Zukunft der Siegburger Sprechdachse Neue Hoffnung für die Förder-Kita

Siegburg · Der Kreisausschuss für Inklusion signalisiert Unterstützung für den Fortbestand des Sprachheilkindergartens. Gleichwohl ist die Zukunft der Einrichtung nur bis 2020 gesichert. Der Landschaftsverband will finanzielle Mittel streichen.

Mitarbeiter und Eltern von Kindern im Sprachheilkindergarten „Sprechdachse“ dürfen seit Donnerstag neue Hoffnung schöpfen. Die Mitglieder des Ausschusses für Inklusion und Gesundheit des Rhein-Sieg-Kreises bekundeten fraktionsübergreifend Zustimmung für den Fortbestand des in Siegburg ansässigen Kindergartens des Rhein-Sieg-Kreises. Achim Tüttenberg (SPD) stieß gar Überlegungen an, weitere Sprachheilkindergärten nach Vorbild der „Sprechdachse“ im Kreisgebiet zu schaffen. „Ich denke, dass 95 Prozent hier im Raum von der speziellen Sprachförderung überzeugt sind. Wir sollten nicht schließen, sondern ausbauen“, sagte Christina Trück (FDP).

Die Finanzierung des Sprachheilkindergartens des Kreises ist unsicher geworden, nachdem der Landschaftsverband Rheinland (LVR) angekündigt hatte, seine Zuschüsse zu überprüfen. Bislang hat der LVR den Kindergarten mit rund 70 Prozent der finanziellen Aufwendungen unterstützt. Auf Initiative der CDU konnte der Fortbestand der Sprechdachse zumindest bis 2020 gesichert werden. „Spezialeinrichtungen sind ganz sicher ein Auslaufmodell“, sagte LVR-Jugenddezernent Lorenz Bahr-Hedemann mit Blick auf das 2018 in Kraft tretende Bundesteilhabegesetz. In Zukunft soll der Regelkindergarten Ort der Leistungserbringung sein.

Zudem entsprächen die Räume des Sprachheilkindergartens nicht mehr den modernen Anforderungen an die Betreuung. Gleichzeitig räumte Bahr-Hedemann ein: „Wir wissen noch nicht genau, wann, wo und wie Inklusion gelingt – liegt es am Engagement der Akteure oder der Eltern, an den sozio-ökonomischen Bedingungen in den Stadtteilen oder an anderen weichen Faktoren.“

Erste Ergebnisse erst 2018 zu erwarten

Fachleute aus der medizinischer und therapeutischer Praxis, die dem Ausschuss ebenfalls Bericht erstatteten, widersprachen Bahr-Hedeman. Gerade bei schweren Sprachstörungen sei ein Sprachheilkindergarten unverzichtbare Therapieform, erklärte Urban Kiwit, Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums an der Sankt Augustiner Asklepios Klinik. Laut Logopädin Ulrike Flammann aus Lohmar sei eine gezielte Therapie in Regelkindergärten allein aufgrund der Gruppengröße nicht zu leisten. Und auch in integrativen Einrichtungen sei die gezielte Therapie schwer sprachgestörter Kinder nicht gewährleistet, aufgrund weiterer Förderschwerpunkte, die dort gesetzt werden müssen. Diese Ansicht bestätigte Petra Opschondek, Leiterin der Integrativen Kindertagesstätte Kinderburg Veronika Keller in Siegburg.

„Ich kann nicht verstehen, wie man von einem Auslaufmodell sprechen kann, wenn man noch keinen alternative Förderplan für diese Kinder vorweisen kann“, kritisierte Ausschussvorsitzende Bettina Bähr-Losse (SPD) den Standpunkt des LVR. Bahr-Hedemann erklärte, die Uni Siegen sei beauftragt worden, die Faktoren für gelingende Inklusion umfassend zu erheben. Erste Ergebnisse seien allerdings erst 2018 zu erwarten.

Eltern wie Sabine Nelles würden bis dahin im Ungewissen gelassen, so Bähr-Losse. Nelles berichtete dem Ausschuss als Elternsprecherin des Sprachheilkindergartens. Dank der „Sprechdachse“ habe ihr Sohn eine schwere Sprachstörung überwinden können und jetzt sein erstes Zeugnis an der Regelschule erhalten.

Bedarf an Sprachförderung ist immens

Der Bedarf an Sprachförderung und -therapie im Rhein-Sieg-Kreis sei immens, sagte Martina Schäfer, Leiterin des Sprachheilkindergartens. Lediglich in Eitorf gebe es eine vergleichbare Einrichtung in privater Trägerschaft. Längst reichten die Räume, die den „Sprechdachsen“ zu Verfügung stehen, nicht mehr aus. Wie groß der Bedarf an entsprechenden Kitaplätzen für schwer sprachgestörte Kinder im Rhein-Sieg-Kreis tatsächlich ist, soll jetzt die Kreisverwaltung prüfen. Ausschussmitglieder kritisierten die bisherigen Auskünfte der Jugendämter der Kreiskommunen als unzureichend.

„Wir sind in laufenden Verhandlungen mit dem LVR“, sagte Kreisdirektorin Annerose Heinze zur finanziellen Zukunft des Sprachheilkindergartens in Siegburg. „Es gibt eine breite Palette an Möglichkeiten, die wir als Verwaltung für möglich halten, und dann muss die Politik entscheiden, was gemacht werden und wie es finanziert werden soll“, so Heinze weiter.

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