Einzelhandel, Museen, Reisebüros Fragen und Verzweiflung wegen Notbremse im Rhein-Sieg-Kreis
Rhein-Sieg-Kreis · Die Notbremse trifft die Einzelhändler, Museumsleiter und Reisebüros in der Region hart. Das Verfahren mit negativen Tests ist noch unklar.
Die Stimmung ist schlecht unter den Einzelhändlern im Rhein-Sieg-Kreis. Ab diesem Donnerstag dürfen sie nur noch Kunden bedienen, die einen negativen Corona-Schnelltest mitbringen. Von Rheinbach über Bad Honnef bis nach Siegburg sind die Händler genervt, berichten von gereizten Kunden und fürchten, dass ab Donnerstag die Läden leer bleiben und die Umsatzeinbußen noch größer werden.
Unterdessen wird der Ansturm auf die 151 Teststationen im Rhein-Sieg-Kreis immer stärker. Bei einigen Teststellen waren für diesen Samstag nur noch sehr wenige Tickets für kostenlose Bürgertests frei. Eine Sprecherin des Kreises betont, dass nur zertifizierte Schnelltests akzeptiert werden.
0,49 Prozent der Tests positiv
Selbsttests dürfen von den Einzelhändlern und Kultureinrichtungen nicht akzeptiert werden. Denn auf der Bestätigung sind nicht nur Name und Adresse, sondern auch der Zeitpunkt des Tests festgehalten. Ausgenommen von der Testpflicht sind Besuche von Lebensmittelgeschäften und Friseure. Diese werden aufgrund einer Sonderbehandlung mit medizinischen Einrichtungen gleichgestellt. Der Kreis hofft auf diese Weise, mehr Menschen zu den Teststationen zu bekommen. In der vergangenen Woche waren von 13.363 Tests immerhin 66 positiv. Das entspreche zwar nur einem Anteil von 0,49 Prozent, aber so könnten Infizierte schneller isoliert werden, hieß es.
Befürchtung: Die Kundschaft bleibt weg
Unterdessen bereiten sich die Einzelhändler auf die neue Situation vor. „Bei uns rufen viele Kunden an, die schnell noch für heute einen Termin wollen“, berichtet Karin Hinz, die zusammen mit ihrem Mann das Bekleidungsgeschäft „Place to be“ in Rheinbach betreibt. „Es war mit den Terminen schon schwierig“, sagt sie.
„Aber jetzt weiß keiner von uns mehr so richtig Bescheid.“ Sie sagt, dass es vielen anderen Geschäftsinhabern in Rheinbach ebenso geht, auf jeden Fall denen, mit denen sie sich täglich über die Situation austausche. Karin Hinz klagt auch über mangelnde Information. Sie wisse beispielsweise nicht, ob auch sie selbst und ihre Mitarbeiter sich testen lassen müssten.
Schlecht informiert fühlt sich auch Christine Piel, die eine Geschenkboutique in Meckenheim hat. „Ich weiß eigentlich gar nicht wirklich, wie das jetzt gehen soll“, sagt sie. Auch sie befürchtet, dass die Kunden weg bleiben, wenn sie sich vorher testen lassen müssen. „Und es ist ja schon jetzt nicht viel los.“
„Viele Geschäftsleute haben langsam auch keine Lust mehr“
Wie das gehen soll, fragt sich auch Sissis Vassiliadis, Vorsitzender des Verkehrsvereins Siegburg. „Wer soll die Tests denn kontrollieren und wie soll man wissen, ob die gefälscht sind oder nicht? Wie sind die Testergebnisse zu dokumentieren? Für mich gibt es da noch viele unbeantwortete Fragen“, erklärt Vassiliadis. Ihm fehlt inzwischen das Verständnis für Maßnahmen. „In einen Supermarkt mit viel mehr Menschen darf man ohne Test, aber in ein Kleidungsgeschäft, in dem nur eine bestimmte Anzahl an Menschen sind, da braucht man einen. Das kann ich nicht nachvollziehen.“
Die Hoffnung, dass nach Ostern alles besser werden würde, sei bei ihm verschwunden. „Viele Geschäftsleute haben langsam auch keine Lust mehr. Für die Händler ist es einfach ein schwerer Schlag und ich weiß nicht, wie wir das nochmal kompensieren sollen. Ich sehe schwarz“, so Vassiliadis. Click & Meet sei besser als Click & Collect, erklärt er, aber es bringe auch nur 35 Prozent des normalen Umsatzes. Mit der Auflage eines negativen Tests steigt bei Vassiliadis die Sorge, dass diese Zahl auch wieder drastisch sinkt.
„Ich sage nur noch: ‚Nerven behalten!’“
Diese Angst teilt Angelina Fonteneau, Filialleiterin vom Schuhgeschäft Snipes in der Kaiserstraße in Siegburg. „Die Leute weigern sich teilweise ja schon, wenn sie den QR-Code scannen sollen, um ihre Daten einzugeben. Wenn sie jetzt noch einen negativen Test brauchen, werden viele nicht mehr kommen und es ist sowieso schon nicht mehr viel los“, erklärt Fonteneau. Auch sie merkt, dass die Menschen immer gereizter werden und die Unsicherheit steigt.
Welche Konsequenzen Notbremse und Schnelltest für das Siebengebirgsmuseum in Königswinter haben, konnte Leiterin Sigrid Lange erst am Mittwochnachmittag konkretisieren. „Wir haben geöffnet für Besucher mit Termin und tagesaktuellem Schnelltest“, sagt sie. Die Möglichkeit, das Museum mit Termin zu besuchen, werde „angenommen, aber verhalten. Wie sich das jetzt weiter entwickelt, müssen wir abwarten.“
Mit Schnelltest oder nicht? Diese Frage war für Frank Dorst vom Reisebüro Rheintourist in Bad Honnef bis Mittwochnachmittag noch immer ungeklärt: „Denn wir sind ja hier auch Paketannahmestelle. Ich versuche, heute noch über das Bürgerbüro des Kreises eine verbindliche Antwort zu erhalten.“ Für ihn laute in diesen Zeiten die Abschiedsformel im Übrigen nicht mehr „Tschüss“ oder „Auf Wiedersehen“. „Ich sage nur noch: ‚Nerven behalten.’“
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