Comedy-Museum Nichts als Irrsinn im Sinn

SIEGBURG · Ein wahres Nonsens-Fest zelebrierten der Siegburger Nito Torres und seine Kollegen René Steinberg, Martin Wangler und Özgür Cebe beim fünften beziehungsweise "siebten" (hört sich laut Torres besser an) Comedy Museum.

 Ein Nonsens-Fest boten (v.l.): Nito Torres, Özgür Cebe, Martin Wangler und René Steinberg.

Ein Nonsens-Fest boten (v.l.): Nito Torres, Özgür Cebe, Martin Wangler und René Steinberg.

Foto: Paul Kieras

Statt der geplanten zwei Stunden wurde von den bestens aufgelegten Kabarettisten trotz verkürzter Pause ein fast dreistündiges Programm geboten, das dem Ritt auf einem Elefanten durch den Porzellanladen des Alltagsirrsinns glich.

Torres führte nicht nur durch den Abend, sondern sorgte als Eisbrecher dafür, dass das Publikum von der ersten Minute an mitging. Den Abend hatte er unter das Motto "Lachen in 4-D" gestellt, die Künstler allesamt als "nicht von hier" angekündigt. Damit jedermann wusste, wo er ist, portraitierte er Siegburg zunächst in einem Lied. Auch einige kleine Boshaftigkeiten versprühte er singend: "Der Bürgermeister, der heißt Huhn, der hat so schrecklich viel zu tun, er legt sonntags mal ein Ei und vor der Wahl gern auch mal zwei."

Dann erzählte er von seiner Rolle als vierfacher Vater. Wie er versucht habe, die Töchter zum gemeinsamen Mittagessen an den Tisch zu bekommen, die eine sich aber lieber mit dem Handy beschäftigte, die nächste zum Klo musste, die dritte über das Essen maulte und die vierte lauthals sang. Als die Zeugen Jehovas vor der Haustür standen und aufgrund des Tohuwabohus fragten, ob sie später noch einmal kommen sollen, fragte Torres sie, ob er nicht mitkommen könne. Nicht nur Elternpaare im Forum des Stadtmuseums hatten da ein Déjà-vu.

René Steinberg, der aus dem Ruhrgebiet stammt, tobte sich am alltäglichen Wahnsinn aus und widmete sich unter anderem den Politikern, die heute "Popstar-Qualitäten besitzen müssen". Und er malte sich aus, wie eine Bundestagsdebatte wohl in einer Musical-Inszenierung aussehen würde - mit Angela Merkel im Chiffon-Brautkleid und Sigmar Gabriel als "Balu der Bär" im Baströckchen.

Steinberg setzte auch den fulminanten Schlusspunkt des Abends. Vor einer imaginären Leiche verkörperte der Mülheimer Til Schweiger und Herbert Grönemeyer ("Da ist kein Leben drin - was soll das?) als neue "Tatort"-Kommissare, schlüpfte dabei in die Rolle von Udo Lindenberg, bezog Helge Schneider ins Geschehen ein und ließ Jürgen von Manger alias Adolf Tegtmeier auferstehen. Die Zuschauer lachten Tränen.

Bei Martin Wangler, der den Wilderer Fidelius Waldvogel in einem Outfit zwischen dem des legendären Schinderhannes und Räuber Hotzenplotz mimte, schauten einige Besucher zunächst etwas skeptisch, was wohl auch am Dialekt des Comedian aus dem Schwarzwald lag. Der zeigte, dass in jedem Mann und in jeder Frau immer noch ein Jäger und Sammler und eben auch ein Wilderer steckt.

Bitterböse und saukomisch schilderte er, dass auch Radfahrer zu seinem Beuteschema gehörten. Und er erzählte, wie er einen Vater von dessen Luxus-Rad geholt habe, während die Mutter auf einem billigen Drei-Gang-Rad mit zwei Kindern im Anhänger hinterherfuhr. "Emanzipation durch Munition", so sein bissiger Kommentar. Das Publikum tobte.

Das Verhältnis von deutschen und ausländischen Mitbürgern nahm der in Bielefeld geborene Kabarettist türkisch-kurdischer Abstammung, Özgür Cebe, mit aberwitziger (Selbst-)Ironie aufs Korn. "Ich bin zwiegespalten, schon morgens beim Rasieren. Ich geb doch keinem Kurden ein Rasiermesser in die Hand!", entrüstete er sich augenzwinkernd. Integration im Kindergarten müsse seiner Meinung anders aussehen: Türkische Kinder sollten nicht mehr "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" singen, sondern "Murat hat den Hans bestohlen, gib das Handy her".

Immer wieder werde er aufgrund seines Aussehens als nicht "vollwertiger" Deutscher angesehen. Und wenn jemand sage, er solle dahin zurückgehen, woher er gekommen sei, denke er: "Nach Bielefeld...?" Es folgte ein Potpourri deutscher Schlager, natürlich mit eigenen Texten. Sanft lächelnd mit einem Engelsgesicht intonierte er zum Beispiel: "Unter der Burka muss die Freiheit wohl grenzenlos sein." Für alle Künstler gab es frenetischen Applaus.

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