Wissenswertes über Siegburg Schwindelnder Stadtführer schließt Bildungslücken
Siegburg · Charly Halft bietet erstmals eine „Schwindeltour“ an und vermittelt über Quizfragen Wissenswertes über die Siegburger Stadtgeschichte
Es sind Fragen, die gar nicht so einfach zu beantworten sind, auch wenn man sich mit Siegburgs Stadtgeschichte einigermaßen auskennt. Dass die Siegburger Abtei auf dem Michaelsberg zwischen 1825 und 1878 die erste Rheinische Irrenheilanstalt beherbergte und danach bis 1914 sogar als Zuchthaus genutzt wurde, dürften ja noch einige Kreisstadtexperten wissen. Ob unter Anstaltsleiter Maximilian Jacobi rotierende Stühle oder Eisbäder zur Behandlung der Patienten dienten, ist dann schon kniffliger. Genau das wollte Charly Halft aber von den Teilnehmern seiner sogenannten Schwindelführung wissen. „Die richtige Antwort ist: Beides“, sagte Halft.
Ein Dutzend Interessierte waren trotz des wechselhaften Wetters gekommen, um an dem 90-minütigen Rundgang durch Siegburg teilzunehmen. Sie erfuhren dabei viel Wissenswertes über die Stadtgeschichte und konnten zudem an einem Quiz teilnehmen. Halft stellte die Siegburg-Kenntnisse der Gruppe nämlich immer wieder mit Fragen auf die Probe.
Eigentlich ist es ja gar keine Schwindeltour, die der Stadtführer hier erstmals öffentlich anbietet, nachdem er geschlossene Gruppen bereits mehrfach durch Siegburg geführt hat. Halft, seit vielen Jahren Ratsmitglied und Vorsitzender des Freundeskreises der Siegburger Stadtbibliothek, erzählt nämlich keine Lügengeschichten, sondern stellt Fragen, bei denen sich die Teilnehmer entscheiden können, was richtig und was falsch ist. „Wie viele Menschen haben in den beiden Siegburger Munitionsfabriken während des Ersten Weltkrieges gearbeitet? 5000, 10.000 oder 20.000 Menschen?“, wollte Halft beispielsweise wissen. „Bedenken Sie, Siegburg hatte damals 20.000 Einwohner“. Keiner lag richtig, denn damals waren laut Halft in der Geschossfabrik und dem Feuerwerkslaboratorium insgesamt 30.000 Menschen beschäftigt, die zum Teil sogar aus Bonn und Troisdorf per pedes zur Arbeit kamen.
Woher die Holzgasse ihren Namen hat
Bevor die Gruppe durch die Siegburger Innenstadt zog, wurden die zwölf Wissbegierigen auf sechs Paare aufgeteilt, die an Halfts munterem Ratespiel teilnahmen. Dabei verteilte der Stadtführer immer wieder Punkte für die korrekte Beantwortung seiner Fragen. „Es gibt auch etwas zu gewinnen“, versprach Halft. Dass in Siegburg, wie in vielen Orten entlang der Sieg, auch mal Wein angebaut wurde, ist bekannt. Dass es in der Kreisstadt aber insgesamt 79 sogenannte Straußwirtschaften gab, dürfte niemand vermutet haben. Eine Straußwirtschaft ist übrigens ein von Winzern saisonal geöffneter Gastbetrieb, in dem die Erzeuger zu bestimmten Zeiten ihren Wein direkt vermarkten. Ob eine Straußwirtschaft geöffnet ist, erkennt man an sichtbar platzierten Utensilien wie einem Zweig, einem Besen oder einem Kranz.
Dass es in Siegburg, bevor die Preußen kamen, keinen einzigen Protestanten gab, dass eben diese Preußen aufgrund ihrer blauen Uniformen „Blauköppe“ genannt wurden, dass die Kaiserstraße im 19. Jahrhundert ein besserer Feldweg war und die Holzgasse ihren Namen den Holzbohlen verdankt, mit denen sie einst beplankt war und die Straßenbahn ab 1914 über die Bahnhofstraße fuhr, weil der Weg zum heutigen S-Carré noch gar keine Straße war – all das erfuhren die Teilnehmer von Halft. Und noch viel mehr. Siegburgs Töpferhandwerkstradition fand in den amüsanten Vorträgen des Stadtführers ebenso Erwähnung, wie die Geschichte der Servatiuskirche und des Annoschreins. Dass Orestiada, eine der fünf Partnerstädte Siegburgs, in Griechenland liegt und dass am Pranger auf dem Marktplatz nie eine Frau gestanden hat, wussten nicht alle. Dennoch freuten sich die Teilnehmer am Ende der Führung über einige Punkte, die sie bei der Beantwortung der Fragen gesammelt hatten. Wie Halft versprochen hatte, gab es für das Siegerpaar auch einen Gewinn: zwei Kugelschreiber. Vor allem schloss der Stadtführer aber viele Wissenslücken und versprach: „Es wird noch ein bis zwei weitere Führungen in diesem Jahr geben.“