Regionale Geschichte Siegburg hat die meisten Bodendenkmäler im Kreis

SIEGBURG · Sie sind unscheinbare Zeugen der Zeit: Bodendenkmäler. Allein 217 davon gibt es in der Kreisstadt Siegburg. Das ist ein Spitzenwert im Rhein-Sieg-Kreis.

Eigentlich sind die dunklen, fast schwarzen Steine im ansonsten roten Pflaster nicht zu übersehen. Und doch laufen tagtäglich Hunderte Menschen achtlos über sie hinweg, wenn sie den Siegburger Markt über die Bahnhofstraße verlassen oder betreten. Dabei sind die Steine einen Moment des Innehaltens durchaus wert.

Sie markieren ein Stück Stadtgeschichte: Die Stelle, an der einst das große Kölntor in der historischen Stadtmauer den Weg aus der mittelalterlichen Stadt hinaus Richtung Köln geöffnet hat. „Seine Ausmaße sind im Pflaster ablesbar“, erklärt Anja Göbel von der Unteren Denkmalbehörde. Historische Zeugnisse wie diese gibt es in Siegburg viele, wobei ein großer Teil gleichsam unsichtbar ist. Mit 217 Einzelnummern führt die Kreisstadt die Liste der Bodendenkmäler im Rhein-Sieg-Kreis an.

Eine Zahl, die stutzig macht. Insbesondere im Vergleich mit den anderen Kommunen, die sich im einstelligen und kleinen zweistelligen Bereich bewegen. „Die gesamte Innenstadt innerhalb der alten Stadtmauer gilt als Bodendenkmal“, liefert die Technische Beigeordnete Barbara Guckelsberger eine Erklärung. So gebe es etwa am Markt unter fast jedem Gebäude mittelalterliche Zeugnisse wie Kellergewölbe, woher die hohe Zahl unter anderem resultiere. Und auch die Töpfersiedlung Aulgasse, wo einst die Siegburger Töpfer gelebt und gearbeitet haben, ist als Bodendenkmal geschützt. „Da finden sich im Boden viele Hinterlassenschaften wie Öfen oder Brunnen“, sagt Stephan Marks, Leiter des Planungs- und Bauaufsichtsamts.

Fundstücke verschwinden oft wieder unter der Erdoberfläche

Weitere namhafte Bodendenkmäler sind neben dem Abteiberg die Grabhügelkette in Stallberg-Kaldauen, der Ulrather Hof, das Haus zur Mühlen, die Klosteranlage in Seligenthal und die Hofnungstaler Hütte unweit der Wahnbachtalsperre. Als Bodendenkmal gelten Zeugnisse früheren Lebens, die im Boden verborgen sind. „Der Bodendenkmalpflege ist es am liebsten, wenn sie dort auch verbleiben“, sagt Anja Göbel. Bei Bauarbeiten in der Innenstadt sei stets die Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) eingebunden. „Es wird dann mit äußerster Vorsicht und unter Aufsicht gearbeitet“, erklärt Barbara Guckelsberger. Mitunter bedeute das auch Ausschachten per Hand.

„Wir entscheiden gemeinsam, wie mit dem Fundstück verfahren wird“, so die Technische Beigeordnete. Oft werde es vermerkt, um dann wieder unter der Erdoberfläche zu verschwinden. So geschehen etwa mit dem Brunnen, der bei Arbeiten für die Teichanlage an der alten Stadtmauer gefunden wurde. Oder dem Keller, der beim Abriss des Kehsge am unteren Markt auftauchte. Es gibt aber auch Fälle, bei denen Altes in den Neubau integriert ist. So etwa der alte Wehrturm der Stadtmauer, den die Experten beim Bau des CVJM an der Ringstraße 2004 freilegten. Er ist Teil des Kellers im heutigen Jugendkulturcafé.

Den alten Luftschutzbunker hingegen, der im Garten des inzwischen abgerissenen Kolpinghauses an der Mühlenstraße noch an die Zeit erinnerte, als an dieser Stelle das Siegburger Rathaus stand, hielten die Bodendenkmalpfleger nicht für erhaltenswert. „Er war in den 1990er Jahren umgebaut worden und daher nicht mehr in seiner ursprünglichen Form erhalten“, erklärt Göbel die Entscheidung.

Als bedeutsamen Fund bewertet sie die Tonader, die während der Arbeiten für den H&M am oberen Markt freigelegt wurde: „Sie gilt allerdings nicht als Bodendenkmal.“ Anders verhält es sich mit den fränkischen Gräbern, die 2015 während der Fundamentsanierung der Servatiuskirche entdeckt wurden. „Sie gelten sehr wohl als Bodendenkmal“, so die Fachfrau. Ein besonderes Zeugnis beherbergt zudem der Keller des Hauses an der Holzgasse 27: eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad aus dem Beginn des 15. Jahrhunderts.

Manche Forschungen verlaufen indes auch im Sande. Trotz intensiver Untersuchungen entdeckten Anja Göbel und ihre Kollegen vom LVR vor ein paar Jahren nur einen von laut Zeitzeugen ehemals drei Stollen im Michaelsberg, die während des Zweiten Weltkriegs als Luftschutzkeller dienten. „Einen Schacht haben wir ausgemacht, er ist aber verfüllt worden“, so Göbel. Und auch der Geheimgang aus der Abtei heraus, um den in Siegburg allerlei Geschichten ranken, ist unentdeckt, zumindest bislang.

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