Finanzen in Siegburg Siegburg: Die schwarze Null ist nur fiktiv

SIEGBURG · CDU und SBU lehnen den Siegburger Etatentwurf ab. Die Mehrheitskoalition setzt erste Akzente. In den Haushaltsreden gab es gegenseitige Schuldzuweisungen und Sticheleien.

 Die Sanierung des Rathauses ist eines der millionenschweren Siegburger Großprojekte.

Die Sanierung des Rathauses ist eines der millionenschweren Siegburger Großprojekte.

Foto: Meike Böschemeyer

Die Zeiten der schwarzen Null sind in Siegburg vorbei. Das war klar, nachdem Bürgermeister Stefan Rosemann und Kämmerer Andreas Mast den Haushalt 2021 eingebracht haben. Und das hoben auch die Fraktionsvorsitzenden am Donnerstagabend unisono in ihren Haushaltsreden hervor – und sparten dabei nicht mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Mit Blick auf die Corona-Pandemie hatten SPD, Grüne, FDP und Linke ihre Reden nur zu Protokoll gegeben. Die Idee, den Rat im Schützenhaus dadurch so kurz wie möglich zu halten, trug indes nicht: Fast vier Stunden währte die von teils hitziger Debatte geprägte Sitzung. An deren Ende stand der Etat – verabschiedet von SPD, Grünen, FDP, Linken und Volksabstimmung. CDU und SBU versagten ihm ihre Zustimmung.

„Ironie der Geschichte“

Damit kann die Verwaltung nun mit einem zumindest fiktiv ausgeglichenem Etat agieren. Unter Berücksichtigung der von der Mehrheitskoalition aus SPD, Grünen und FDP durchgebrachten Änderungen stehen nun rund 132 Millionen Euro auf der Einnahmenseite rund 134,4 Millionen Euro an Ausgaben gegenüber. Bleibt ein Defizit von 2,4 Millionen Euro, das über einen Griff in die Ausgleichsrücklage ausgeglichen werden kann. Nach aktuellem Stand klaffen im gesamten Planungszeitrum Lücken im Etat. 2023 muss die Stadt nach derzeitigen Prognosen erstmals an die allgemeine Rücklage, rutscht aber bis 2024 nicht ins Haushaltssicherungskonzept.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Becker nannte es die „Ironie der Geschichte“, dass eben die Ausgleichsrücklage die Stadt vor einem Haushaltssicherungskonzept bewahre. Sie sei „zurückgelegt von den Geldern, die die Bürgerschaft an Grundsteuern gezahlt hat“.

Seit der Kommunalwahl gehe es bergab

Deren umstrittene Erhöhung hatte die heutige Mehrheitskoalition 2015 als Opposition abgelehnt. Becker hob die „guten Dinge“ hervor, die aktuell in Siegburg geschehen: das Rhein-Sieg-Forum samt neuem Vorplatz, eine neue Turnhalle für das Gymnasium Alleestraße oder die Arbeiten am Michaelsberg habe aber noch „der alte CDU-Stadtrat mit altem Bürgermeister“ in Gang gesetzt. Seit der Kommunalwahl gehe es mit neuer Ratsmehrheit und neuem Bürgermeister bergab. Projekte stockten, Sanierungskosten stiegen, der Schuldenberg wachse.

„Das ist nicht unser Haushalt“, betonte SPD-Fraktionschef Frank Sauerzweig. Die Koalition trage „die Bürden und Lasten der verfehlten Finanzpolitik der vergangenen Jahre“. Ihr Haushalt könne es erst sein, wenn alle Finanzsektoren auf den Prüfstand gestellt würden und eine deutliche Entlastung der Bürger erreicht sei. Die bleibe das erklärte Ziel der Koalition. „Der Kassensturz wird die Aufgabe des laufenden Jahres sein“, so Sauerzweig. „In der jetzigen politischen Konstellation sind viele Projekte umsetzbar, die die CDU-Mehrheit viele Jahre verhindert hat“, hob Astrid Thiel, Fraktionsvorsitzende der Grünen, hervor.

Kritik an der Verschuldung

Jahrelang habe die CDU die Sanierung des Rathauses verzögert und sei damit verantwortlich dafür, dass diese nun erheblich teurer werde. Ähnlich sei es bei der Sanierung des Schulzentrums Neuenhof. Trotz Corona und den damit einhergehenden finanziellen Nachteilen für die Stadt sei die Ratsmehrheit aber imstande, wichtige Zukunftsprojekte zu realisieren.

Wie sich die Corona-Pandemie auf die Wirtschaft auswirke, sei noch nicht abzuschätzen, sagte FDP-Fraktionschef Matthias Horn. Daher appellierte er an die Landesregierung, die kommunale Familie nicht mit der finanziellen Abwicklung der Pandemie im Regen stehen zu lassen. Momentan verbiete es sich, „neue kostenintensive Ausgaben vorzuschlagen, die nicht zwingend notwendig sind“.

Als bemerkenswert bezeichnete Michael Otter (Linke) den aktuellen Siegburger Haushalt: „Er kennzeichnet das Ende einer etwa 70 Jahre andauernden CDU-Dominanz.“ Für ihren Antrag auf 5000 Euro für Siegburgs Mitgliedschaft in der Energieagentur Rhein-Sieg erhielt seine Fraktion Unterstützung von SPD und Grünen. Keine neuen Ideen, kein Wechsel in der Kommunalpolitik sieht die SBU, für die Hans-Joachim Neumes sprach. Er kritisierte die weiter steigende Verschuldung und forderte für seine Fraktion – wie schon im Dezember – eine Senkung der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer.

Bei allen Sticheleien gab es auch Einigungen

Die CDU scheiterte mit drei ihrer Haushaltsanträge. Weder für die geforderten zusätzlichen Mittel für die Erweiterung der OGS Stallberg, Wolsdorf und Nord, noch für ihren Einsatz für einen Kreisverkehr an der Kreuzung Allee-/Wilhelmstraße erhielt sie genügend Stimmen. Und auch ihren Wunsch, vier Millionen Euro für den geplanten Bau der Kita Haufeld in dem städtischen Etat zu veranschlagen, lehnte die Mehrheit ab. Laut Kämmerer Mast fällt dieser in den Aufgabenbereich der Stadtbetriebe.

Bei allen politischen Sticheleien gab es dann doch Punkte, an denen sich alle einig waren. Gemeinsam beschloss die Politik die von der Mehrheitskoalition beantragten Ausgaben für die Aufstellung von Solarbänken und Mehrgenerationengeräten, für die offene Jugendarbeit in den Stadtteilen, für eine Subventionierung von Jobtickets und die Ausstattung der Siegburger Schüler mit iPads – sowie die auch von der CDU beantragten Zuwendungen für den Partnerschaftsverein.

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