Schwerer sexueller Missbrauch in Windeck Mutter dreier Kinder wegen Beihilfe vor Gericht

Siegburg · Eine Mutter soll gewusst haben, dass sich ihr Ex-Mann über einen langen Zeitraum an ihrer ältesten Tochter verging. Der Mann wurde bereits zu elf Jahren Gefängnis verurteilt.

Aus Angst, die Familie zu zerstören, ist die angeklagte Mutter ihrem Verdacht nie nachgegangen.

Aus Angst, die Familie zu zerstören, ist die angeklagte Mutter ihrem Verdacht nie nachgegangen.

Foto: dpa/Peter Steffen

Es geht um schweren sexuellen Missbrauch in 30 sowie sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener in weiteren neun Fällen: Wegen dieser schweren Verbrechen war ein heute 36-jähriger Kraftfahrer aus Windeck bereits vor zwei Jahren zu einer Haftstrafe von elf Jahren verurteilt worden. Seit diesem Mittwoch steht nun auch die leibliche Mutter der drei missbrauchten Kinder wegen Beihilfe vor Gericht. Sie soll schon deutlich früher von den Übergriffen ihres damaligen Mannes auf ihre älteste Tochter gewusst haben, als sie bei ihrer polizeilichen Vernehmung angegeben hatte.

Aufgekommen waren die Vorwürfe, nachdem die Ermittler ein Tagebuch der Angeklagten ausgewertet hatten. Die Mutter der Opfer hatte sich, nachdem der jahrelange Missbrauch ans Licht gekommen war, in stationäre psychiatrische Behandlung begeben und ihre Halbschwester gebeten, das zeitweise von ihr mitbewohnte Familiendomizil aufzuräumen. Dabei stieß die Frau auch auf das Tagebuch ihrer Halbschwester und übergab es nach eingehender Lektüre der Polizei. In dem Heft soll die Mutter mehrere auffällige Situationen notiert haben; sie schrieb von Sorgen und Bedenken, die sie gehegt habe. In einem Fall ging es um eine Beobachtung in der Umkleidekabine eines Schwimmbads, in der sie ihre damals erst zehnjährige Tochter mit ihrem Mann in einer als verfänglich empfundenen Situation beobachtet hatte. Ihr Mann habe ihr die Situation aber erklären können, sagte die Frau am ersten Verhandlungstag unter Tränen aus. Auch ihre Tochter habe abgestritten, dass ihr Stiefvater sich übergriffig verhalten hätte. Wäre sie sich sicher gewesen, dass es zum Missbrauch gekommen war, hätte sie ihre Kinder „so einem Monster“ niemals anvertraut, fuhr sie fort.

Missbrauch war Teil des Alltags

Auch die Richter, die den Täter im Februar 2021 ins Gefängnis schickten, waren damals schockiert von der Schwere und Dauer des Missbrauchs: „Die gesamte Familie ist durch den jahrelangen Missbrauch gezeichnet“, hatte der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen seinerzeit in der Urteilsbegründung gesagt. Die erste Tat geschah bereits im Jahr 2012 und die Kinder berichteten, dass der Missbrauch Teil ihres Alltags gewesen sei. Es habe eine Vielzahl von Taten gegeben und teilweise seien die Übergriffe extrem brutal gewesen, stellte das Gericht bei der Verurteilung vor zwei Jahren fest. In der Frage, ob Mädchen oder Junge sei der Täter genau so wenig wählerisch gewesen, wie bei den Tatorten. Die drei Opfer, ein zu Tatbeginn maximal fünfjähriger Sohn seiner Ehefrau, sowie deren sieben-, und neunjährige Töchter aus einer vorangegangenen Beziehung mussten die Taten an den unterschiedlichsten Orten über sich ergehen lassen: In der Wohnung, auf dem Spielplatz, in einer Campinghütte, im Wald oder sogar im Führerhaus seines Lkw; fast überall fand der Verurteilte Gelegenheiten, seine Stiefkinder zu missbrauchen.

Erst im Juli 2020 wandte sich die Mutter an die Polizei. Sie hatte ihren Mann auf frischer Tat ertappt, nachdem sie eines Morgens früher als geplant vom Brötchenholen zurückkam, stellte das Gericht bei dem Prozess vor zwei Jahren fest. Die nun Angeklagte gab seinerzeit an, von den weiteren Taten erst durch die folgenden Gespräche mit ihren Kindern erfahren zu haben. Vor Gericht äußerte sie sich aber widersprüchlich: Sie habe sich in einem Dilemma befunden. Einerseits habe sie durchaus befürchtet, dass ihre ältere Tochter von ihrem Mann missbraucht werden könnte. Aus Angst, ihre Familie zu zerstören sei sie dem Verdacht aber nie weiter nachgegangen.

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