Fluglärm in Siegburg und Umgebung Siegburg plant Verfassungsklage
SIEGBURG · Während es in einer offiziellen Stellungnahme der Stadt noch heißt: "Erforderlichenfalls wird eine höchst- und verfassungsrichterliche Klage herbeigeführt", steht für Jürgen Becker, CDU-Fraktionschef in Siegburg, schon fest: "Es ist alles so angelegt, dass wir vor das Bundesverfassungsgericht ziehen."
Es geht einmal mehr um den Fluglärm in Siegburg und Umgebung. Eine Klage beim Oberverwaltungsgericht in Münster läuft, auf lange Sicht wird laut Becker eine Grundsatzentscheidung in Karlsruhe angestrebt.
Im Januar hatten vier Anwohner aus Siegburg und Lohmar, darunter ein Baby, Klage in Münster eingereicht (der GA berichtete). Der Berliner Verwaltungsrechtler Peter Vierhaus will nachgewiesen haben, dass der Flughafen Köln/Bonn die Voraussetzungen für die "fiktive Planfeststellung" nicht erfüllt und demnach ein "Schwarzbau" ist. Fünf Monate später kam nun laut der Stadt Siegburg die Klageerwiderung des Landes. Rechtsanwalt Vierhaus bereite derzeit die Replik darauf vor.
Hinter der Klage stecken, auch das sagt Jürgen Becker deutlich, nicht nur die Anwohner. "Das ist ein von der Stadt inspirierter Prozess", sagte Becker dem GA. Die Anwohner aus Siegburg und Lohmar hätten sich bereit erklärt, gleichsam stellvertretend zu klagen: "Eine Stadt hat ja kein Recht auf Gesundheit. Ein Bürger schon", erklärt Becker.
Genau darum soll es laut dem CDU-Fraktionschef bei einer etwaigen Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gehen: "Um die Grundsatzfrage, inwieweit dieser Fluglärm mit dem Grundrecht auf Gesundheit vereinbar ist."
Fraglich ist, ob diese Pläne der Siegburger Verwaltung und CDU wiederum mit deren neuem Koalitionspartner, der FDP, vereinbar sind. Die Liberalen in der Kreisstadt nämlich hatten in den vergangenen Jahren eine dezidiert andere Position eingenommen als die CDU. FDP-Fraktionschef Jürgen Peter betonte mehrfach, zwar ebenfalls "gegen Fluglärm" zu sein, die Bemühungen des Flughafens zur Reduzierung dessen aber anzuerkennen. Zudem müsse die Verantwortung nicht beim Flughafen sondern bei der Landesregierung gesucht werden.
Man habe über das Thema Fluglärm bei den Koalitionsverhandlungen "kurz gesprochen", sagte Becker. Er sehe kein Konfliktpotenzial: "Wir haben besprochen, dass wir das in dem Sinne, wie es der Stadtrat bisher behandelt hat, weiter behandeln werden." Die CDU koaliert zwar mit der FDP, hat aber durch den Wechsel des früheren SPD-Mannes Detlef Krause stimmenmäßig - inklusive der Bürgermeisterstimme - weiterhin die absolute Mehrheit im Rat.
Sigrid Haas, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, sagte dem GA hingegen, der Fluglärm sei bisher kein Thema in der Koalition gewesen. Die Liberalen blieben auch weiterhin bei ihrer Position. "Dass wir mit der CDU koalieren, heißt ja nicht, dass wir bei jedem Thema einer Meinung sein müssen", sagte Haas.
Der Flughafen Köln/Bonn betonte auf Nachfrage, dass der Schutz vor Fluglärm "grundsätzlich höchste Priorität" habe und man "dauerhaft im konstruktiven Dialog mit den Interessenvertretungen unserer Anwohner" stehe, ebenso mit den Kommunen "unabhängig von Parteien", so Sprecher Alexander Weise.
Während der laufenden Sommerferien gibt es in Köln/Bonn mehr Passagierflüge, laut Alexander Weise im Durchschnitt 267 täglich. Das seien im Vergleich zur Nicht-Ferienzeit rund neun Prozent mehr.