Zu wenig Platz fürs Gewerbe Rhein-Sieg gibt Bonn Entwicklungshilfe

RHEIN-SIEG-KREIS · Dass der Rhein-Sieg-Kreis und Bonn bei der Entwicklung von Gewerbeflächen gemeinsame Sache machen könnten, steht schon seit Längerem im Raum. Nun nimmt die Idee konkrete Züge an.

 Nur noch wenige Restflächen hat das Gewerbegebiet Einsteinstraße in Sankt Augustin.

Nur noch wenige Restflächen hat das Gewerbegebiet Einsteinstraße in Sankt Augustin.

Foto: Holger Arndt

Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, Landrat Sebastian Schuster und Stefan Raetz als Sprecher der Bürgermeister im Kreis bekundeten am Montag die Notwendigkeit einer Kooperation. Grundlage bildet ein am Montag den Bürgermeistern vorgestelltes Gutachten, das das Gewerbeflächenpotenzial und den Bedarf bis 2035 analysiert. Ergebnis: Bonn hat kaum noch Erweiterungsmöglichkeiten auf eigenem Terrain, ebenso wie einige Kommunen im Kreis. Zeit also für eine Neuausrichtung der Gewerbeflächenpolitik, die darauf hinauslaufen könnte, dass Bonn an Gewerbegebieten im Kreis beteiligt ist.

Die Not der Bundesstadt machte Nimptsch anhand von Zahlen deutlich: "In Bonn gibt es zurzeit 37 Hektar an Gewerbeflächen, wovon aber nur 21 in Besitz der Stadt sind. Direkt verfügbar sind davon acht Hektar." Zu wenig, um Großunternehmen mit 15 oder 25 Hektar Flächenbedarf anwerben oder halten zu können. Gerade das wird auch im Kreis immer schwieriger, wie Gutachter Dominik Geyer vom Kölner Planungsbüro Dr. Jansen erklärte.

Kreisweit stehen 324 Hektar zur Verfügung - aber nur theoretisch. Mitgerechnet sind auch jene Flächen, die vor Jahrzehnten im Regionalplan grob abgesteckt wurden, heute aber faktisch nicht mehr umsetzbar sind. "Manche Kommunen schleppen Planungsleichen mit", so Geyer.

Außerdem seien manche Gebiete durch Auflagen nur eingeschränkt nutzbar. Allgemein fehlte es an großen zusammenhängenden Flächen, wie sie von der Industrie benötigt werden. Unterm Strich sind von den 324 Hektar insgesamt 45 Hektar sofort verfügbar. Selbst die Industriestadt Troisdorf, größte Kommune im Kreis, stößt an ihre Grenzen.

Region braucht 420 Hektar zusätzlich

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Region bis 2035 zusätzlich 420 Hektar an Gewerbeflächen braucht. 60 Hektar davon sind Bonner Bedarf. Das bedeutet, dass die Kommunen ihre Gewerbeflächen optimieren und womöglich neue ausweisen müssen. Laut Gutachten sollen 280 Hektar - inklusive der Bonner Flächen - im linksrheinischen Kreisgebiet angesiedelt werden, 140 Hektar im Rechtsrheinischen. Die sich abzeichnende Verlagerung ins Linksrheinische erklärte Kreis-Wirtschaftsförderer Hermann Tengler mit dem Platzangebot und topographischen Verhältnissen.

Manche Gegenden florieren dort bereits: Städte wie Rheinbach und Bornheim haben als Gewerbestandorte mächtig aufgeholt. Andere haben zumindest Planungen in der Schublade, so wie Alfter für den Gewerbepark "Alfter-Nord", der an Bonn angrenzt und einen Autobahnanschluss vor der Tür hat. Eine Toplage, aber: Die Fläche gehört laut Geyer 144 Eigentümern.

Kreis will Entwicklung moderieren

"Bei der Planung von Gewerbegebieten haben weiterhin die Kommunen den Hut auf", betonte Landrat Schuster. Der Kreis will die Entwicklung aber verstärkt moderieren, immer mit Blick auf das große Ganze. Dazu gehören auch die Bonner Interessen.

Die konkrete Umsetzung sähe dann so aus: Wenn eine Kommune ein Gewerbegebiet zusammen mit der Bundesstadt plant, dann geschieht das durch einen bilateralen Vertrag. Darin könnte zum Beispiel festgelegt werden, wie Erschließungskosten und Gewerbesteuer aufgeteilt werden.

Raetz sprach von einem "fairen Ausgleich von Lasten und Vorteilen". Und: "Nur wenn wir als Region zusammenstehen, werden wir auf höheren Ebenen wahrgenommen." Das sagte der Rheinbacher auch mit Blick auf den kommenden Landesentwicklungsplan. Denn dort müssen die gewünschten Flächen erst einmal verankert werden. Für die Region sei das lebenswichtig, so Tengler: "Ohne weitere Gewerbeflächen wird sich der Wohlstand nicht halten lassen." Der Flächenverbrauch sei marginal, auch im Falle von Erweiterungen. Aktuell würden Gewerbe- und Industrieflächen weniger als 1,5 Prozent des Kreisgebiets einnehmen.

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