Siegburg Rettungsdienstler protestierten vor dem Kreishaus

SIEGBURG · Trillerpfeifen, Trompetenklänge, Transparente und reichlich Wut im Bauch haben am Samstag eine Demonstration in Siegburg gekennzeichnet, an der rund 250 Rettungsdienstler der Johanniter Unfallhilfe, der Malteser und des Deutschen Roten Kreuzes teilnahmen.

Die Rettungsassistenten und Sanitäter wollten ihrem Unmut über die Entscheidung des Rhein-Sieg-Kreises Ausdruck verleihen, die Leistungen der Rettungsdienste europaweit auszuschreiben. Damit wird ihrer Meinung nach Arbeitsplatzabbau, Dumpinglöhnen und dem Absinken der Arbeitsqualität Tür und Tor geöffnet.

Nachdem die Rettungsdienstmitarbeiter durch die Innenstadt marschiert waren, zogen sie zur Abschlusskundgebung vor das Kreishaus, wo Landrat Frithjof Kühn sich dem Gespräch stellte. Es dauerte eine Weile, bis sich Kühn Gehör verschaffen konnte. "Wir wollen niemandem zuhören, der sich hinter Paragrafen versteckt", entfuhr es einem Rettungsdienstler. "Wenn ich mich verstecken würde, wäre ich jetzt nicht hier, um mit Ihnen zu sprechen" entgegnete Kühn.

Der Landrat, der mit Kreisdirektorin Annerose Heinze und Rainer Dahm vom Amt für Bevölkerungsschutz vor die Demonstranten trat, hatte laut eigenem Bekunden Verständnis für die Demo, teilte die Sorgen der Demonstranten allerdings nicht. "Sie alle sind so gut in ihren Berufen, dass sie den Wettbewerb nicht scheuen müssen", sagte Frithjof Kühn.

Bereits im August 2013 hatten die Rettungsdienstler 2000 Unterschriften gesammelt und dem Landrat überreicht. Die Befürchtungen sind seitdem nicht kleiner geworden. "Wir müssen uns seit Jahren mit Arbeitsplatzunsicherheit und Perspektivlosigkeit auseinandersetzen, dabei leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Daseinsfürsorge", so Alexander Kerkow, Vize-Leiter der Rheinbacher Malteser-Rettungswache.

Ausschreibungen führen laut Michael Schwan, Leiter der Hennefer DRK-Rettungswache, zu Lohndumping, Arbeitsplatzabbau und stünden in krassem Gegensatz zu immer höheren Qualitätsansprüchen. "Es kann nicht angehen, dass ausgerechnet beim Rettungsdienst, bei dem es tagtäglich um die Rettung von Menschenleben geht, eingespart wird", sagte Schwan. "Was haben denn gut ausgebildete Mitarbeiter für Zukunftsperspektiven, wenn sie mit 1200 Euro monatlich nach Hause gehen und davon keine Familie ernähren können?"

Frank Helfen, Rettungsassistent bei der Johanniter Unfallhilfe in Pohlhausen, berichtete, wie er die Folgen europaweiter Ausschreibungen hautnah zu spüren bekommen habe: "Ich war in Bonn tätig. Dort ist vor etwa drei Jahren die Ausschreibung gekommen. Die Folge war, dass die Mitarbeiter mit bis zu 40 Prozent Gehaltseinbußen klarkommen mussten."

Qualitätssicherung ist für die Rettungsdienstler ebenfalls ein wichtiges Thema. "Bei einem externen Anbieter weiß doch niemand, ob der unsere hohen Qualitätsstandards erfüllt", meinte Michael Schwan, der zudem bezweifelte, dass externe Unternehmen über die nötige Ortskenntnis in einem Flächengebiet wie dem Rhein-Sieg-Kreis verfügten. "Und das alles in einem Beruf, bei dem jede Sekunde zählt."

Frithjof Kühn machte den Demonstranten wenig Hoffnung, dass ihnen ihre Sorgen kurzfristig genommen werden können. Er müsse sich nun mal an Recht und Gesetz halten. Zwar gibt es seit Januar eine sogenannte Bereichsaufnahme, die vom EU-Parlament geschaffen wurde und dafür sorgt, dass die Notfallrettung unter gewissen Bedingungen nicht mehr unter das europäische Vergaberecht falle. Zur Umsetzung dieser Bereichsaufnahme müsse diese EU-Richtlinie aber erst auf das Bundesrecht angepasst werden. Das könne mitunter bis zu zwei Jahre dauern. "Somit sind wir weiterhin zur Ausschreibung verpflichtet", sagte Kühn.

Nicht überall ist der Kreis zuständig. Die Stadt Königswinter etwa entschied 2013, Trägerin der Rettungswachen Altstadt mit den Standorten Königswinter-Altstadt und Bad Honnef sowie Ittenbach bleiben zu wollen. Der Gedanke einer Rückübertragung an den Rhein-Sieg-Kreis wurde seinerzeit verworfen, obwohl dieser grundsätzlich für den Rettungsdienst zuständig ist.

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