Gespräch mit jungen Hennefern "Letztendlich sitzt man in einem Café"
HENNEF · Womit kann man als junger Mensch in Hennef seine Freizeit verbringen? Geht das überhaupt? Julia Steinhauer (18) und Sascha Harnischmacher (19) sind da unterschiedlicher Meinung. GA-Mitarbeiterin Franziska Jünger traf die beiden zu einem Streitgespräch.
Wenn Ihr Hennef mit drei Adjektiven beschreiben müsstet, welche wären das?
Sascha: Familiär, idyllisch und sportlich.
Julia: Jung, bunt, klein.
Stellt Euch vor, Freunde von außerhalb würden Euch besuchen und Hennef kennenlernen wollen. Was würdet Ihr mit ihnen unternehmen?
Julia: Burg Blankenberg habe ich schon Leuten aus den USA gezeigt, die mich besucht haben. Sonst gibt es aber nicht wirklich viel zu sehen, vielleicht noch den historischen Teil von Geistingen mit seinen alten Fachwerkhäusern. Letztendlich sitzt man in einem Café oder geht spazieren.
Sascha: Ich würde einen langen Spaziergang an Sieg und Allner See machen. Danach würden wir einen Kaffee in einem der vielen, schönen Hennefer Cafés trinken. Den Abend würden wir im Wirtshaus oder Sperl ausklingen lassen.
Julia: Das geht aber ja nur, wenn die Leute über 18 sind.
Sascha: Meine Freunde sind alle über 18 (lacht).
In Hennef gibt es zentral gelegene Kneipen, die auch für Jugendliche aus den Dörfern gut zu erreichen sind. Wieso glaubt Ihr, gehen trotzdem so viele nach Siegburg oder Bonn und Köln, um mit Freunden etwas trinken zu gehen?
Julia: Ich denke, dass die Auswahl ziemlich begrenzt ist. Besonders wenn man noch nicht 18 ist, ist es echt schwer, etwas zu finden, wo man abends noch hingehen kann. Bei mir kommt das natürlich auch daher, dass ich in Bonn zur Schule gegangen bin, viele von da kommen und Hennef zu weit weg wäre.
Sascha: Ich finde das Wirtshaus schon schöner als die Bar, auch mit Freunden kann man gerade im Sommer gut draußen sitzen. Trotzdem hat Julia recht: Es fehlen die Alternativen. In Bonn oder Köln gibt es die Möglichkeit, auch danach noch etwas zu unternehmen. In Hennef kann man vom Wirtshaus ins Sperl und vom Sperl ins Wirtshaus - das war's dann aber auch schon.
Julia: In Hennef gibt es auch keine Diskotheken. Die eine, die es gab, ist ja im Moment geschlossen.
Mit dem Kur-Theater besitzt die Stadt ein traditionsreiches Kino. Die umliegenden Kommunen, wie Siegburg und Troisdorf, sind mit modernen Kinocentern ausgestattet. Was spricht Euch eher an?
Sascha: Ich gehe lieber ins Kur-Theater, weil ich einfach das Flair so schön finde. Das ist für mich einfach typisch Hennef, wenn man die Gesichter dort kennt. Die Film- und Soundqualität ist nicht so gut, wie in Siegburg, trotzdem finde ich es einfach sehr süß da. Hin- und wieder gehe ich auch nach Siegburg, wenn ich mal aktuellere Filme sehen will.
Julia: Mir gefällt das Kur-Theater persönlich auch ganz gut, aber ich finde eben wirklich problematisch, dass es da keine Filme gibt, die gerade erst rausgekommen sind. Viele Freunde sagen auch, dass es ihnen zu alt ist und sie es eher modern mögen. Allerdings sind die vielen Kulturveranstaltungen im Kur-Theater doch ein echter Pluspunkt. Besonders die zu politischen Themen.
Wie würdet Ihr insgesamt das Angebot beurteilen, das Hennef jungen Menschen bietet? Was gefällt Euch besonders gut und was fehlt?
Sascha: Definitiv verbesserungswürdig sind die Shopping-Möglichkeiten, die gibt es in Hennef so gut wie gar nicht.
Julia: Vor allem Kleidung gibt es eigentlich nirgendwo. Die Natur ist auf jeden Fall super. Die Sieg ist ein toller Treffpunkt, vor allem im Sommer.
Sascha: Dass Sieg und Allner See so nah an der Stadt sind, ist echt cool. Wir haben hier ja fast schon ein Naherholungsgebiet. Es ist auch nicht so überfüllt, wie zum Beispiel in Köln am Rhein.
Julia: Schön finde ich außerdem die ganzen Feste, sei es das Stadtfest oder Maifest und Kirmes. Da muss ich allerdings auch sagen, dass es immer weniger werden. Gerade in Geistingen, wo ich wohne, wurde die Kirmes quasi komplett gestrichen und auch Maifeste gab es dieses Jahr in der Umgebung keine mehr. Das finde ich sehr schade.
Sascha: Sportmöglichkeiten sind auch sehr viele da, bei mir gegenüber an der Gesamtschule ist direkt ein kleiner Fußballplatz, wo jeder hin kann. Überhaupt gibt es viele Vereine und Fitnessstudios.
Julia: Stimmt. Aber was wir in Hennef auch nicht so haben, ist ein kulturelles Angebot: Musik, Museen, Bildergalerien.
Sascha: Allgemein fehlt auch ein Treffpunkt, vor allem im Winter. Es gibt natürlich jetzt den Jugendpark...
Julia: ... aber da geht man ja jetzt auch nicht so hin.
Sascha: Diese ganzen Sachen sind auch immer abgestempelt für einen gewissen Personenkreis.
Julia: Auch an Orten, wo sich eher Erwachsene treffen - in Kneipen oder Bars - wird man komisch angeguckt und fühlt sich ausgegrenzt, wenn man da als Jugendlicher hingeht.
Sascha: Früher gab es ja noch die Eishalle, aber die ist jetzt auch nur noch in Troisdorf.
Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Ihr habt beide gerade Abitur gemacht. Wie sind Eure Planungen, wollt Ihr in Hennef bleiben oder zieht es Euch weg?
Julia: Wie gesagt, bin ich in Bonn zur Schule gegangen und musste deshalb jeden Tag über eine Stunde fahren. Ich möchte studieren, dann aber lieber in eine Stadt ziehen, wo ich dann auch näher an der Uni dran bin und nicht mehr so weit fahren muss.
Sascha: Ich werde erst nächstes Jahr studieren. Das Jahr jetzt werde ich weniger in Hennef verbringen, sondern mehr unterwegs sein. Mein Ziel ist es, später durchaus im Rheinland zu bleiben, nicht direkt in Hennef zu wohnen, aber schon in der Umgebung. Ich glaube, ich werde mich immer freuen, herzukommen und die bekannten Gesichter zu sehen. Das ist einfach ein Gefühl von Heimat.
Zu den Personen
Julia war auf dem Sankt Adelheid Gymnasium in Bonn-Pützchen und wird ab Herbst International Relations in Kleve studieren. Sascha hat sein Abitur am Städtischen Gymnasium in Hennef gemacht und will in den kommenden Monaten verschiedene Praktika absolvieren, um den richtigen Beruf für sich zu finden.