GA-Interview Pater Hermann Bickel: "Halleluja - Simsalabim!"

Siegburg · Seit mehr als 50 Jahren ist Hermann Bickel als Zauberpater unterwegs. Moritz Rosenkranz sprach mit ihm über die Vereinbarkeit von Religion und Magie, Lampenfieber und Routine sowie über fliegende Eichhörnchen.

 Zauberpater Hermann Bickel.

Zauberpater Hermann Bickel.

Foto: Moritz Rosenkranz

Herr Bickel, wann haben Sie eigentlich zuletzt eine Jungfrau zersägt?
Hermann Bickel: Oh, das passiert ganz selten. Wo gibt es denn heutzutage noch eine? (überlegt kurz) So eine scharfe Säge, meine ich.

Aber wenn Sie diese großen Tricks nicht im Programm haben, womit begeistern Sie Ihr Publikum?
Bickel: Eher mit kleineren Zauberkunststücken, die nicht ganz so spektakulär sind. Ich lasse allerdings von Zeit zu Zeit jemanden schweben.

Wow! Aber Sie verraten jetzt nicht, wie das geht, oder?
Bickel: Halleluja - Simsalabim!

Sie haben vor Ihrem Zauberhäuschen "Abraxas" an dem Vogelhäuschen ein Schild angebracht: "Fress- und Flugverbot für Eichhörnchen". Was hat es damit eigentlich auf sich?
Bickel: Das haben mich hier schon viele verwundert gefragt. Ich möchte natürlich die Vögel füttern. Und ich sage Ihnen was: Seit das Schild da hängt, habe ich hier kein Eichhörnchen mehr fliegen sehen. Beim Fressverbot bin ich nachsichtig.

Wirklich erstaunlich! Und das ohne Magie. Wer sind eigentlich abseits der Zauberei Ihre Vorbilder?
Bickel: Vorbilder für mein Leben sind Heilige wie Franz von Assisi, Don Bosco, Arnold Janssen. Vorbilder als Künstler sind Heinz Erhardt und Loriot. Beide haben viel Humor und Wortwitz. Und ich bin in erster Linie ein Sprechzauberer.

Was heißt das?
Bickel: Ich verzaubere die Menschen gerne mit lustigen Sprüchen, mit Gags und Kalauern. Waren Sie eigentlich mal in Hongkong?

Nein.
Bickel: Dann müssten Sie meinen Bruder kennen, der war nämlich auch noch nie da.

Haha! Zurück zur Zauberei: Wie passen Magie und Religion zusammen?
Bickel: Beides hat entscheidende Elemente gemeinsam: Freude, Staunen, Verwandlung, Veränderung. Als Priester lebe ich aus der Freude der österlichen Glaubenshoffnung. Als Zauberkünstler versuche ich, diese meine Freude weiterzugeben, gemäß meinem Motto: "Es macht Freude, Freude zu machen. Es ist gesund, sich krankzulachen."

Gibt es Grenzen, die Sie nicht überschreiten sollten?
Bickel: Für die Zuschauer muss klar bleiben: Auf der Bühne bin ich ganz Zauberkünstler und "verwandle" durch Täuschung. Das ist nicht gleichzusetzen mit der Verwandlung in der Eucharistie - als Priester täusche ich nicht. Ferner werden freiwillige Assistenten beim Zaubern nie bloßgestellt. Auch die Vortäuschung übersinnlicher Kräfte wäre für mich eine Grenzüberschreitung.

Begegnen Ihnen manche Menschen auch kritisch bei dem, was sie machen?
Bickel: Das kommt in Ausnahmefällen vor, weil manche die Wörter "Zaubern" oder "Magie" mit Hexen und Dämonen in Verbindung bringen. Viele Leute denken auch schnell an "schwarze Magie". Deswegen sage ich: Ich mache "bunte" Magie der Unterhaltung. Wichtig ist dabei: Ich betrüge nicht, ich täusche. Ich bezeichne mich als Entertainer.

Und Ihre Tricks verraten Sie keinem?
Bickel: Richtig. Erstens verbietet mir das meine Mitgliedschaft im Magischen Zirkel von Deutschland. Und zweitens: Wenn einer weiß, wie die Täuschung funktioniert, ist er ent-täuscht und nicht verzaubert.

Sie fahren zu bis zu 100 Auftritten pro Jahr. Was machen Sie eigentlich mit den Gagen?
Bickel: Statt Gage oder Honorar erbitte ich Spenden. Dafür kann es auch Spendenquittungen geben. Das Geld geht meist an soziale Projekte der Steyler Missionare. So unterstütze ich etwa 30 Missionare rund um den Globus.

Haben Sie eigentlich einen Manager bei dem Aufwand?
Bickel: Nein, das mache ich alles selbst: Terminabsprache, Korrespondenz, Anfahrt, Auf- und Abbau der Zauberrequisiten. Aber der Aufwand ist es wert, kann ich doch die Freude in strahlenden Gesichtern bei Jung und Alt spüren, wenn ich, wie neulich, für Erstkommunionkinder zaubere, deren Eltern mich bereits bei ihrer eigenen Erstkommunion erlebt haben und die sich noch gut an meine Auftritte erinnern.

Das heißt, Sie haben Fans?
Bickel: Viele kommen auf mich zu und können sich genau erinnern, was ich ihnen vor Jahrzehnten vorgezaubert habe. Durch die 45 Fernsehauftritte habe ich einen gewissen Bekanntheitsgrad.

Haben Sie bei so viel Erfahrung denn überhaupt noch Lampenfieber?
Bickel: Immer! Das ist ein Zeichen, dass ich das Publikum ernst nehme. Hätte ich kein Lampenfieber mehr, wäre es nur Routine und auch für mich langweilig.

Sie sind bald 75 Jahre alt. Wie lange zaubern Sie noch?
Bickel: Das weiß ich noch nicht. Vorläufig noch so lange, wie es mir gesundheitlich möglich ist, es mir Spaß macht und die Leute mich einladen.

Abschließend: Haben Sie eigentlich schon einmal Ärger bekommen, weil Sie sich flapsig über die Kirche geäußert haben?
Bickel: Als "Missio-Narr" habe ich eine gewisse Narrenfreiheit. Da kann ich mir erlauben, mich selber und meine liebe Kirche hin und wieder spitzbübisch und selbstironisch auf den Arm zu nehmen. Aber natürlich mit Fingerspitzengefühl.Wer gar keinen Spaß vertragen kann, ist vielleicht nicht ganz ernst zu nehmen.

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