Sicherheit im Rhein-Sieg-Kreis Mitarbeiter des Ordnungsamtes wünschen sich mehr Respekt

SIEGBURG · Ab 2017 sollen die Ordnungsämter der Kommunen die Kreispolizeibehörde stärker entlasten. Der Alltag der Außendienstler ist oft rau. Siegburger Ordnungshüter berichten, wie ihr Job auf der Straße ist.

 Das Siegburger Ordnungsamt bei der Arbeit.

Das Siegburger Ordnungsamt bei der Arbeit.

Foto: Paul Kieras

Zuletzt standen sie im Mittelpunkt einer kreispolitischen Debatte: die Ordnungsämter der Kommunen. Ihre Mitarbeiter sollen künftig mehr Aufgaben von der Polizei übernehmen – und zwar solche, die unter das Ordnungsrecht fallen. Unlängst einigten sich die Bürgermeister und Landrat Sebastian Schuster darauf, dass diese Verlagerung von Aufgaben 2017 zunächst probehalber umgesetzt werden soll. Doch wie gestaltet sich der Alltag von Mitarbeitern des Ordnungsamtes? Unterwegs mit dem Außendienst in Siegburg, der täglich seine Runden durch die Innenstadt dreht. Besonders an den Tagen vor und nach Weihnachten ist die Stadt voll.

Kaum haben die beide Mitarbeiter des Ordnungsamts Salvatore und Marco ihren Kontrollgang durch die Innenstadt angetreten, da werden sie schon das erste Mal aktiv. Eine Dame mittleren Alters radelt ihnen am Markt entgegen. Per Handzeichen fordert Salvatore, der nur „Toto“ genannt wird, die Frau auf, abzusteigen. Sie zeigt sich einsichtig und entschuldigt sich, ihren Drahtesel nicht vorschriftsmäßig durch die ausgewiesene Fußgängerzone geschoben zu haben. Mehr als eine Ermahnung ist also nicht nötig. Aber einen Tipp hat Toto noch für sie: Ihre Handtasche, die offen im Einkaufskorb liegt, sollte sie besser am Körper tragen, um es Dieben nicht so einfach zu machen. Die Radfahrerin bedankt sich höflich.

Nicht immer reagierten die Menschen so freundlich, wenn sie auf einen Verstoß angesprochen würden, berichtet Toto aus Erfahrung. „Der Respekt uns gegenüber geht gegen Null. Quer durch alle Altersklassen“, so der 36-Jährige, der seit viereinhalb Jahren im Außendienst tätig ist. Und Marco, ein gutes Jahr dabei, ergänzt: „Oft bekommen wir zu hören, außer Knollen schreiben dürften wir doch gar nichts.“ Dabei verhielten sich viele Bürger aggressiv und beschimpften sie. „Das perlt aber mittlerweile an uns ab, man reagiert nicht mehr drauf“, erklärt das Team, das nicht immer gemeinsam, sondern in wechselnder Zusammenstellung, auch spät abends und an Wochenenden seinen Dienst verrichtet.

Wenn möglich, sollen die insgesamt acht Ordnungsamtsmitarbeiter im Außendienst zu Zweit unterwegs sein. Deeskalation ist angesagt. Daher beginnen die beiden Kollegen jedes Gespräch zunächst „kumpelhaft“, um Spannungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Aber: „Je netter man ist, desto beschissener reagieren viele Menschen“, berichtet Toto verständnislos. Er beobachtet oft, dass „Situationen umschlagen, dann muss man die Lage neu einschätzen und entsprechend handeln“. Besonders dann, wenn sich Unbeteiligte ohne Kenntnis der Sachlage einmischten, so Toto.

Oft brenzlige Situationen

Mit brenzligen Situationen haben sie täglich zu tun. Etwa, wenn sie Knöllchen schreiben. Das gehört zwar nicht zu ihrer Kernaufgabe „Sicherheit und Ordnung“, da sich um den ruhenden Verkehr eigentlich andere Kollegen kümmern. Dennoch schreiten sie bei Verstößen natürlich ein. „Da kann es passieren, dass ein Falschparker auf uns zufährt oder sogar auf dem Fuß hält“, sagt Marco.

Strafrechtrelevantes Verhalten wie Beleidigungen oder Bedrohungen werde nicht geduldet und führe konsequent zur Anzeige, wie Ordnungsamtsleiterin Ursula Thiel betont. Die Mitarbeiter leben nicht ungefährlich. Marco war selbst dabei, als ein Randalierer, der schon beruhigt schien, plötzlich ein Messer zog und seinen Kollegen verletzen wollte. „Man muss gewappnet sein“, mahnt Toto. Nach eigenen Worten ist er selbst „immer auf Sendung“. Soll heißen: Er hat seine Blicke überall, „scannt“ die Umgebung und jeweilige Lage, ist auf alles vorbereitet. Selbst wenn er privat unterwegs ist. Er weiß, wo er genauer hinschauen muss, kennt aggressive Bettler und Straßenverkäufer sowie Musiker in der Fußgängerzone, jeden Spielplatz und jedes abgelegene Gelände in der Umgebung, wo vor allem Jugendliche Drogen und Alkohol konsumieren, oft auch lärmen und randalieren.

Das Tätigkeitsfeld ist weit, Salvatore und Marco, die aus Sicherheitsgründen nur mit dem Vornamen genannt werden wollen, beschreiben ihre Rolle so: „Wir haben die gleichen Befugnisse wie die Polizei, mit der wir seit Jahren eine enge Ordnungspartnerschaft pflegen. Nur ohne Waffen und Blaulicht.“ Zu ihrem Bereich gehören unter anderem Personenkontrollen inklusive Ingewahrsamnahme und Durchsuchung, Kontrollen von Fahrzeugen und Fahrern, das Einschreiten bei Ruhestörung sowie die Sicherung und gegebenenfalls Auflösung von Veranstaltungen.

Darüber hinaus beispielsweise die „Schulzuführung“ von Schulschwänzern. Die zählt zu den Aufgaben, die Toto nicht mag. „Früher hast du dich geschämt, heute giltst du als coole Sau, wenn du vom Ordnungsamt zur Schule gebracht wirst“, stellt er ernüchtert fest. Der Wunsch der Ordnungsamtsmitarbeiter: „Ein bisschen mehr Respekt, Verständnis und Anerkennung von der Bevölkerung. Denn wir geben unser Bestes, um zu helfen.“

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