Von Routine bis Anspannung Schulen in Siegburg und Königswinter starten ins Homeschooling
Siegburg/Siebengebirge · Überlastung bei den Lehrern, Angst bei Eltern und in den Abschlussklassen: Der bis Ende Januar andauernde Lockdown beinhaltet auch die Schulschließungen und fordert immer wieder neue Methoden und viel Durchhaltevermögen.
Obwohl die Ferien beendet sind, bleiben die Schulen leer. Grund dafür sind die coronabedingten Schließungen. Spätestens in dieser Woche mussten die Schulen jedoch mit dem Distanzunterricht beginnen. Stefan Rost ist Schulleiter an der St. Josef Real- und Gesamtschule in Bad Honnef.
Dort nutzen von insgesamt 625 Schülerinnen und Schülern lediglich zehn die angebotene Notbetreuung. Sie werden betreut vom Schulsozialarbeiter und Personen, die sich im Freiwilligen Sozialen Jahr befinden. Die Lehrerinnen und Lehrer befinden sich im Homeoffice und sind mit dem Distanzunterricht eingespannt.
Viel eigenständiges Arbeiten
Aus „pädagogischen Gründen“ wird der Stundenplan hier nicht komplett in Videokonferenzen übertragen. Mehr als die Hälfte der Aufgaben erledigen die Schüler eigenständig. Sie bekämen jedoch von den Lehrern über den Chat oder Videoanrufe Feedback. „Die Schüler freuen sich über jede Form der Rückmeldung. Das war eine wichtige Erkenntnis aus dem Distanzlernen im Frühjahr“, so Rost.
Die Aufgaben für eine Woche werden schließlich immer am Freitagabend auf die Lernplattform hochgeladen. Mit vermerkt sind die entsprechenden Abgabefristen. „Es ist jedoch wirklich schwer, die Leistungen zu beurteilen. Den Grad der Selbstständigkeit festzustellen, ist auf diesem Weg unmöglich“, betont Rost.
Technische Umsetzung läuft gut an
Dennoch ist er positiv eingestellt: „Den Schülerinnen und Schülern kann man eine ganze Menge zutrauen. Natürlich brauchen sie Ansprechpartner und Unterstützung. Aber nach wie vor haben sie eine aussichtsreiche Zukunft vor sich, und eine negative Einstellung sehe ich nicht als zielführend an.“
Auch mit der technischen Umsetzung habe es bisher keine Probleme gegeben. Rund 65 Familien hatten einen Mangel an Endgeräten gemeldet und werden in den kommenden Tagen entsprechend ausgestattet. „Corona war wie ein Brennglas für die Digitalisierung“, sagt Rost.
Eine Achtklässlerin, die das Gymnasium am Oelberg Oberpleis besucht, ihren Namen jedoch nicht in der Zeitung lesen möchte, bewertet die Situation ähnlich: „Es läuft viel besser als im Frühjahr, da wir an unserer Schule auch schon nach den Sommerferien angefangen haben, uns auf den Online-Unterricht über Teams vorzubereiten.“
Angst mit Blick auf den Schulabschluss
Dennoch sei es anstrengender, dem Unterricht so lange auf dem Bildschirm zu folgen. Außerdem sagt die Schülerin: „Ich vermisse den Kontakt zu meinen Freunden und Klassenkameraden in der Schule. Beim Online-Unterricht sieht man sich ja auch nicht wirklich. Meistens haben ja nur die Lehrer die Kamera eingeschaltet – auch damit die Leitung nicht zusammenbricht.“
Ihre Mutter berichtet außerdem: „Wir als Eltern sind zufrieden, wie es bei uns an der Schule mit dem Distanzunterricht läuft. Was uns allerdings umtreibt, ist die Sorge, dass beim Online-Unterricht – so gut er auch sein mag – niemals die gleiche Menge an Lernstoff vermittelt werden kann wie beim Präsenzunterricht.“ Viele Eltern hätten demnach die Befürchtung, dass ihre Kinder große Lücken haben werden – insbesondere jene, die derzeit die achten und neunten Klassen besuchen und noch zu den G8-Jahrgängen gehören.
Guter Start in den Distanzunterricht in Siegburg
Von ähnlichen Ängsten berichtet auch Iris Gust, Schulleiterin der Alexander-von-Humboldt-Realschule in Siegburg. Gerade in der zehnten Klasse gebe es Schüler, die sich mit Blick auf die Abschlussprüfungen Sorgen machen, ob sie das ganze Pensum an Stoff schaffen würden. Ansonsten sei „die Stimmung richtig gut, wir sind sehr gut in den Distanzunterricht gestartet“, berichtet sie. Jeden Tag haben die Klassen eine bis zwei Stunden Online-Unterricht über Zoom, koordiniert durch die Klassenleitung.
Der Unterricht orientiert sich eins zu eins am Lehrplan. Die fünften und sechsten Klassen sind komplett mit Endgeräten ausgestattet, die siebten Klassen erhalten nächste Woche iPads. Die älteren Schüler nutzen eigene Geräte oder Leihgeräte der Schule.
Auch wenn viele andere Schulen im Rhein-Sieg-Kreis nicht mit Endgeräten ausgestattet sind, lautet der Tenor oft: Routine, gut vorbereitet, technisch hakt es hier und da. So konnte an der Hauptschule Niederpleis in Sankt Augustin am Montag wegen technischer Störungen der digitale Unterricht per Videokonferenz nicht stattfinden, am Dienstag lief es dann wieder.
Zu wenig Personal für Kinder in der Notbetreuung
Für diejenigen Schüler, die digital nicht erreicht werden können, gibt es Abholkörbe in der Schule, wo Material bereitliegt. „Unsere Lehrer kriegen jeden ans Arbeiten. Wer bei einer Videokonferenz nicht dabei war, wird angerufen oder sogar zu Hause besucht“, sagt Schulleiterin Susanne Schleebaum. Zum Teil mangele es den Elternhäusern an Internetzugängen, Geräten oder daran, den Wert von Schule zu erkennen.
Der Distanzunterricht stellt vor allem Grundschulen vor große Probleme. „Wir haben ganz andere Hürden als weiterführende Schulen, das ist schon noch schwierig“, sagt etwa Nadya Allam, Schulleiterin der Gemeinschaftsgrundschule Siegtal in Hennef. Erst- und Zweitklässler über Videokonferenzen zu unterrichten, sei eine Herausforderung.
Die Leiterin einer Grundschule aus dem Rhein-Sieg-Kreis, die anonym bleiben möchte, klagt zudem darüber, dass deutlich mehr Eltern ihre Kinder zur Notbetreuung bringen als noch im Frühjahr, da sie nicht nachweisen müssen, dass sie arbeiten.
Etwa 20 Prozent ihrer Schüler werde in der Schule betreut, ohne dass dafür mehr Personal zur Verfügung steht. Im Frühjahr waren es noch etwa fünf Prozent gewesen. „Das sind Lehrkräfte, die wir im Distanzlernen brauchen.“ Ihre Schule sei zwar technisch gut aufgestellt, doch manche Eltern seien von der Technik überfordert. „Die Anspannung aller Beteiligten ist groß.“