Schienenverkehr im Rhein-Sieg-Kreis Neue Stadtbahn zwischen Köln und Beuel ist möglich

Rhein-Sieg-Kreis · Die Idee einer rechtsrheinischen Stadtbahn von Beuel über Niederkassel bis Köln nimmt konkrete Züge an. Gutachter stellen Machbarkeitsstudie vor. Die Fahrzeiten zwischen Niederkassel, Köln und Bonn könnten sich erheblich verringern.

Lange galt sie als planungspolitisches Phantom, als Gedankenspiel, das doch nie Realität wird: die rechtsrheinische Stadtbahn von Beuel über Niederkassel bis Köln. Doch nun nimmt die Idee konkrete Züge an. Es liegt eine neue Machbarkeitsstudie vor. Vorgestellt wird sie am Mittwoch in der gemeinsamen Sitzung der Planungs- und Verkehrsausschüsse des Rhein-Sieg-Kreises und der Stadt Bonn. Die Strecke müsste nur zum Teil neu gebaut werden, da das Gleis des „Rhabarberschlittens“ noch vorhanden ist. Dort fuhr bis 1965 die Bahn Siegburg-Zündorf, heute sieht man dort nur noch sporadisch Güterzüge der Evonik.

Bereits in den 90er Jahren gab es Untersuchungen zur Anbindung Niederkassels an Bonn oder Köln. Jedoch mündeten sie nicht in Planungen. Diesmal ist der Ansatz ganzheitlicher: Niederkassel soll ins Stadtbahnnetz beider Nachbarn integriert werden, wobei die geplante Rheinbrücke bei Wesseling neue Optionen bietet. „Niederkassel hat inzwischen 40 000 Einwohner. Es ist die einzige Kreis-Kommune dieser Größenordnung, die keinen Bahnanschluss hat“, sagt Hermann Tengler, Chef der Strategischen Kreisentwicklung. „Wir wollen alles dafür tun, dass wir mehr Pendler vom Auto auf die Schiene bekommen.“ Bislang ist der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Niederkassel auf Busse beschränkt, und die sind oft überfüllt.

In 25 Minuten am Kölner Dom

Die Studie, die vom Kreis in Auftrag gegeben und vom Ingenieurbüro Vössing erstellt wurde, behandelt zunächst nur technische Fragen. Wird die Stadtbahn – von Beuel aus kommend – im Norden mit der KVB-Linie 7 in Köln-Zündorf verbunden? Oder kann sie über die neue Rheinbrücke und Godorf ins Kölner Netz geführt werden? Letzteres würden die Gutachter vorziehen: Denn damit würde sich die Fahrtzeit zwischen dem Niederkasseler Norden und Köln von 50 auf 25 Minuten halbieren. Niederkassel ließe sich so auch ins Hochflursystem integrieren. Heißt: Es könnten dort dieselben Stadtbahnwagen rollen, wie sie in Köln und Bonn unterwegs sind – etwa auf der Linie 66.

Die Verknüpfung mit Zündorf hätte den Vorteil, dass man nicht vom Neubau der Rheinbrücke abhängig ist. Der Fahrzeitgewinn wäre aber nicht mehr ganz so üppig; außerdem würde Niederkassel dann am Betrieb der Kölner Niederflurbahnen hängen. Die Einbindung ins Bonner Netz ist laut Studie dabei etwas schwieriger.

Knapp 70 Millionen für den Neubau

Die Bahn würde in jedem Falle in Beuel an der Sankt Augustiner Straße auf das Bonner Stadtbahnnetz treffen. Der Abschnitt von Beuel bis zur Trasse des „Rhabarberschlittens“ in Mondorf müsste neu gebaut werden. Die Gutachter gehen davon aus, dass dieser Streckenabschnitt eingleisig auf der Busspur geführt werden kann – auch auf der Siegbrücke und im „Trog“ bei Mondorf. Den Neubau kalkulieren die Gutachter mit knapp 70 Millionen Euro.

Zwischen Mondorf, Rheidt und Lülsdorf kann die Bahn die (bislang nicht elektrifizierte) Strecke des „Rhabarberschlittens“ nutzen. Gleichwohl fallen noch Kosten für Streckenausbau und Haltepunkte an: Die Gutachter rechnen mit rund 58 Millionen Euro. Nördlich von Lülsdorf ist der Weiterbau in Richtung Köln erforderlich. Beziffern lässt sich bislang der Lückenschluss nach Zündorf mit etwa 31,5 Millionen Euro. Lediglich als „optional“ bezeichnen die Gutachter den Ausbau der bestehenden Zweigstrecke des „Rhabarberschlittens“ von Mondorf über Sieglar nach Troisdorf. Dementsprechend wird diese Querverbindung nicht tiefergehend behandelt. Offen ist auch noch, was mit dem Güterverkehr passiert: Schließlich soll das Aufkommen nach dem anstehenden Bau des Containerterminals bei Evonik in Lülsdorf steigen. Die Gutachter verweisen auf den Neubau der Rheinquerung, mit der nördlich von Niederkassel wohl auch eine Schienentrasse entsteht.

Der Bedarf ist vorhanden

Im nächsten Schritt soll die Wirtschaftlichkeit untersucht werden. Tengler: „Wir sind überzeugt, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis sehr gut ausfällt. Unser Ziel ist es, die Strecke im ÖPNV-Bedarfsplan des Landes zu verankern.“ Rainer Bohnet vom Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) ist optimistisch. „Das ist eine faszinierende Geschichte. Stadt und Kreis müssen zusehen, dass sie mit diesem Projekt das Land überzeugen. Es ist aber auch wichtig, die Bürger mitzunehmen.“

Auch der Niederkasseler Beigeordnete Helmut Esch begrüßt die Studie: „Sie bringt zum Ausdruck, dass die Schienenverbindung zwischen Köln und Bonn durch Niederkassel theoretisch möglich ist. Wir können die Flächen für die Gleise und die Haltepunkte zur Verfügung stellen“, sagte er. „Jetzt beginnt die öffentliche Debatte.“

Die Sitzung der Planungs- und Verkehrsausschüsse beginnt am Mittwoch um 16 Uhr im Kreishaus Siegburg, Saal A 1.16.

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