120 Betrugsfälle Rentner für 50-Euro-Masche verurteilt

Siegburg/Bonn · Pech für einen 65-jährigen Rentner: Nachdem dieser sein Betrugsopfer erneut ins Visier nahm, schnappte ihn die Polizei. Jetzt stand er wieder vor Gericht - und das kannte keine Gnade.

 Vor dem Bonner Landgericht: Ein Rentner hatte keine Chance mehr auf Bewährung - nach insgesamt 120 Betrugsverfahren.

Vor dem Bonner Landgericht: Ein Rentner hatte keine Chance mehr auf Bewährung - nach insgesamt 120 Betrugsverfahren.

Foto: dpa/Oliver Berg

Der Mann, der in der Tiefgarage auf sie zukam, hatte ein breites Kreuz, gegerbtes Gesicht und trug eine schwarze Lederjacke: Er sei Lkw-Fahrer, erzählte der Mann in gebrochenem Deutsch. Der Sprit sei ihm ausgegangen. Jetzt wolle er mit einem Kanister zur Tanke. Aber, da machte der betrübt wirkende Mann eine deutliche Pause, er habe sein Portemonnaie nicht dabei. Ob sie ihm 50 Euro leihen könne?

Die 42-jährige Frau, die an diesem 27. Januar 2021 eine Tiefgarage in Siegburg verlassen wollte, glaubte dem Mann. Auch, dass er ihr das Geld später vorbeibringen werde. Dafür gab die gutgläubige Erzieherin ihm sogar - was sie bald bereute - ihre Adresse. Aber, na klar: Die 50 Euro sah sie nie wieder.

50-Euro-Masche

Dafür den angeblichen Lkw-Fahrer. Per Zufall. Zwei Monate später parkte die 42-Jährige in einer Troisdorfer Tiefgarage. Und konnte es kaum glauben: Wieder kam ein älterer Herr in Lederjacke auf sie zu - und erzählte ihr dieselbe Geschichte. Der Schnorrer hingegen hatte sie wohl nicht wiedererkannt, also versuchte er es mit seiner 50-Euro-Masche ein weiteres Mal. Die Erzieherin rief die Polizei, kurz darauf konnte der Tiefgaragen-Betrüger gestellt werden. Für die Justiz ein alter Bekannter, immerhin 18 Mal einschlägig vorbestraft.

Das Amtsgericht Siegburg hat den 65-jährigen Rentner im Mai 2021 wegen des Tiefgaragen-Betrugs zu sechs Monaten Haft verurteilt. Ohne Bewährung. Gegen das Urteil war der mittlerweile herzkranke und von seiner Ehefrau verlassene frühere Maschinenführer in Berufung gegangen. Er könne sich an den Vorfall in der Tiefgarage gar nicht erinnern, beteuerte er. Aber vor der 6. Kleinen Strafkammer des Landgerichts hatte der Mann mit der Lkw-Masche keine Chance - trotz trauriger Lebensgeschichte und Absturz in die Armut, weil er angeblich selbst Opfer eines Betrugs geworden sei.

120 Betrugsverfahren

Seit 1997 habe es insgesamt 120 Betrugsverfahren gegen den Mann gegeben, rechnete der Kammervorsitzende ihm vor. Davon seien 19 Fälle sogar vorläufig eingestellt worden. Auch verbüßte er zur Zeit der Tat eine Freiheitsstrafe im offenen Vollzug. Eine mildere Strafe sei da nicht mehr vertretbar.

Kleinlaut nahm der Rentner die Berufung schließlich zurück. Die Erzieherin, die als Zeugin geladen, aber nicht mehr gehört wurde, würdigte er keines Blickes. „Was mich wütend macht“, gestand die 42-Jährige am Rande des Prozesses, „ist nicht der Verlust des Geldes, sondern dass er mir den Glauben an das Gute genommen hat.“

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