Ende der Siegburger Ampelkoalition Siegburger Grüne verlassen die Koalition mit SPD und FDP

Siegburg · Nach der Kommunalwahl 2020 haben SPD, Grüne und FDP sich zusammengetan und seither als Ampelkoalition die Mehrheit im Siegburger Rat gestellt. Deren Arbeit haben die Grünen nun mit ihrem überraschenden Rückzug aus dem Bündnis beendet.

 Am Wahlabend 2020: Grüne, FDP und Linke gratulieren dem neuen Siegburger Bürgermeister Stefan Rosemann (3.v.r.). (Archivbild)

Am Wahlabend 2020: Grüne, FDP und Linke gratulieren dem neuen Siegburger Bürgermeister Stefan Rosemann (3.v.r.). (Archivbild)

Foto: Nadine Quadt

Am Abend der Stichwahl um das Siegburger Bürgermeisteramt tauchten Ende September 2020 Scheinwerfer das Rathaus in rotes, grünes und gelbes Licht. Ein erstes Vorzeichen für ein mögliches Ratsbündnis der Parteien, die den siegreichen SPD-Kandidaten Stefan Rosemann unterstützt hatten. Einen Monat später stand der entsprechende Koalitionsvertrag für die Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Keine zwei Jahre später ist die Siegburger Ampelkoalition nun wieder passé. Die Grünen gaben am Freitag ihren Rückzug aus dem Regierungsbündnis bekannt.

„Es war eine richtige Entscheidung, die Ampelkoalition mit SPD und FDP nach der Kommunalwahl eingegangen zu sein“, bekräftigt deren Fraktionsvorsitzende Astrid Thiel am Montag. Ein Jahr lang sei es eine gute, fruchtbare und konstruktive Zusammenarbeit gewesen. Sie habe die Koalition stets mit Leidenschaft vertreten. „Aber seit einem Jahr ist der Wurm drin“, sagt sie. Angesichts permanenter Auseinandersetzungen, Unterstellungen und eines Vertrauensverlustes habe sich ein Betriebsklima entwickelt, das eine Zusammenarbeit unmöglich mache, begründet Thiel den einstimmig in der Fraktion beschlossenen Rückzug. Ein Schritt, der ihr nicht leicht gefallen sei, wie sie einräumt.

Die Fraktionsvorsitzende benennt mit Personalpolitik, Finanzen und dem Umgang mit den Stadtbetrieben wesentliche Themen, bei denen sich die ehemaligen Partner unversöhnlich gegenüber stünden. Große Differenzen habe es auch beim wohnungspolitischen Handlungskonzept gegeben, bei dem die Grünen den Schwerpunkt auf den Erhalt wertvoller Grünflächen legten. Ihren Höhepunkt hätten die Auseinandersetzungen aber erreicht, als die FDP im „Koalitionsausschuss androhte, für die Sanierung des Schulzentrums Neuenhof nicht mehr den Arm heben zu wollen“ – für die Grünen ein „elementar wichtiges Projekt“. Der FDP wirft Thiel eine „arrogante Blockadehaltung“ bei „wesentlichen Projekten und Personalfragen“ vor.

Koalitionspartner sind überrascht und enttäuscht

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Sauerzweig zeigt sich überrascht und persönlich sehr enttäuscht von der Entscheidung der Grünen. Es habe in der Tat zuletzt teils emotionale Diskussionen im Koalitionsausschuss gegeben. „Nach unserem Empfinden waren die Emotionen aber gleichmäßig auf alle Partner verteilt“, sagt er. Eine Zusammenarbeit könne nur funktionieren, indem man Dinge, die einem nicht passen, offen anspreche. „Dabei kracht es manchmal auch“, so Sauerzweig. Er bedauere sehr, dass die Grünen keinen Versuch unternommen hätten, Dinge aus dem Weg zu räumen. „Wir hatten keine Chance, zu reagieren“, so Sauerzweig.

Bis zuletzt habe die Koalition in mehreren Arbeitsgruppen zu Themen wie Mobilität, Umwelt oder Digitales vieles auf den Weg gebracht. Im Koalitionsausschuss sei man auf einem guten Weg gewesen, Lösungen für die schwierige finanzielle Situation der Stadt zu finden. Den Vorwurf, wichtige Personalentscheidung innerhalb der Verwaltung egoistisch beeinflusst zu haben, weist die SPD in einem offenen Brief an die Grünen entschieden als „ehrverletzend“ zurück.

Bürgermeister Rosemann zeigt sich ebenfalls enttäuscht über den Bruch der Ampel-Koalition. „Ich habe mich für eine wechselnde Mehrheit im Siegburger Rat eingesetzt“, sagt er. Nun müsse er sich auf neue Konstellationen einstellen, sehe dem als neutraler Bürgermeister aber mit einer gewissen Gleichgültigkeit entgegen. „Ich werde alles dafür tun, dass es von Verwaltungsseite her reibungslos weiterläuft“, so Rosemann.

Kein Scheidungsgrund

Verwunderung herrscht bei der FDP-Fraktion. Über das wohnungspolitische Handlungskonzept habe es keinen Streit gegeben, sagt FDP-Pressesprecher Frank-Michael Müller. Die Sanierung des Schulzentrums Neuenhof habe seine Fraktion in keinem Fall verhindern wollen. „Aber bei Kosten von 120 Millionen Euro wollen wir das Projekt auch nicht grundsätzlich durchwinken“, erklärt er. „Wir tragen gewisse Personalentscheidungen bei den Stadtbetrieben nicht mit“, nennt Müller einen Streitpunkt. Für seine Fraktion gehe es prinzipiell nicht, dass Geschwister zusammen einen Vorstand bildeten. Aber, so Müller, für ihn sei eine Meinungsverschiedenheit kein Scheidungsgrund.

Die SPD hält ihre Türen weiterhin für eine „offene und faire Aussprache“ offen. „Wir stehen jetzt aber allen demokratischen Parteien in Siegburg für ein Gespräch bereit“, sagt Sauerzweig. „Wir werden Gespräche führen müssen“, sagt Thiel. Mit zehn Sitzen sind die Grünen nach CDU (19 Sitze) und SPD (14 Sitze) die drittstärkste Fraktion im Stadtrat. „Es gibt aber noch kein klares Zeichen, in welche Richtung es gehen soll“, so Thiel. Erklärtes Ziel sei es aber, handlungsfähig zu bleiben.

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