PIK-Stationen für den Rhein-Sieg-Kreis Registrierungsaktion für ukrainische Flüchtlinge

Rhein-Sieg-Kreis · Der Rhein-Sieg-Kreis hat eine umfangreiche Registrierungsaktion gestartet. Das Land stellt dafür für die Dauer von drei Wochen sogenannte PIK-Stationen (Personalisierungsinfrastrukturkomponente) zur Verfügung. Wir haben uns die Abläufe angeschaut.

 An der PIK-Station: Lena aus Charkow mit den Kindern Ester und Elina sowie die Mitarbeiter Christoph Rothenwöhrer und André Pavel.

An der PIK-Station: Lena aus Charkow mit den Kindern Ester und Elina sowie die Mitarbeiter Christoph Rothenwöhrer und André Pavel.

Foto: Dylan Cem Akalin

„Geht bei dir die Pass-ID durch?“, ruft der Kollege von der Nachbarwabe rüber zu André Pavel. Der schüttelt nur stumm den Kopf. So richtig rund laufen die neuen fünf sogenannten PIK-Stationen (Personalisierungsinfrastrukturkomponente) noch nicht, die das Land dem Rhein-Sieg-Kreis für eine dreiwöchige Registrierungsaktion für Flüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung gestellt hat. Am Montagnachmittag hat die erste Schicht im Raum Rhein ihre Arbeit aufgenommen. Da gab es schon eine landesweite Netzüberlastung. Dennoch konnten 20 Flüchtlinge registriert werden, am Dienstag waren es 65. In drei Wochen sollen gut 2000 Menschen erkennungsdienstlich erfasst sein, hoffen Gabriele Neugebauer, Leiterin des Rechts- und Ordnungsamtes des Rhein-Sieg-Kreises, und die Leiterin der neuen Sachgruppe Registrierungsaktion Ann-Kathrin Rother, die mit Landrat Sebastian Schuster und Michael Rudersdorf, Dezernent für Recht und Ordnung, am Dienstagnachmittag die Aktion im Siegburger Kreishaus vorstellten.

Vor dem Eingang zum Kreishaus hat das Technische Hilfswerk (THW) ein Zelt aufgebaut, wo sich die Menschen bei Bedarf reinsetzen können, auch eine Impfstation steht für die Geflüchteten bereit. Im Foyer gibt es einen weiteren Wartebereich. An den fünf abgetrennten Arbeitsplätzen sitzen jeweils zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zur Registrierung werden zunächst die Daten aus den Reisepässen mit den Einwohnermeldedaten der Kommunen abgeglichen. Die Städte und Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises – alle bis auf Troisdorf, das eine eigene Ausländerbehörde hat und die Registrierung selbst vornimmt – nehmen die erste Anmeldung der Menschen vor und haben auch die Termine für die Registrierung mit den Betroffenen vereinbart.

Jede Kommune bekommt feste Zeiten beziehungsweise Tage, an denen sie die bei ihnen lebenden Flüchtlinge registrieren lassen kann. Sie richten auch Bus-Shuttles nach Siegburg ein. Kommunen wie Sankt Augustin begleiten die Menschen mit der Bahn nach Siegburg. Wenn die Daten abgeglichen sind, werden Fotos gemacht und Fingerabdrücke abgenommen. Alle biometrischen Daten werden in das System aufgenommen. Jede Registrierung dauert etwa eine halbe Stunde – „wenn es gut läuft“, so Neugebauer.

Rund 3700 Flüchtlinge im Kreis

Erfasst werden Flüchtlinge ab dem Alter von sechs Jahren. Die aufgenommenen Daten werden zentral im sogenannten Ausländerzentralregister gespeichert. Zugriff auf diese Daten haben später alle öffentlichen Stellen in dem Umfang, den sie für ihre jeweiligen Aufgabenbereiche benötigen. Unter anderem werden die neu aufgenommenen Daten mit bereits vorhandenen Daten des Ausländerzentralregisters sowie den Daten des Bundeskriminalamtes abgeglichen.

Offiziell weiß der Kreis von rund 3700 Flüchtlingen aus der Ukraine, die sich im Rhein-Sieg-Kreis aufhalten. „Die Dunkelziffer wird aber viel höher sein“, vermutet der Landrat, weil viele privat untergekommen seien und sich 90 Tage ohne Visum in Deutschland aufhalten könnten. „Die Menschen melden sich vor allem dann, wenn es um Leistungen, eine Arbeitserlaubnis oder die Einschulung von Kindern geht“, so Rudersdorf. Erst mit der Aufenthaltserlaubnis beziehungsweise der sogenannten Fiktionsbescheinigung kann ein Bankkonto eröffnet, eine Wohnung angemietet und eine Arbeit aufgenommen werden.

Grundsätzlich müssen alle Personen, die aus der Ukraine kommen und eine Aufenthaltserlaubnis nach Paragraph 24 des Aufenthaltsgesetzes beantragen, vollständig registriert werden. Dies geschieht in der Regel durch die Bundes- oder Länderpolizei an diesen PIK-Stationen, Mitarbeitende des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den Außenstellen und Ankunftszentren oder Mitarbeitende der Länder in Aufnahmeeinrichtungen, Ausländerbehörden und Ankunftszentren.

Geflohen aus Charkow

Inzwischen hat Lena, die am 11. März mit ihren sechs- und siebenjährigen Töchtern aus Charkow geflohen ist, an der PIK-Station von Christoph Rothenwöhrer und André Pavel Platz genommen. Englisch spricht die Frau nicht, daher hilft Irina Schmidt. Sie ist eine der ehrenamtlichen Sprachassistentinnen, die die Menschen an der Registrierungshilfe unterstützen. „Ich habe einen Aufruf gelesen und mich gleich gemeldet. Ich wollte einfach helfen“, sagt sie. Nach einer Onlineeinführung konnte sie gleich eingesetzt werden.

„Die Menschen sind alle unglaublich geduldig“, sagt Christoph Rothenwöhrer. „Wenn man bedenkt, was sie alles schon durchgemacht haben, ist es erstaunlich wie gelassen und freundlich sie bleiben, auch wenn es hier mal etwas länger dauert.“ Das Gerät zum Fingerabdruckscannen ist zum Beispiel solch ein Fall: Da muss der Druck genau stimmen, und auch das Fenster darf nicht überschritten werden, sonst muss man alles wieder von vorne anfangen.

Jeden Tag Registrierung möglich

Eine komplette Registrierung ist nur über eine PIK-Station möglich. Die Ausländerbehörde hat zwar eine eigene, die ist aber derzeit außer Betrieb, weil sie noch an ein anderes System angebunden ist. Die Registrierungsaktion läuft bis zum 15. Mai täglich (auch samstags und sonntags) von 7.30 bis 20.30 Uhr. Gearbeitet wird im Zwei-Schicht-System mit jeweils 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Insgesamt hat der Kreis für die Verwaltungsarbeiten rund um die ukrainischen Kriegsflüchtlinge 110 Vollzeitkräfte aus allen Bereichen der Verwaltung zusammengestellt. „Das ist eine große Herausforderung für uns, weil wir aufgrund der Pandemie und der Flutkatastrophe schon seit mehr als zwei Jahren immer wieder das Personal umschichten müssen. Deren eigentlichen Arbeiten müssen ja schließlich auch gemacht werden“, so Sebastian Schuster, der mit großem Respekt vor dem Einsatz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter redet.

Das Land stellt die fünf PIK-Einheiten sowie einen Mitarbeiter für den technischen Support zur Verfügung. Nach drei Wochen muss wieder alles abgegeben werden, und die Geräte werden der nächsten Kommune zur Verfügung gestellt. „Wir haben versucht, eigene PIK-Stationen bei der zuständigen Bundesdruckerei zu bestellen – keine Chance. Es gibt Wartezeiten von drei Monaten und mehr – für ein Gerät“, so Neugebauer.

Die Kreispolizeibehörde verfüge noch über eine Station und werde sie dem Ausländeramt zur Verfügung stellen, wenn die landeseigenen Einheiten wieder abgebaut werden. Das sei auch der Grund, warum man sich entschlossen habe, alle PIK-Stationen im Kreishaus aufzustellen. „Das wäre zu aufwendig, beispielsweise im Linksrheinischen solche Angebote vorzuhalten. Wir hätten dadurch einfach zu viel wertvolle Zeit verloren“, so Neugebauer.

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