Es sei aber wünschenswert und Gülle in der benötigten Menge vorhanden. Den Grund sieht er in den hohen Qualitätsansprüchen der Verbraucher und von der Politik festgesetzten Normen, die allein über Gülledüngung nicht zu erfüllen seien.

„Nur mit Gülledüngung könnte etwa ein Salatkopf niemals die EU-Vorgaben bezüglich Farbe und Größe erfüllen“, sagt Schmidt. Solange der Konsument bevorzugt „ansehnliches“ Obst und „hochgezüchtetes“ Gemüse kaufe, würden die Produzenten nicht auf den Einsatz hoher Mengen an Kunstdünger verzichten können.

Beim ALWB stinkt es übrigens nicht. Er setzt auf den landwirtschaftlichen Flächen seiner Mitglieder in den Wasserschutzgebieten im Kreis ein modernes Gerät ein. Mit einem „Gülleschlitzers“ wird der Boden aufgeschlitzt, der natürlich produzierte Dünger nach Bedarf dosiert direkt eingearbeitet und mit einer Bodenschicht bedeckt. Dadurch wird nicht nur die Geruchsbelästigung auf ein Minimum, sondern auch der Stickstoffverlust deutlich reduziert.

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