Ausstellung im Siegburger Stadtmuseum Poetische Bilder hinter Glas

Siegburg · Stephen Cone Weeks verbindet kunstvoll das Zeichnen und die Glasmalerei. Die Werke des in Düsseldorf lebenden Künstlers sind im Stadtmuseum zu sehen.

 Bis zu acht Schichten bildet Stephan Cone Weeks hintereinander und gibt seinen Bildern damit eine geheimnisvolle Tiefe.

Bis zu acht Schichten bildet Stephan Cone Weeks hintereinander und gibt seinen Bildern damit eine geheimnisvolle Tiefe.

Foto: Susanne Haase-Mühlbauer

„Scherben bringen Glück“ heißt es im Volksmund, doch jeder, der mit zerbrechlichem Material arbeitet, wünscht sich, von ungewollten Bruchstellen verschont zu bleiben. Für Stephen Cone Weeks stand die tausendfache Zerlegung einer gläsernen „Leinwand“ am Anfang seiner Karriere als Glasmaler. Der Schrecken war erstmal groß. „Damals war ich in der Ausbildung“, sagt Weeks, der aber rückblickend erkennt, dass ihm diese Scherben Glück gebracht haben. Denn erst nach der Ausbildung und einem anschließenden Bachelorabschluss in Zeichnen und Lithografie an der Universität von Windsor sowie einem DAAD-Stipendium zum Studium an der Kunstakademie Düsseldorf führte er seine beiden Leidenschaften zusammen: Seit 1997 zeichnet er auf Glas.

Seine Arbeiten auf Glas zeigt er seit Sonntag im Siegburger Stadtmuseum. 14 Kilogramm wiegt eine einzige Scheibe, die der Künstler in ihre Bodenhalterung beim Aufbau seiner Ausstellung einfügte. Die Kraftanstrengung gehört zu seinem „Tagesgeschäft“, denn auch in seinem Düsseldorfer Atelier hält er die Scheiben ständig in Bewegung. Mal wird die mittlere Scheibe bearbeitet, mal ihre Vorgängerin. Gearbeitet wird intuitiv und nicht „der Reihe nach“. Und so beginnt Cone Weeks seine Werke in der Mitte. Mindestens zwei, am liebsten aber acht Scheiben bearbeitet der in England geborene Enkelsohn des amerikanischen Malers Marvin Cone (1891-1965) zeichnerisch.

Die Spachtelmasse, die er mit Farben durchmischt und überarbeitet, haftet fest an jeder Schicht seiner Glasbilder. Nach und nach baut sich ein vielschichtiges Werk auf. Es ergibt sich eine Tiefe in der Bilderfolge aus Einzelschichten, die an polyphone Musik erinnert: Jede Einzelstimme hat hier ihren Wert, denn sie steuert ihren Anteil zum gesamten Klangbild bei. Der Betrachter erblickt diesen Gesamtklang der zarten Motive, die sich hinter Glas auch inhaltlich zu einem im Wortsinn „vielschichtigen“ Gesamtwerk übereinanderfinden.

Mit der demütigen Erkenntnis, dass das gesamte Leben zerbrechlich ist fügt Cone Weeks die letzte Schicht als eine unbearbeitete Glasscheibe vor seine zeichnerisch bearbeiteten Einzelscheiben. Es ist eine Schutzschicht, die den Abstand wahrt und wie bei einer Glasvitrine den Wert des Objekts hinter Glas einmal mehr betont. Diese „Vitrinenhaftigkeit“ kann man bei der Siegburger Schau bereits beim Betreten der Ausstellung erkennen. In einem gut vier Quadratmeter großen, nicht betretbaren Raum aus Glas zeigt Cone Weeks seine Modelle.

 In einer schützenden Vitrine (l.) hat Stephen Cone Weeks die Modelle vereint, die er auf seine Glasscheiben zeichnet.

In einer schützenden Vitrine (l.) hat Stephen Cone Weeks die Modelle vereint, die er auf seine Glasscheiben zeichnet.

Foto: Susanne Haase-Mühlbauer

Eine kleine, schutzbedürftige Ente, ein paar Porzellanfiguren aus der Meißener Manufaktur, ein abgelegter Kleiderbügel, zwei Bäume aus dem Spielzeugkasten – was sich auf dem Tisch angehäuft hat, scheint wie die unaufgeräumte Ecke eines Raumes. Warum er diese Dinge als Modelle zusammengefügt hat? Dazu schnippt Cone Weeks nur mit den Fingern und sagt: „Es hat einfach etwas mit mir gemacht, als ich diese Dinge gesehen habe.“ Und diese Dinge harren nun in ihrer überdimensionalen Vitrine einer künstlerischen Bearbeitung. Wie Schneewittchen im gläsernen Sarg bietet der Glasraum dem Künstler die Möglichkeit, den Blick auf die Schönheit zu werfen und die Dinge auf seinen Glasscheiben zeichnerisch wachzuküssen, um damit ihre zarte, poetische Aussage zu hinterfragen.

„Wovon wird der Schafträger getragen, der sich auf seinen Hirtenstab stützt?“ Diese Frage stellte sich Stephen Cone Weeks etwa bei der Betrachtung einer alten Hirtenfigur aus einem Krippenspiel und schnell war ihm klar, dass er „ganz bestimmt nicht von dem Stab“ getragen werde. „Was ihn eigentlich trägt, ist nicht der Stock, sondern das, was ihm Sinn gibt.“ Und dieser Sinn bestehe darin, das Schaf zu tragen und zu schützen.“

„Was uns trägt“ ist nun einer von zwei Teilen des Ausstellungstitels, unter dem der Künstler seine Arbeiten in Siegburg zeigt. Den anderen Teil des Titels formuliert Cone Weeks, der in England geboren wurde und in Kanada, den USA und in Deutschland aufwuchs, in Englisch: „The place you can’t get to“. Hinter dem Platz, zu dem Du nicht gelangen kannst, verbirgt sich eine Art Sehnsuchtsort des Künstlers. Sein zeichnerisches Schaffen auf Glas sei wie das „Feuer, dessen Licht bis in den tiefen Wald hineinleuchtet.“

Stephen Cone Weeks Ausstellung „Was uns trägt – The place you can’t get to“ läuft bis zum 24.Oktober im Siegburger Stadtmuseum, Markt 46. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

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