Neuaufstellung des Regionalplans So sieht es in der Zukunft in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis aus

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn · Gewerbegebiete, Wohnungsbau, Verkehrswege: Der neue Regionalplan stellt die Weichen für die Entwicklung von 99 Kommunen. Erstmals fasst die Bezirksregierung die Pläne für Köln, Bonn/Rhein-Sieg und Aachen zusammen.

Blick von Bornheim-Hersel Richtung Köln: Die Kommunen wachsen zusammen. Entwicklungskonzepte müssen stärker abgestimmt sein.

Blick von Bornheim-Hersel Richtung Köln: Die Kommunen wachsen zusammen. Entwicklungskonzepte müssen stärker abgestimmt sein.

Foto: Axel Vogel

Dieser Regionalplan wird die Entwicklung der Kommunen zwischen Aachen und Windeck, zwischen Köln-Chorweiler und Rheinbach für die nächsten 30 Jahre bestimmen. Der Regionalrat Köln hat mit einem einstimmigen Beschluss die nächsten Schritte zur Neuaufstellung des Regionalplans freigemacht. Das von der Bezirksregierung vorgelegte Plankonzept soll nun durch die Umweltprüfung gehen und zu einem vollständigen Planentwurf weiterentwickelt werden. Der Plan bestimmt die Rahmenbedingungen für alle 99 Kommunen im Regierungsbezirk Köln.

Neu ist, dass erstmals alle drei Regionalpläne von Köln, Bonn/Rhein-Sieg und Aachen zusammengefasst werden. Mit diesem umfangreichen Papier wird verbindlich festgelegt, in welchem Rahmen sich künftig Bau- und Gewerbegebiete schaffen lassen, wo Freiräume endgültig erhalten bleiben und wo die Korridore für Straßen, Schienen und Flugplätze sind. Auch Standorte für Deponien, Windkrafträder und mögliche Abbaugebiete für Braunkohle, Sand und Kies werden in diesem Plan klar definiert. Bis das Papier indes Satzungskraft hat, wird es sicherlich noch eine Legislaturperiode dauern, meinen Experten. Denn bislang hat die Bezirksregierung Köln den Bedarf in den einzelnen Kommunen ermittelt, diesen mit den Kennzahlen der Bevölkerungsentwicklung abgeglichen und die Wünsche der 99 Kommunen in den Planentwurf einfließen lassen.

■ Flächenbedarf:

Während die Bevölkerungsentwicklung in den Kreisen Düren oder Euskirchen rückläufig ist, steigen die Flächenansprüche für Wohnen, Gewerbe und Infrastrukturen in der Region Köln/Leverkusen, Aachen und Bonn. Die herausfordernde Frage ist, wie man die unterschiedlichen Entwicklungen für sich nutzt und am besten koordiniert. Das Dezernat 32 bei der Bezirksregierung Köln, das für Regionalentwicklung und Braunkohle zuständig ist, hat die Flächenbedarfe der einzelnen Kommunen auf einer farbigen Karte festgehalten.

In ganz vielen Gebieten des Regierungsbezirks stimmt der Plan mit der Anforderung überein. Für Meckenheim, Alfter, Bornheim und Bad Honnef zum Beispiel sehen die Experten die Baulandausweisung als „bedarfsgerecht“ an. Swisttal und Königswinter haben aber so wie weite Teile des östlichen Kreisgebiets einen Überhang oder sogar „erheblichen Überhang“ (Niederkassel, Troisdorf) an Freiflächen. Dem stehen jene Ballungsräume gegenüber, die unter Flächenknappheit leiden: Wachtberg, Rheinbach und Hennef, aber ganz besonders die Städte Bonn, Sankt Augustin und Siegburg mit „erheblichen Defiziten“. Überhaupt hat die Rheinschiene die Kraft für immense Zuwächse.

■ Siedlungsentwicklung:

Was also tun, um den Städten und Gemeinden eine bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung zu ermöglichen? Vielerorts können die Eigenbedarfe (endogen) nicht innerhalb der einzelnen kommunalen Grenzen abgebildet werden. Die Bezirksregierung Köln will daher Wohnbaulandbedarfe der größeren Städte, soweit sie dort nicht erfüllt werden können, ins Umland verteilen. Der neue Regionalplan soll Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB) festlegen, die vorrangig für die Wohnbaulandentwicklung jeder Kommune zur Verfügung stehen.

„Das könnte zum Beispiel so aussehen, dass die Stadt Bonn ihren Bedarf an die Nachbarkommune Swisttal überträgt“, erklärt Rolf Beu, der als Mitglied des Regionalrats und Fraktionschef der Grünen aktiv an dem Planentwurf beteiligt war. Das klingt nur auf den ersten Blick gut. Denn Kommunen, die darauf eingehen, müssen auch für all die Folgen selbst aufkommen, die Neuansiedlungen mit sich bringen: Die Kosten für die entsprechende Infrastruktur – von der Kanalisation bis zu Kindergärten und Schulen – trägt sie allein.

Brigitte Donie, stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Regionalrat aus Swisttal, sieht darin aber mehr Chancen als Risiken, sagt sie. „Die Weiterentwicklung einer Kommune mit jungen Familien und dem Nachwuchs ist keine Last.“ Die Gemeinde sehe doch heute schon, wie sehr Neubauflächen bei jungen Familien nachgefragt sind. „Wir müssen nur ein Areal ausweisen, da sind die Grundstücke schon weg.“ Und Beu ergänzt: „Das Ganze dient auch dazu, eine Verdrängung der Potenziale in andere Regionen, etwa nach Rheinland-Pfalz, zu vermeiden.“ Überhaupt, meint Donie, ergebe der neue Regionalplan, dass sich die 99 Kommunen innerhalb des Regierungsbezirks viel stärker absprechen und kooperieren.

■ Vorgaben an Baugebiete:

Der endogene Bedarf wurde zwar auf Basis der neuen Bevölkerungsprognosen von IT.NRW in 2019 nochmals überprüft. Die einzelnen Kommunen haben aber auch ihre eigenen Wünsche für die Baugebietsentwicklung benannt. Allerdings stellt die Bezirksregierung auch Bedingungen an diese Gebiete: Sie müssen beispielsweise gut an den Öffentlichen Nahverkehr, am liebsten an die Schiene, angeknüpft sein. Auf einer Beurteilungsliste bekommen Areale, die gut angebunden sind und schnell von Stadtzentren aus erreichbar sind, eine entsprechend hohe Bewertung. „Der neue Regionalplan ist so ausgelegt, dass er einerseits dem steigenden Bedarf an Wohnungsbau gerecht wird, dabei aber auch die Belange von Klima- und Umweltschutz hervorhebt, indem beispielsweise Frischluftschneisen und Grünzüge festgelegt sind“, sagt Donie.

■ Kommunen melden Reserveflächen an:

Da der Regionalplan die Weichen für die Stadtentwicklungen der nächsten drei Dekaden stellt, reichen die Kommunen jetzt viele Reserveflächen ein: Bonn hat daher unter anderem die nördlich an Auerberg angrenzende Fläche Klosteracker „zur Wahrnehmung kommunaler Handlungsspielräume als Flächenreserve“ für den Siedlungsbereich angemeldet. Außerdem hat sie ja bereits begonnen, im Westen der Stadt mit dem Gelände der ehemaligen Industrieanlage Arkema eine neue Wohnsiedlung zu schaffen. Sie will aber das gesamte Gebiet neu beplanen, und dafür muss der Regionalplan entsprechend geändert werden.

Die Stadt Königswinter kann zwar eigene Bedarfe noch selbst abdecken, so die Geschäftsbereichsleiterin Planen und Bauen, Anya Geider, aber zusätzliche Flächen habe man nicht angemeldet. „Es gibt noch einige Reserven, die wir aus dem noch gültigen Regionalplan übertragen, aber es gibt auch Areale, die als Wohnbaugebiet aufgrund des ausgewiesenen Naturschutzgebietes auch in unserem Flächennutzungsplan entsprechend raus sind“, so Geider. In Sankt Augustin will man große Grünflächen wie das Grüne C schützen. Große zusammenhängende Freiflächen für Wohnbebauung hat man angemeldet für das Gebiet in Menden zwischen Siegstraße und Mendener Straße sowie in Niederpleis in Richtung Buisdorf südlich der Martinuskirchstraße, so Uwe Trübenbach, Fachbereichsleiter Bauen bei der Stadt Sankt Augustin.

■ Gewerbeflächen:

Die Planer berücksichtigen aber noch weitere Bedingungen, zum Beispiel die Verfügbarkeit: In Alfter beispielsweise gibt es die durchaus nicht untypische Situation, dass die für eine mögliche Entwicklung von Gewerbeflächen benötigten Areale auf zahlreiche Eigentümer, nämlich rund 160, verteilt sind. Die Planer sehen darin ein Problem, Konzepte zu realisieren, weil erfahrungsgemäß die Vielzahl von Einzelinteressen kaum über einen überschaubaren Zeitraum unter einen Hut zu bringen sind.

Ähnlich, heißt es, sehe es in der Gemeinde Wachtberg aus. Hier komme noch erschwerend hinzu, dass annähernd die Hälfte der Reserven betriebsgebunden sei. Die Planer sprechen dann von „schwer überwindbaren Entwicklungshemmnissen“. So wie in Niederkassel, wo es laut Gutachten zwar eine knapp 26 Hektar große zusammenhängende Fläche gebe, aber „die Veräußerungsbereitschaft der Eigentümerin“ fehle. In Siegburg liegen Reserveflächen im Überschwemmungsgebiet, in Sankt Augustin gibt es zwar 4,3 Hektar, aber dieses Gelände könnte nur in einer langfristigen Perspektive gehalten werden, „da die Flächen lediglich über eine sehr aufwendige Erschließung entwickelt werden können“.

■ Verkehr:

Neu im Plan ist die geplante rechtsrheinische Rheinuferbahn von Beuel über Niederkassel bis Köln. Überhaupt sollen Schienentrassen gesichert werden. Da ist beispielsweise auch die Verlängerung der Stadtbahn von Bonn-Buschdorf bis Hersel aufgeführt, eine Führung der Strecke über ein ehemaliges Industriegleis entlang des Frieshofs Nord. Auch die Seilbahn von Venusberg bis Dottendorf und Beuel soll aufgenommen werden. Die B 56 n (Südtangente) ist laut Anya Geider nicht separat als Verkehrsfläche für den Regionalplan angemeldet, weil dieser ja bereits im Bundesverkehrswegeplan stehe.

■ Kies, Sand, Windenergie:

Mögliches Konfliktpotenzial gibt es im Kapitel über die Rohstoffversorgung, wo es um den Abbau von Lockersedimenten wie Kies und Sand geht. Dort heißt es, dass die Abgrabung „weitgehend ungesteuert“ laufe. Das will man besser regeln, wobei die Grünen schon kritisch anmerkten, dass der Plan nicht auf dem tatsächlichen Bedarf an Sanden und Kiesen basiere, sondern auf den Planzahlen der Abgrabungsunternehmen. Auch noch nicht abschließend geklärt ist, wie und wo Vorranggebiete für die Windenergie im Regionalplan dargestellt werden. Es gibt noch viel zu tun.

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