Karnevalskomitee der Kreisstadt Siegburg sucht ein Prinzenpaar

SIEGBURG · Der Termin ist fix. Am Elften im Elften beginnt die fünfte Jahreszeit. In Siegburg indes ohne Tollitäten. "Wir haben kein Prinzenpaar", räumte Günter Krengel, Präsident des Siegburger Karnevalkomitees gestern ein.

 Auf dem Prunkwagen am Rosenmontag: Das noch amtierende Siegburger Prinzenpaar, Frank I. und Siegburgia Martina I.

Auf dem Prunkwagen am Rosenmontag: Das noch amtierende Siegburger Prinzenpaar, Frank I. und Siegburgia Martina I.

Foto: Arndt

Eigentlich wollte er heute Abend im Sitzungssaal das Jahr um Jahr gut gehütete Geheimnis um Prinz und Siegburgia lüften. Im Sommer hatte er beide an der Hand. Der Prinz erlitt aber einen Schlaganfall, fiel aus - und ein Ersatz hat sich bislang nicht gefunden. Noch gibt Krengel die Hoffnung nicht auf, dass sich bis zur Proklamation am 7. Januar zwei Narrenherrscher finden. Aber, die Zeit drängt: "Wenn wir bis Ende November niemanden haben, dann muss das Kinderprinzenpaar es machen."

Es wäre das erste Mal in der 154 Jahre währenden Geschichte des Siegburger Karnevalskomitees, dass die Kreisstadt ohne ein Prinzenpaar auskommen müsste. Günter Krengel ist die Verzweiflung anzusehen. "Ich habe bestimmt 20 Mann angesprochen und jedes Mal eine Absage kassiert." In vier Vereinen, die in der Session ein Jubiläum feiern, sei er vorstellig geworden - ohne Erfolg. Siegburgias hingegen hätte er gleich drei an der Hand gehabt. Allerdings ohne den passenden Prinzen.

Und eine Solo-Siegburgia schließt Krengel kategorisch aus: "Da ginge die Tradition den Bach runter." Das sieht Claudia Hess ähnlich. Die Schriftführerin des Karnevalskomitees wollte an der Seite des nun erkrankten Prinzen Siegburgia der kommenden Session sein. "Das würde komplett der Tradition widersprechen", lehnt sie es ab, die Aufgabe allein zu stemmen. Sie setzt auf die Session 2016/17: "Im zweiten Anlauf klappt es bestimmt."

Von einem "ausgesprochen unglücklichen Umstand" spricht Farid Wagner, Präsident und Geschäftsführer der Siegburger Ehrengarde. Zumal der nun vermutlich ausfallende Prinzenbesuch ein 30 Minuten langes Loch in die Sitzungen der Siegburger Vereine reißen werde. Ein Loch, das nun kaum noch anders zu stopfen ist. Daher dürfe man keine Option ausschließen. "Warum nicht ausnahmsweise ein Dreigestirn in Siegburg?", fragt Wagner.

Darauf würde Krengel sich einlassen, aber: "Es hat sich niemand gefunden". Wolfgang Schmitz, Ehrenpräsident des Stadtsoldaten-Corps Rot-Weiß, weiß um die Probleme des Komitees: "Es wird immer schwieriger, Leute zu begeistern, das erleben auch Schützen und Männergesangvereine." Daher müsse man vielleicht neue Wege gehen. "Warum soll es nicht eine Siegburgia alleine machen?", fragt er. "Was nutzt die Tradition, wenn ich ohne Tollitäten da stehe."

Ähnlich sieht es Rainer Kurth, Pressesprecher der Husaren Grün-Weiß: "Wir haben 2015, warum machen wir nicht mal etwas anderes." Eine Solo-Siegburgia abzulehnen, finde er beschämend: "Sie ist doch mehr als nur ein schmuckes Beiwerk". Gleichwohl macht Kurth dem Komitee keine Vorwürfe: "Es ist eine schwere Aufgabe, die Vereine müssten sich mehr in der Pflicht sehen", sagt der Mann, der 2006 Siegburgs Prinz war. Er fürchtet, dass sich kein Prinzenpaar mehr findet.

"Die Zeit ist knapp", gibt Günter Krengel zu. Aber es sei zu schaffen. Zumal das Komitee potenziellen Kandidaten unter die Arme greifen würde. Das bestätigt Rainer Kurth. Zeitlich wie finanziell sei die Aufgabe zu meistern, so Krengel, der selbst 1999/2000 Siegburger Karnevalsprinz war. "15 000 Euro müsste ein Prinzenpaar einplanen", sagt er. Und Zeit für rund 120 Auftritte, die sich überwiegend auf die Wochenenden verteilen.

Dass es zu schaffen ist, kann Georg Weicherding bestätigen. 1994 war das Siegburger Karnevalskomitee in einer ähnlichen Situation. "Ein Reiterkollege sprach mich Ende Oktober an, ob ich nicht Prinz sein möchte", erinnert sich der 70-Jährige, der damals gerade aus den Flitterwochen zurückgekehrt war. Eine halbe Woche Bedenkzeit haben er und seine frisch angetraute Cornelia sich ausbedungen, Ja gesagt und es bis heute nicht bereut: "Es war ein enormer finanzieller und organisatorischer Aufwand", sagt er. Ornat, Gefolge Orden, alles musste in kurzer Zeit organisiert werden. "Weihnachten fiel für uns aus." Aber: "Rosenmontag habe ich auf dem Prinzenwagen meinen 50. Geburtstag gefeiert, ein bleibendes Erlebnis, das ich nie vergessen werde."

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