KSI-Eröffnung in Siegburg Musik zu Ehren des heiligen Anno

Siegburg · Das historische Anno-Offizium erklingt zur KSI-Eröffnung in der Abteikirche auf dem Michaelsberg. Aufgeführt wurde es erstmals im 12. Jahrhundert, um die Anno-Verehrung zu fördern. 50 Sängerinnen und Sänger lernten den mittelalterlichen gregorianischen Gesang in einem Workshop.

 50 Workshopteilnehmer proben in der Kirche Sankt Michael unter der Leitung von Dirk van Betteray das Anno-Offizium, das am Sonntag,7. Mai, in der Abteikirche zu hören sein wird.

50 Workshopteilnehmer proben in der Kirche Sankt Michael unter der Leitung von Dirk van Betteray das Anno-Offizium, das am Sonntag,7. Mai, in der Abteikirche zu hören sein wird.

Foto: Paul Kieras

Viele Hundert Jahre wurde das Siegburger Anno-Offizium nicht mehr aufgeführt. Zur Eröffnung des Katholisch-Sozialen Instituts (KSI) ist nun das hochrangige historische Werk nach Hunderten von Jahren erneut auf dem Michaelsberg zu hören. Rund 50 Sänger, davon viele aus Siegburg, beschäftigten sich intensiv in einem Workshops unter der Anleitung eines Experten mit dem Werk.

Ihr Auftritt mit dem Anno-Offizium ist in vieler Hinsicht bemerkenswert. Aufgeführt wurde es erstmals im 12. Jahrhundert, um die Anno-Verehrung zu fördern. Komponiert wurde das Werk vor der Heiligsprechung Annos im Jahr 1183 und gesungen dann wahrscheinlich auch in den Jahren danach – zum Gedenktag Annos, der heute am 5. Dezember gefeiert wird. Die Heiligen-Vita sangen die Siegburger Mönche bei ihrem Stundengebet. Irgendwann geriet das Offizium in Vergessenheit. Völlig zu Unrecht, wie der Verein der Freunde und Förderer des Michaelsberges meinte.

Vorsitzende Andrea Korte-Böger setzte sich für die Siegburger Wiederaufführung ein und singt bei den beiden nun geplanten Siegburger Aufführungen am 7. Mai in Sankt Michael und am 5. Dezember in Sankt Servatius auch selbst mit. „Das war für uns alle eine ganz besondere Erfahrung“, beschreibt sie den Gregorianik-Workshop, an dem die Mitwirkenden ein kompaktes Wochenende lang teilnahmen und in die Welt des 12. Jahrhunderts eintauchten.

Mit den originalen Notenhandschriften aus dem 12. und 15./16. Jahrhundert mussten sie freilich nicht arbeiten. Damit kannte sich der Waldbröler Kirchenmusiker und Liturgiewissenschaftler Dirk van Betteray bestens aus – Betteray „übersetzte“ die Schrift ins 21. Jahrhundert.

Übersetzung aus der Neumen-Handschrift

Zur leichteren Erarbeitung der gregorianischen, einstimmigen Gesänge übersetzte van Betteray die 16-seitige Neumen-Handschrift des Anno-Offiziums in moderne Notation. Neumen notieren keine absolute Tonhöhe. In der Siegburger Handschrift sind aber bereits zwei Notenlinien vorhanden, sodass eine Rekonstruktion der Melodien möglich ist.

Inhaltlich beschreibt die Heiligen-Vita Annos nicht nur die Geschichte von der Abteigründung auf dem Michaelsberg, welche zentrale Bedeutung für Siegburg hat. Die Historie beschreibt auch Annos Jugend, seine Zeit als Kölner Bischof, seinen Tod, das Begräbnis und die Verehrung des Heiligen.

Ein intensives Probenwochenende haben die Siegburger Laien-Sänger mit Verstärkung durch Betterays Kölner „Vokalensemble A Cappella“ und den „Bergischen Scholaren“ zusammen im KSI verbracht. Am Ende des Gregorianik-Workshops stand dann bereits ein erster kompletter Durchlauf in der noch leeren Abtei-Kirche – da ließ sich die klingende Siegburger Lokal-Historie bereits fühlen. Nach einer so langen Aufführungspause lebt diese Tradition nun weiter.

Neuzeitliche Erstaufführung

Als Musik- und Liturgiewissenschaftler hält van Betteray das in mittelalterlicher Neumen-Notation überlieferte Werk, das er in der Düsseldorfer Universitätsbibliothek fand, für hochrangig. „Es steht den berühmten Offizien dieser Zeit, etwa dem Ludgerius-Offizium in Essen-Werden und dem Karls-Offizium in Aachen in nichts nach. Musikalisch sind diese Offizien des 12. Jahrhunderts in vergleichbarem Stil verfasst“, erläutert van Betteray. Anfragen hat er dazu bereits aus Ottawa/Kanada, wo sich eine Forschungsstelle für Heiligen-Offizien befindet. Deshalb plant er in Kürze eine Buchveröffentlichung mit der Herausgabe des Siegburger Anno-Offiziums. Doch nun steht zum Einzug KSI auf dem Michaelsberg erst einmal die neuzeitliche Erstaufführung an. Da sich das Gesamtoffizium in originalem Ablauf über einen ganzen liturgischen Tag einschließlich des Vorabends und der Nacht erstrecken würde, kann im Konzert natürlich nur eine Auswahl der Gesänge erklingen.

Die Übergabe dieses klingenden Geschenks, das der Freundeskreis und das KSI den Siegburger Gästen auf dem Michaelsberg am Sonntag, 7. Mai, machen, beginnt um 16 Uhr in der Abteikirche. Während die Gesänge im lateinischen Original erklingen, liest Rezitator Ulrich Hein die passenden Zwischentexte aus der lateinischen Übersetzung von Mauritius Mittler.

Erklingen werden auch Chorsätze von zwei weiteren gebürtigen Siegburger Komponisten: Engelbert Humperdincks „Benedictus“ und ein „Ave verum“ aus der Feder Joseph Mohrs, sowie sein berühmtes „Ein Haus voll Glorie schauet.“

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