Repaircafé in Siegburg Reinigen, Löten, Klönen

Siegburg · Der Samstag vor dem zweiten Advent: Die Einkaufsstraßen in der Siegburger Innenstadt sind voll von Menschen, die Weihnachtsgeschenke kaufen oder über den Weihnachtsmarkt schlendern.

 Ein Fall für den Elektroschrott? Nein: Die Ehrenamtlichen Joachim Dahm (links) und Rainer Schubert reparieren ein altes Radio.

Ein Fall für den Elektroschrott? Nein: Die Ehrenamtlichen Joachim Dahm (links) und Rainer Schubert reparieren ein altes Radio.

Foto: Franziska Jünger

Während sich die Massen auf der Suche nach Neuem durch die Geschäfte und Kaufhäuser schlängeln, konzentrieren sich die Menschen im Evangelischen Zentrum für Diakonie und Bildung auf das Alte.

An jedem ersten Samstag kommen etwa 30 Leute in den Zeitraum an der Ringstraße im Herzen von Siegburg, um ihre Kaffeemaschine, den DVD-Player oder das Fahrrad reparieren zu lassen. Unter dem Motto "Reparieren statt Wegwerfen" helfen rund 20 Ehrenamtliche mit handwerklichem Geschick, die defekten Alltagsgegegenstände wieder auf Vordermann zu bringen.

Die Idee für diese "Repaircafés" kommt aus den Niederlanden und breitete sich in den vergangenen fünf Jahren schnell aus. Dahinter steckt der Nachhaltigkeitsgedanke. Müllberge zu vermeiden, das ist das Ziel.

Diakonie-Mitarbeiterin Birgit Binte-Wingen hat das Repaircafé in Siegburg zusammen mit ihrer Kollegin Andrea Eisele im März 2013 ins Leben gerufen. Auf ihren Aufruf hin fanden sich schnell viele Ehrenamtliche, die das Konzept dieser sozialen Reparaturwerkstatt unterstützen wollten. "Viele engagieren sich, weil sie ihre Kompetenzen im nachberuflichen Leben noch nutzen wollen", erklärt Binte-Wingen.

Diesen Gedanken hatte auch Fritz Nötzel. Im grauen, nicht ganz sauberen Kittel sitzt er am Eingang des Zeitraums. Hinter ihm steht ein großer Werkzeugkoffer. Normalerweise hat er nicht so viele Pausen, denn seine fachkundigen Hilfestellungen sind gefragt. Der pensionierte Kripobeamte hilft bei Problemen mit dem Fahrrad. "Ich bin ein Basteljeck und habe zeitlebens viel im Haushalt repariert", sagt Nötzel.

Die häufigsten Dinge, mit denen er zu tun hat, sind abgenutzte Bremsen, Probleme mit der Kettenführung oder der Schaltung. "Viele Sachen sind viel leichter als man denkt. Mit etwas Erfindergeist kommt man den Dingen auf die Spur." Nötzel ist von Anfang an beim Repaircafé dabei gewesen. Für ihn ist es zu einer Begegnungsstätte geworden: "Das ist eine schöne Mannschaft hier, mehr so ein Kegelclub", sagt er schmunzelnd. "Das sind alles töfte Kumpel."

Ehrenamtler helfen sich gegenseitig

Die soziale Komponente der Repaircafés war auch den Initiatorinnen wichtig. Birgit Binte-Wingen ist stolz darauf, dass in Siegburg "ein richtig großes Miteinander-Projekt" entstanden ist. Neben Nachhaltigkeit und Hilfe zur Selbsthilfe gehe es vor allem auch um die Begegnung und das Zusammensein.

Die Ehrenamtler helfen sich gegenseitig, denn oft ist nicht nur eine Fachkompetenz gefragt. "Die Leute erleben, dass sie die Dinge oft mit Kleinigkeiten wieder in Ordnung bringen können", sagt Binte-Wingen. Wichtig sei dabei aber auch: "Wir wollen den Fahrradwerkstätten oder Schneidern keine Konkurrenz machen."

Während die einen, wie Fritz Nötzel, eher ruhige Stunden verbringen, sind die anderen pausenlos am Löten, Reinigen und Schrauben. Joachim Dahm und Rainer Schubert widmen sich einem alten Radio aus den Sechzigerjahren. Nach genauer Untersuchung steht fest, was selten vorkommt: "Hier ist Hopfen und Malz verloren", erklärt Dahm. Es müssten viel zu viele Teile ausgetauscht werden. In diesem Fall muss das Alte dem Neuen wohl weichen.

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