Vorwürfe gegen Gymnasium in Siegburg Schulbuchverlag ändert umstrittene Passage im Philosophiebuch

Siegburg · Der Schulbuchverlag Cornelsen in Berlin, der ein wegen Rassismusvorwürfen heftig debattiertes Philosophiebuch herausbringt, wird die umstrittene Aufgabenstellung „umgehend austauschen“. Vertreter des Gymnasiums Alleestraße in Siegburg haben sich unterdessen mit Vertretern der türkischen Gemeinde getroffen.

 Eine Aufgabe aus diesem Lehrbuch soll geändert werden

Eine Aufgabe aus diesem Lehrbuch soll geändert werden

Foto: privat

Der Schulbuchverlag Cornelsen in Berlin wird die umstrittene Aufgabenstellung aus einem Philosophiebuch „umgehend austauschen“. Das sagte Irina Groh, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, dem GA auf Anfrage.

Ein Philosophiekurs des Gymnasiums Alleestraße in Siegburg sollte über einen türkischen Familienvater in Deutschland diskutieren, der seine Tochter ohne deren Einverständnis mit dem Sohn seines Bruders verheiratet, um diesem eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland und damit eine Existenz zu sichern. Die Aufgabenstellung hatte bundesweit für Empörung gesorgt. Türkische Elternverbände sahen darin eine Stigmatisierung und Förderung von Vorurteilen gegenüber einer Bevölkerungsgruppe.

„Cornelsen setzt sich aktiv für eine moderne, weltoffene Gesellschaft ein. Wir wertschätzen Diversität und betrachten es als unsere Aufgabe, Vielfalt in Schule und Unterricht zu stärken und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Dabei sind wir uns unserer Verantwortung bei der Gestaltung von Bildungsmedien bewusst“, so Groh. „Umso mehr bedauern wir, dass wir mit der konkreten Aufgabe aus dem Band ‚Zugänge zur Philosophie‘ aus dem Jahr 2015, die im Mittelpunkt einer Diskussion um Rassismus steht, unseren Ansprüchen an Fairness und Ausgewogenheit nicht gerecht geworden sind.“

Die Verlagssprecherin betonte, dass die Aufgabe als Fallbeispiel in dem Zusammenhang stehe, ob es für alle Menschen verbindliche, universal gültige Normen gibt oder jede Kultur ihre eigenen Normen hat. Im Kontext des Kapitels werde ausdrücklich daran appelliert, von Vorurteilen Abstand zu nehmen, anderen Kulturen Respekt zu erweisen und Maßstäbe einer eigenen Bewertung immer kritisch zu hinterfragen. Groh: „Die Aufgabenstellung für die Oberstufe ist bewusst als Dilemma formuliert, um es philosophisch zu diskutieren. Dieses ist jedoch unnötig zugespitzt und klischeehaft formuliert. Daher werden wir diese Aufgabenstellung umgehend austauschen.“ Zuletzt hatte sich auch das Autorenteam des umstrittenen Philosophie-Buches, das mittlerweile vom Landesschulministerium zurückgezogenen worden ist, gegen Rassismusvorwürfe verwahrt.

Treffen von türkischer Gemeinde und Schule

Unterdessen gab es am Donnerstag ein Treffen von Vertretern der Ditib türkischen Gemeinde Siegburg und des Gymnasiums Alleestraße. „Ich habe das Gespräch als sehr angenehm empfunden“, sagte Schulleiterin Sabine Trautwein dem GA. Die Siegburger Gemeinde, die seit 1978 besteht, habe dargelegt, warum sich die Community durch die Aufgabenstellung verletzt gefühlt habe. Zwangsheiraten gebe es schließlich auch in anderen Kulturen. Es sei gut, darüber zu diskutieren, es hätte aus Sicht der Gemeinde aber gereicht, wenn man dies nicht ausschließlich mit einer Nationalität in Verbindung bringe. Die Schule und die Gemeinde seien mit dem Wunsch auseinandergegangen, eine gemeinsame Botschaft zu formulieren und sich weiterhin besser kennenzulernen, so Trautwein. Die türkische Gemeinde besteht aus rund 300 Vereinsmitgliedern, ihre Moschee werde regelmäßig von rund 2000 Gläubigen aus vielen Nationen besucht.

Trautwein sagte, dass auch weiterhin eine interne Aufarbeitung der Geschehnisse erfolgen soll. Der Fall werde innerhalb des Kollegiums und der Fachschaft Philosophie intensiv diskutiert.

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