Jahresfinale im Rhein-Sieg-Forum Poetry-Slamer wettstreiten in Siegburg unter 2G+-Bedingungen

Siegburg · Das Poetry Slam Jahresfinale „Mutanfall“ im Siegburger Rhein-Sieg-Forum gewinnt Julius Esser mit poetischen Einblicken in den inneren Udo Lindenberg.

 Da ist das Ding: Der Brühler Poetry-Slammer Julius Esser sichert sich den Sieg im Jahresfinale in Siegburg.

Da ist das Ding: Der Brühler Poetry-Slammer Julius Esser sichert sich den Sieg im Jahresfinale in Siegburg.

Foto: Stefan János Wágner

Zwei Anläufe waren schon gescheitert, beim dritten Versuch ist es nun endlich gelungen, den Jahressieger 2019 der Siegburger Poetry-Slam-Reihe „Mutanfall“ zu ermittel und auch zu küren. Die Kultuveranstaltung fand am Samstagabend unter strengen Corona-Auflagen im Rhein-Sieg-Forum statt. Nur, wer geimpft, genesen und getestet war, durfte rein. Verkauft wurden im Vorfeld 501 Karten, gekommen sind am Ende davon aber nur zwei Drittel. Dennoch brandete Julius Esser großer Applaus entgegen, als ihm Bürgermeister Stefan Rosemann den unter Poeten begehrten Pokal überreichte, ein in Beton gegossenes „E“.

Moderator Mario el Toro erläuterte dem Publikum, wie es zu dem „E“ kam: Begonnen hatte der Poeten-Wettstreit vor Jahren mit einem „A“. Am Ende eines jeden Jahres treten nämlich die Poeten, die in den Slams des Jahres ihr Publikum überzeugt haben, noch einmal gegeneinander an, um den Jahressieger zu ermitteln. Für den gibt es dann den Pokal. Das „E“ hätte bereits 2019 vergeben werden sollen, doch zwei Jahre musste die Veranstaltung pandemiebedingt mehrfach verschoben werden. Gewinner Esser witzelte bei der Verleihung: „Jetzt hab’ ich endlich ein Weihnachtsgeschenk für meine Frau. Die heißt Eva!“

48 Punkte für die Weihnachtsgeschichte

Mit seiner kuriosen Fassung der Weihnachtsgeschichte, transformiert in die Neuzeit, Titel: „Der Hipster von Bethlehem“, erntete er viele Lacher. Gelacht wurde tatsächlich viel während der zweieinhalbstündigen literarischen Veranstaltung. Die Regeln: Vorgetragen werden muss ein selbst verfasster Text, Länge des Vortrags nicht über sechs Minuten, keine Verkleidung. Sieben Juroren konnten bis zu insgesamt 50 Punkten vergeben: Der Brühler Esser schaffte 48.

Der Kölner Slamer Lennard Rosar wartete mit einer kunstfertigen Beschreibung über das Gebahren beim Finanzamt auf. Die einzige Slammerin des Abends war Eva-Lisa Finzi, eine Deutschlehrerin aus Dortmund. Ihren Text über das Geschehen rund um die Geburt eines Kindes mit einer Vielzahl kulinarischer Köstlichkeiten, die zur Kindstaufe serviert werden, trug sie auswendig in Reimen vor.

„Der Käptn“ parodierte das Single-Dasein von Vierzigjährigen in einer Partnerschaftsbörse. Lasse Samström konterte mit „Schüttelprosa“. Dazu der Künstler: „Wer da nicht lacht, lügt!“ Eine kurze Sequenz: „Mein Weltbild, bellt wild“. Der Frankfurter Jan König warb für „Rent a Rentner“ – die billige Arbeitskraft für jede Lebenslage. Als Drittplazierter durfte er nach der Pause im Finale ein weiteres Mal antreten, jetzt wählte er, sehr wortgewaltig, Holz als Thema. Lenny Felling aus Mainz, mit 44 Punkten in der Wertung Zweitbester, warb für sein Buch „Das kleine Buch für große Außenseiter“ und sprach über Schönheitsideale. Der Finalist reihte in seinem Beitrag im Finale 100 Musiker und Bandnamen kunstvoll aneinander: „Madonna´t es, ma´nich´!“

Zwei musikalische Einlagen steuerte Viktoria Burkhardt, Singer-Songwriterin aus Köln, bei. Untertitelt ist das Jahresfinale mit „Mutanfall“ – Mut haben müssen die Texter in der Tat, um vor großem Publikum ihr Bestes zu geben.

Letztlich überzeugt hat Julius Esser mit seinem brillanten Udo Lindenberg Imitat vom „Inneren Udo“. Aber auch Jan Delay kann er, Textvortrag im Rapper-Stil, vielseitig, witzig und sympathisch.

„Es ist irre, was wir hier heute Abend gehört haben“, fasste Bürgermeister Rosemann zusammen und lobte gleichsam die Disziplin des Publikums: „Kunst und Kultur haben wir sehr vermisst“.

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