Kein Karneval in Siegburg Leere auf dem Marktplatz

RHEIN-SIEG-KREIS · Tote Hose an Weiberfastnacht: Wo ein Jahr zuvor rund 4000 junge Jecken gleichzeitig gefeiert hatten, bot sich gestern ein ganz anderes Bild. Gähnende Leere herrschte auf dem Siegburger Markt.

Höchstens 200 Karnevalisten hielten sich dort gleichzeitig auf. Die Stadt Siegburg hatte zuvor angekündigt, aus Kostengründen das Bühnenprogramm ausfallen zu lassen und Jugendliche dazu aufgefordert, in umliegende Städte auszuweichen. Hennef und vor allem Sankt Augustin verzeichneten deutlichen Zulauf.

Viele Jugendliche reagierten in Siegburg mit Unverständnis auf die Entscheidung der Stadt, sich wegen der Haushaltsmisere aus der Finanzierung des Programms zurückzuziehen. "Für mich sind das alles Ausreden", sagte der Troisdorfer Sascha Heller (22). "Es hätte ja keine Bühne sein müssen, ein paar Boxen hätten doch schon gereicht." Andere Feierwillige improvisierten mit Handys oder Musikanlage im Bollerwagen. Partystimmung kam aber nicht auf. "Letztes Jahr mit Bühne war es einfach besser hier", so Jan Guhde aus Siegburg.

"Es hat sich offenbar herumgesprochen, dass hier nichts zu erwarten ist", sagte Ralf Reudenbach, Erster Beigeordneter der Stadt. Seiner Ansicht nach seien in den Vorjahren mehrheitlich Jugendliche von außerhalb zum Feiern gekommen. "Wir haben dieses Treiben nie veranstaltet", so Reudenbach. Mit dem Bühnenprogramm habe man lediglich versucht, auf die Sicherheitslage positiv einzuwirken. Aber auch gestern hielten sich DJs für den Fall des Falles bereit: Auf Bitte der Stadt hatte sich Horst Stöcker von der Siegburger Band "Schäng Bum" ehrenamtlich bereit erklärt, für Musik zu sorgen, falls die Stimmung auf dem Marktplatz kippen sollte.

Er konnte unverrichteter Dinge abrücken, und auch für die Rettungskräfte war es ein ruhiger Nachmittag: Statt der rund 100 Hilfeleistungen wie in den Vorjahren mussten die Sanitäter in diesem Jahr lediglich 13 Mal ausrücken. "Die Maßnahme der Stadt hat Wirkung gezeigt", so Jakob Waßmann, Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes im Kreis.

Beats, Beats und immer wieder wummernde Bässe hingegen in Sankt Augustin: In einer Endlosschleife, unendlich laut und gleichermaßen "Atemlos" legte sich der Rhythmusteppich gestern über die Marktplatte. Knapp 4000 Jugendliche ließen sich vor dem Rathaus beschallen, rockten ab und sangen Schlager mit, sprich Helene Fischers Chart-Dauerbrenner. Schon früh strömten die Besucher von der Bahnhaltestelle "Zentrum" in Richtung Markt. Jeder Gast wurde abgetastet und gezählt. "Bei 4000 Menschen ist Schluss, dann machen wir zu", sagte Niklas Körber, Vorsitzender des Stadtjugendrings, der die Party veranstaltete. Das war um kurz nach 13 Uhr der Fall.

Einmal mehr hatte der Stadtjugendring gemeinsam mit den Ordnungskräften der Stadt, den Mitarbeitern des Jugendamtes, den Sicherheitsleuten und der Polizei dafür gesorgt, dass die Party weitgehend friedlich und ohne Probleme ablief. Knapp 50 Malteser-Helfer sowie Helfer der Schülervertretungen und der Jugendverbände trugen Sorge dafür, dass nichts aus dem Ruder lief. Klar wurde Alkohol getrunken, und das nicht wenig: Manch einer musste im Zelt der Malteser seinen Rausch ausschlafen. Gleichwohl nutzten viele das Angebot und tranken heißen Tee oder aßen ein belegtes Brötchen, von denen 1600 Hälften verteilt wurden.

"In diesem Jahr verzeichnen wir deutlich mehr Besucher als sonst", stellte Körber fest. Was sicher daran liege, dass in Siegburg keine Party stattgefunden habe. Aus diesem Grund wurde die Zahl der Sicherheitskräfte auch aufgestockt. Rund 80 Security-Leute kontrollierten an den Eingangsschleusen. Alle 30 Minuten kamen die Einsatz-, Sicherheits- und Ordnungskräfte zu einer Lagebesprechung zusammen. Bilanz der Party: 46 Hilfeleistungen der Malteser.

Fröhlich und ausgelassen ging es auch bei der Jugendparty auf dem Hennefer Marktplatz zu. Etwa 800 Jugendliche und somit knapp doppelt so viel wie im Vorjahr tanzten zu kölschen Karnevalsklassikern und Techno-Stücken, die ein DJ auflegte. Zwölf Polizisten, zwölf Mitarbeiter des Ordnungsamtes und sieben Mitarbeiter des Jugendamtes sowie einige Feuerwehrmänner und Sanitäter sorgten dafür, dass die Party nicht zu ausschweifend wurde. Bereits um 9 Uhr nahmen Mitarbeiter des Ordnungsamtes Jugendliche ins Gebet, die auf dem Weg zur Schule waren.

"Ein 15-Jähriger hatte einen Rucksack voller Spirituosen dabei", sagte Ordnungsamtsleiter Karl-Heinz Nentwig. Ein weiterer Schüler sei auf dem Weg von der Schule zum Markplatz mit reichlich Spirituosen erwischt worden. Laut Thomas Zirngibl, Leiter der Polizeiwache, sei es aber insgesamt sehr ruhig gewesen. 30 Jugendliche mussten rettungsdienstlich behandelt werden. Davon 15 wegen übermäßigem Alkoholkonsum und 15 wegen Schnittverletzungen. Sieben Platzverweise, zwei Strafanzeigen und ein Verstoß gegen das Waffengesetz lautete am Ende des Tages die Bilanz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort