Arbeitsplatz für psychisch erkrankte Menschen Arbeiterwohlfahrt eröffnet neues Radhaus in Siegburg

Siegburg · In ihrem Siegburger Fahrradladen beschäftigt die Arbeiterwohlfahrt Bonn/Rhein-Sieg psychisch erkrankte Menschen. Mit dem Umzug in ein neues Ladenlokal hat sie das Angebot nun erweitert.

 Die Arbeiterwohlfahrt Bonn-Rhein-Sieg hat ihre Fahrradwerkstatt vergrößert. Sie ist ein Arbeits- und Beschäftigungsangebot für psychisch erkrankte Menschen.

Die Arbeiterwohlfahrt Bonn-Rhein-Sieg hat ihre Fahrradwerkstatt vergrößert. Sie ist ein Arbeits- und Beschäftigungsangebot für psychisch erkrankte Menschen.

Foto: Nadine Quadt

Was vor zwölf Jahren als Fahrrad-AG der Wohngruppe „Junges Wohnen“ der Arbeiterwohlfahrt Bonn/Rhein-Sieg (Awo) begann, ist inzwischen zu einem eigenen Fahrradladen angewachsen, der alles rund um das Fahrrad im Angebot hat: von Inspektionen und Reparaturen bis hin zum Verkauf von Ersatzteilen, gebrauchten und neuen Rädern. Anfang des Jahres ist das Radhaus aus seinen angestammten Räumen an der Frankfurter Straße 53 aus- und ein paar Meter weiter in das Haus mit der Nummer 39 eingezogen. Die neuen Räume präsentierte die Awo am Dienstag und erläuterte dabei das Konzept ihres Radhauses.

Fahrräder stehen in Reih und Glied, an der einen Wand hängen Ersatzreifen, gegenüber finden sich Sattel, Helme und anderes Zubehör. Auf den ersten Blick ein ganz normaler, professioneller Fahrradladen. „Das ist er aber gar nicht“, sagt Katja Ruiters, Awo-Betriebsleiterin der Eingliederungshilfe. „Wir bieten hier psychisch erkrankten Menschen eine Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeit.“ Dieses Angebot sei durch den Umzug in die deutlich größeren Räume, in denen vorher der Second-Hand-Laden der Awo untergebracht war, noch einmal deutlich ausgeweitet worden. Bis zu zehn psychisch beeinträchtige Menschen fänden im Radhaus einen Arbeitstrainingsplatz.

„Wir möchten unseren Klienten, die noch nicht bereit für die Arbeit in einem Integrationsbetrieb oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind, eine sinnvolle Beschäftigung bieten“, sagt Awo-Geschäftsführer Franz-Josef Windisch. In einem geschützten Bereich erhielten sie eine Tagesstruktur, könnten neue Kontakte aufbauen und so Schritt für Schritt ihre eigene Belastbarkeit wieder steigern. Ziel sei es, soziale, kognitive und motorische Fähigkeiten der Menschen zu fördern und sie wieder fit für den ersten Arbeitsmarkt zu machen.

Von Anfang an dabei ist Radhaus-Leiter Andreas Rolffs. Der gelernte Krankenpfleger, der privat an Autos und Fahrrädern arbeitet, hatte zunächst mit den Bewohnern einer Wohngruppe eine Fahrrad-AG gegründet und damit begonnen, gemeinsam Fahrräder zu reparieren. 2009 erwuchs daraus eine gemeinnützige Fahrradwerkstatt, die schließlich einen kleinen Fahrradladen an der Frankfurter Straße übernahm. Nach dem erneuten Umzug hat das Radhaus seine Fläche inzwischen verdreifacht.

Jeder erledigt jede Aufgabe

„Kleinere Reparaturen erledigen wir sofort“, sagt Rolffs. Für aufwendigere Sachen oder Inspektionen würden Termine vergeben. Bis zu zehn Reparaturen erledigen er und seine Mitarbeiter am Tag. „Wir haben hier flache Hierarchien“, betont er. Jeder erledige die gleichen Aufgaben, wobei immer tagesaktuell die jeweiligen Fähigkeiten, Wünsche und auch die gesundheitliche Situation berücksichtigt würden.

„Das ist ein anspruchsvolles, technisches Metier“, betont Andreas Rolffs. Die Fahradtechnik habe sich in den vergangenen Jahren weiter entwickelt. Um immer auf dem neuesten Stand zu sein, bildet sich das Radhaus-Team daher stetig weiter. Das technische Wissen werde weitergegeben. Für seine Mitarbeiter sei die Arbeit wichtig. „Sie haben die Verantwortung für die Fahrräder unserer Kunden“, sagt Rolffs.

Radhaus verkauft rund 200 Fahrräder im Jahr

Zu ihren Aufgaben gehört aber mehr als die reine Fahrradreparatur oder -reinigung. So lernen die Mitarbeiter auch Lagerhaltung, Pflege der Selbstbedienungswände, Reparaturannahme, Beratung der Kunden und den Verkauf von Fahrrädern. Rund 200 gebrauchte Fahrräder verkauft das Radhaus im Jahr.

Von einem Erfolgsmodell spricht der Awo-Kreisvorsitzende Heinz-Willi Schäfer mit Blick auf das Radhaus-Konzept. Das kann Andreas Rolffs nur bestätigen. So ist etwa einer seiner früheren Klienten inzwischen fest angestellt bei der Awo. Und einige seiner Mitarbeiter halten dem Radhaus nun schon seit Jahren die Treue.

Das Awo-Radhaus, Frankfurter Straße 39 in Siegburg, hat montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr sowie von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Coronabedingte Abweichungen werden auf www.awo-bonn-rhein-sieg.de bekannt gegeben.

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